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Forum35, 32 oder 30 Stunden sind genug: Nico Wennmacher über Arbeitszeitverkürzung statt fragwürdiger Flexibilisierungsmodelle

Forum / 35, 32 oder 30 Stunden sind genug: Nico Wennmacher über Arbeitszeitverkürzung statt fragwürdiger Flexibilisierungsmodelle
 Photo: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Am 1. Januar dieses Jahres war es 50 Jahre her, dass die 40-Stunden-Woche bei uns, auf Basis eines Gesetzes vom 9. Dezember 1970, generalisiert wurde. Ein 50-jähriges Jubiläum sollte eigentlich gefeiert werden. Dieser gewerkschaftliche Erfolg damals ist nicht vom Himmel gefallen, sondern musste erkämpft werden. Die 40-Stunden-Woche damals wurde in Etappen eingeführt. In verschiedenen Bereichen, so im öffentlichen Sektor, wurde sie schon 1970 appliziert.

Die aktuelle sozialpolitische Situation gibt zwar wenig Anlass zum Feiern. Dennoch wäre es an der Zeit, eine neue Etappe in Richtung Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit und der Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu fordern und einzuleiten. Im Vergleich zu unseren Nachbarländern ist die Wochenarbeitszeit bei uns am höchsten und es werden vielen Arbeitnehmern Überstunden abverlangt. Auch in Bezug auf die Regierungshaltung, die, statt eine längst fällige Arbeitszeitverkürzung einzuleiten, es darauf ausgelegt hat, die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Deshalb erscheint es mir notwendig, mit positiven Forderungen eine Gegenoffensive einzuleiten. Laut Regierungsprogramm ist keine Arbeitszeitverkürzung vorgesehen. Hingegen soll die Arbeitszeit flexibilisiert werden. Diese Flexibilisierung soll direkt zwischen den jeweiligen Betrieben und den Belegschaften ausgehandelt werden. Dies ist eindeutig ein Versuch, die Gewerkschaften zu schwächen. Eine ähnliche Vorgehensweise wurde bei den Gesetzesprojekten über die Öffnungszeiten und die Sonntagsarbeit im Handel angewandt. Hier sollen die Lebens- und Arbeitsbedingungen, ohne Verhandlungen mit den Gewerkschaften, verschlechtert werden.

Arbeitszeitverkürzung statt fragwürdiger Flexibilisierungsmodelle

Ein vom Patronat und der Regierung vorgeschobenes Argument zur Arbeitszeitflexibilisierung besteht darin, dass die einzelnen Arbeitnehmer die Möglichkeit erhalten sollen, ihre Arbeitszeit flexibel und individuell zu gestalten. Dabei sind die Arbeitszeiten aktuell nicht so strikt, wie dies oft dargestellt wird. Ich denke dabei an Modelle von gleitender Arbeitszeit und Heimarbeit, die von den Gewerkschaften im Interesse von allen Beteiligten ausgehandelt wurden. Bei dem aktuellen Vorstoß von Patronat und Regierung zur Arbeitszeitflexibilisierung geht es darum, den Personaleinsatz entsprechend der Auftragslage der Betriebe zu flexibilisieren. Dementsprechend soll auch die Arbeitszeit aufs ganze Jahr berechnet werden, um das Bezahlen von Überstunden zu umgehen.

Es gibt viele Argumente, die für eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit, bei vollem Lohnausgleich, sprechen. In den vergangenen 50 Jahren haben die Produktivität und die Arbeitsintensität stark zugenommen. Auch in Zukunft wird dies der Fall sein. Wahrscheinlich werden durch die Einführung von Künstlicher Intelligenz viele Arbeitsplätze wegrationalisiert. Die legale Verkürzung der Arbeitszeit könnte für einen Ausgleich sorgen. In Bezug auf die weiter oben thematisierte Flexibilisierung der Arbeitszeit bleibt darauf hinzuweisen, dass auch die Teilzeitarbeit als Flexibilisierung der Arbeitszeit betrachtet wurde. Diese Teilzeitbeschäftigung wurde auch mal als Frauenarbeit bezeichnet, weil vor allem Frauen gezwungen waren und es heute noch sind, solche Beschäftigungsverhältnisse anzunehmen, um Familien- und Berufsarbeit vereinbaren zu können. Aus Teilzeitbeschäftigungen rühren geringe Löhne und später niedrige Pensionen. Die eklatanten Unterschiede in Bezug auf die Pensionshöhe zwischen Männern und Frauen sind diesem Umstand zuzuschreiben. Eine Verkürzung der Arbeitszeit würde es Frauen und Männern ermöglichen, Hausarbeit und Berufsarbeit besser aufzuteilen, sodass beide eine Vollzeitbeschäftigung ausüben könnten.

Humanisierung der Arbeitswelt

Arbeitszeitverkürzung ist ein wichtiger Bestandteil zur Humanisierung der Arbeitswelt. Die Verkürzung der Arbeitszeit ist eines der ältesten Ziele der Gewerkschaftsbewegung. Der historische Kampf um den Acht-Stunden-Tag wurde zu einem Kristallisationspunkt für die Solidarität der Beschäftigten. Vor allem die überlangen Arbeitszeiten waren die Ursachen für diese Bewegung. Den Gewerkschaften gelang es in zähen Auseinandersetzungen, Erfolge durchzusetzen. Die aktuellen Forderungen nach einer Verkürzung der Arbeitszeit sind in diesem Zusammenhang eine Antwort auf die zunehmende Rationalisierung und Arbeitsintensivierung. Sie zielen darauf ab, im Rahmen einer allgemeinen Humanisierungspolitik den langfristigen Erhalt der Arbeitskraft so zu sichern, dass nach einem erfüllten Arbeitsleben das Pensionsalter bei bestmöglicher Gesundheit erreicht wird.

Durch Arbeitszeitverkürzung lassen sich die Lebensbedürfnisse jedes Einzelnen besser erfüllen. Dies betrifft, wie weiter oben bemerkt, die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sie würde es vielen Menschen ermöglichen, verstärkt am sozialen, politischen und kulturellen Leben teilzuhaben. Deshalb sollten wir für eine Arbeitszeitverkürzung eintreten und uns mobilisieren.

Nico Wennmacher ist Präsident des Sektors Pensionäre im Syndikat Eisenbahnen/FNCTTFEL-Landesverband
Nico Wennmacher ist Präsident des Sektors Pensionäre im Syndikat Eisenbahnen/FNCTTFEL-Landesverband Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante
fraulein smilla
3. März 2025 - 13.48

Eine Gesellschaft fuer die Freizeit wichtiger als Arbeit ist , fuer die sozialer Frieden , Work Life Balance wichtiger ist als Produktivitaet hat irgendwann den Amerikanern , Asiaten und in nicht so ferner Zukunft dem jungen afrikanischen Kontinent nichts mehr entgegen zu setzen und geht in die Binsen .Wie sagt schon JCJ , fuer manche ist die Arbeit nur noch eine laestige Unterbrechung der Freizeit .