So manch einer schwelgte wohl in Erinnerungen, als er sich am Dienstag den Ball vor dem Tor zurechtlegte. Denn im Seniorenheim „Geenzebléi“ gehört das Thema Fußball – und besonders die Nachrichten um den lokalen Verein – zum regelmäßigen Gesprächsstoff. Ehemalige Anhänger diskutieren noch gerne über die Ergebnisse vom Wochenende, die Tabelle und die Neuigkeiten um den Herzensklub. Zudem ist öfters ein Ehrenpräsident des FC Wiltz zugegen: Der frühere Sportminister Romain Schneider gehört zu den bekannten Besuchern des Hauses.
„Ein paar der Bewohner haben früher kein Heimspiel verpasst“, erklärte Marco Becker. Der Scolaires-Trainer ist seit 35 Jahren als Fußballtrainer unterwegs. Nachdem es den gebürtigen Wiltzer bis in den Süden – nach Oberkorn und Käerjeng – gezogen hatte, wollte er vor der Trainer-Rente noch ein Jahr in der Heimat dranhängen. Vielleicht werden es auch noch ein paar mehr … „Er gehört zu denjenigen, die immer wieder sagen, dass sie aufhören“, sagte Wiltz-Präsident Michael Schenk mit einem Lachen.
Hinter die Kulissen
Gesehen und erlebt hat Becker in all diesen Jahren auf den Fußballplätzen so einiges. Schöne Momente, aber auch Aussagen und Bemerkungen, die ihn nachdenklich stimmen. „Ich bin der Meinung, dass es heute viel böses Blut untereinander gibt. Manchmal hört man Dinge im Training, die eigentlich nicht zumutbar sind … Es ist viel Unruhe bei der Jugend. Die aktuelle Richtung ist einfach nicht gut. Durch unseren Besuch im Seniorenheim wollte ich unseren Spieler zeigen, wie es dort läuft, bei einer älteren Generation. Es war mehr als nur ein Ausflug, es war ein Blick hinter eine andere Kulisse.“

Das soziale Engagement gehört zum sportlichen Konzept des Vereins aus der Nationaldivision. Mehrere Verpflichtungen sind schriftlich festgehalten: Einerseits sollen junge Spieler früh mit dem Schiedsrichterwesen in Berührung kommen. Nachwuchskicker selbst Begegnungen leiten zu lassen, gibt ihnen einerseits einen direkten Einblick in diese Aufgabe – inklusive aller negativen und positiven Aspekte – und könnte zudem Talente für diesen Job hervorbringen. „Zudem ist jede Jugendmannschaft seit dieser Saison verpflichtet, sich einmal im Jahr eine ‚bonne action’ einfallen zu lassen. Die ‚Jeunes filles’ haben beispielsweise Kekse gebacken, verkauft und die Einnahmen für einen wohltätigen Zweck gespendet“, erklärte Schenk.
Dass die Scolaires den Bewohnern des Altersheims einen Besuch abstatteten, kam durch die Bekanntschaften des Trainers zustande. „Als Wiltzer Junge ist man den meisten Leuten noch bekannt. Sie waren wirklich glücklich über diesen Besuch, nach zwei Stunden hätten einige noch sehr gern weiter auf die Tore geschossen.“ Auch die Jugendspieler hatten sichtlich Spaß: „Unsere Mannschaft ist zwar nicht sehr weit oben in der Tabelle, dafür aber sehr engagiert“, freute sich Becker. Sieben Jungs hatten ihn begleitet. „Als wir im Seniorenheim ankamen, waren sie teils noch schüchtern. Andere gingen direkt auf die Leute zu, haben ihnen den Ball vor die Füße gelegt. Die Begeisterung war ansteckend. Am Abend haben sie mir in unserer WhatsApp-Gruppe noch geschrieben, dass es ein toller Nachmittag gewesen sei. Mein Gedanke dabei war immer, diese 13- und 14-Jährigen an die ältere Generation heranzuführen. Da ich selbst in einem Krankenhaus gearbeitet habe, weiß ich, wie die Lage ist. Vielleicht bekommt auf diese Weise ja einer meiner Spieler Lust, in den Pflegeberuf zu gehen.“
Wiederholung programmiert
Ein „one shot“ soll die Aktion nicht gewesen sein: Da beide Seiten so viel Spaß dabei hatten, plant man, die Senioren jetzt in den „Pëtz“ einzuladen. Ein Rollstuhl-Fußballspiel auf dem Kunstrasenplatz, Mitfiebern bei einem Spiel der ersten Mannschaft und ein gemeinsamer Grillabend: Der erste Kontakt hat eine Welle an neuen Ideen ausgelöst. Ausgestattet sind die besten Schützen bereits: Beim kleinen Turnier im Altersheim gab es Pins und Schale des Vereins für die sieben Gewinner. „Wir möchten das wiederholen“, versprach Becker. „Ich weiß nicht, ob es uns andere nachmachen werden. Unsere Jungs waren jedenfalls begeistert davon, einmal gemeinsam etwas anders zu sehen. Es ist ein positives Zeichen.“
Gleichzeitig kann er verstehen, warum es Kollegen schwerer fällt, Kontakte zu knüpfen, „besonders diejenigen, die nicht aus der Gegend sind“. Doch ein erster Schritt kann vieles auslösen: Eine Seniorenresidenz aus Weidingen wurde auf die U15 aufmerksam: „Sie sind an mich herangetreten und haben gefragt, ob wir auch bei ihnen vorbeikommen würden. Ich wäre bereit, auch da zu helfen.“ Definitiv im Kalender eingetragen ist allerdings schon der nächste Termin: Becker und seine Jungs werden ehrenamtlich durch die Wiltzer Umgebung laufen und bei der traditionellen „Grouss Botz“ anpacken.
De Maart

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