Dienstag30. Dezember 2025

Demaart De Maart

DeutschlandUnion und SPD brauchen Grüne und FDP für ihr geplantes Milliardenpaket

Deutschland / Union und SPD brauchen Grüne und FDP für ihr geplantes Milliardenpaket
Die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge (l.) und die Grünen-Chefin Britta Haßelmann sind derzeit noch skeptisch, was die dringlichen Pläne der angehenden Koalitionäre angeht Foto: AFP/Ralph Hirschberger

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Wenn Union und SPD ihr gigantisches neues Finanzpaket noch durch den alten Bundestag bringen wollen, sind sie auf Grüne und Liberale angewiesen. Dort stellt man Bedingungen. Gerade die Grünen müssen sich nach dem Rückzug von Annalena Baerbock neu justieren.

Was nun? Voll auf Oppositionsmodus schalten oder doch die staatspolitische Verantwortung hochhalten? Diese Frage stellt sich für Grüne und FDP ganz akut. Die Bundestagswahl hat die beiden Ex-Ampel-Partner zwar in die Opposition katapultiert, im Falle der Liberalen sogar in die außerparlamentarische. Doch noch ist der neue Bundestag nicht konstituiert, noch sind sie also in ihren alten Rollen im Bundestag. Und plötzlich werden Grüne und FDP gebraucht, und zwar dringend.

Denn ohne mindestens eine der beiden Parteien können Union und SPD, die gerade mitten in der Bildung einer neuen Regierung stecken, ihre neuesten finanzpolitischen Pläne nicht umsetzen. Und diese sind groß, um nicht zu sagen von historischer Dimension. Am Dienstag haben sich Union und SPD in ihren Sondierungsgesprächen auf ein schuldenfinanziertes Milliardenpaket in schwindelerregender Höhe für Verteidigung und Infrastruktur verständigt und auch auf eine kurzfristige Reform der Schuldenbremse, um die höheren Verteidigungsausgaben zu finanzieren. Für die Vorhaben muss jeweils das Grundgesetz geändert werden. Die dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag haben Union und SPD alleine aber nicht.

Angesichts der Bedrohungen der Freiheit und des Friedens auf dem Kontinent müsse jetzt auch für die Verteidigung gelten: „Whatever it takes“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz nach der schwarz-roten Einigung. Übersetzt: Was auch immer es braucht. Kurzfristig braucht es jetzt vor allem Grüne und FDP. Sollen die Pläne tatsächlich noch mit dem alten Bundestag beschlossen werden, um die Sperrminorität von AfD und Linken im neuen Bundestag zu umgehen, muss es schnell gehen. Spätestens am 25. März soll sich das Parlament in seiner neuen Zusammensetzung konstituieren. Für eine erste Sondersitzung des alten Bundestages ist der Donnerstag nächster Woche im Gespräch. Zweite und dritte Lesung der geplanten Grundgesetzänderungen müssten in einer weiteren Sitzung ebenfalls vor dem 25. März untergebracht werden.

Grüne müssen sich noch finden

Doch Grünen lassen ihre Zustimmung zu den schwarz-roten Plänen offen. „Wir haben eine Reihe von Fragen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge am Mittwoch. Etwa, ob es nicht „ordentlicher, transparenter und klüger wäre, eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse anzugehen“. Dröge warf auch die Frage auf, „warum ausgerechnet Klimaschutz für CDU und SPD so überhaupt keine Rolle“ gespielt hätten. Einblicke in ein Treffen mit Merz am Mittwoch gaben Dröge und Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann nicht.

Auch Grünen-Chefin Franziska Brantner pochte auf eine umfassendere Reform der Schuldenbremse. „Nur so können wir unsere Sicherheit und Freiheit gewährleisten und gleichzeitig in Klimaschutz, wirtschaftliches Wachstum und eine moderne Infrastruktur investieren“, sagte Brantner dem Tageblatt. Sie kritisierte Merz und CSU-Chef Markus Söder für „eine 180-Grad-Wende zu ihren Wahlkampfsprüchen“. Nach echtem Willen, die Pläne unverändert mitzutragen, klingt das wahrlich nicht.

Was aber nicht passieren darf, ist, dass die dauerhaften Verteidigungsausgaben auf ein Prozent reduziert werden, damit die SPD mehr Spielgeld im Haushalt zur Verfügung hat

Christian Dürr, FDP-Fraktionschef

Hinzu kommt: Diejenigen, die an vorderster Front stets auf die staatspolitische Verantwortung der Grünen gedrungen haben, ziehen sich zurück: nach Vizekanzler Robert Habeck nun auch Außenministerin Annalena Baerbock. In einem Schreiben an die Fraktion und die Grünen in Brandenburg gab Baerbock bekannt, aus persönlichen Gründen keine Führungsrolle in der Fraktion einnehmen zu wollen. Baerbock waren bislang Ambitionen auf den Co-Fraktionsvorsitz nachgesagt worden. „Nach Jahren auf Highspeed“ habe sie ein paar Tage nachdenken wollen, „was dieser Moment für meine Familie und mich bedeutet“, schreibt Baerbock in dem Brief. Habeck hatte schon am Tag nach der Bundestagswahl angekündigt, keine Führungsrolle mehr bei den Grünen anzustreben. Was der Rückzug der beiden Persönlichkeiten für die Rollenfindung der Grünen bedeutet, ist offen.

FDP stellt Forderungen

Die FDP ist im Ringen um das Finanzpaket bereit, die Ausnahme der Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse zu unterstützen, allerdings unter Bedingungen. „Höhere Verteidigungsausgaben außerhalb der Schuldenbremse könnten wir mittragen, denn die Stärkung der Truppe hat in diesen Zeiten Priorität“, sagte Fraktionschef Christian Dürr dem Tageblatt. „Was aber nicht passieren darf, ist, dass die dauerhaften Verteidigungsausgaben auf ein Prozent reduziert werden, damit die SPD mehr Spielgeld im Haushalt zur Verfügung hat.“ Im Gegenteil müssten die regulären Verteidigungsausgaben fest bei zwei Prozent verankert werden. „Ein schuldenfinanziertes Sondervermögen für Infrastruktur, das alles Mögliche beinhaltet, ist für die FDP kein gangbarer Weg“, betonte Dürr.

Union und SPD dürften sich auf die Zwei-Prozent-Bedingung der Liberalen allerdings kaum einlassen. Union und SPD würden mit der FDP zwar die Zwei-Drittel-Mehrheit erreichen, allerdings nur hauchdünn. Für die Legitimität ihres Finanzvorhabens wäre eine breiter getragene Mehrheit im Bundestag wichtig.