Munk ist ein Monk, so viel steht fest. In seinen Dreißigern als Stararchitekt angepriesen, stand seine Liebe zur Architektur stets im Mittelpunkt. Auch einige Frauen begleiteten Peter Munk auf seinem Lebensweg. Allerdings zerbrachen die Beziehungen immer nach einer gewissen Zeit. Eine Familie gründen, wollte der inzwischen 51-jährige Protagonist nicht. Dennoch, oder gerade deshalb, fühlt sich Munk einsam. Zugeben würde er das nie. Doch sein Herzinfarkt auf der Rolltreppe im Globus, als er glaubte, seine Ex-Freundin erblickt zu haben, spricht Bände.
Über den Autoren
Jan Weiler (Autor und Sprecher)
Jan Weiler, 1967 in Düsseldorf geboren, ist Journalist und Schriftsteller. Weiler war Chefredakteur des SZ-Magazins. Mit seinem Debüt „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“ landete er einen großen Erfolg. In den folgenden Jahren veröffentlichte er weitere Werke, darunter „Antonio im Wunderland“ (2005), „Mein Leben als Mensch“ (2009), „Das Pubertier“ (2014), „Kühn hat zu tun“ (2015), „Der Markisenmann“ (2022) sowie zuletzt „Munk“ (2024). Neben seinen Büchern produziert Weiler auch Hörspiele und Hörbücher, die er selbst spricht. Der Autor lebt in München.
Munk überlebt. Als gravierender Einschnitt in seinem Leben blickt er nach dem Herzinfarkt auf das Geschehene zurück und reevaluiert die Beziehungen, die er bislang führte – selbst die zu seinen Eltern. Von seinem Vater hielt Munk nichts. Wie der Zufall es will, war Hermann Munk ebenfalls Architekt, außerdem ein Tyrann, Schürzenjäger und Kunstbanause. Als seelenlose Betonklötze beschreibt der Protagonist die von Munk Senior entworfenen Gebäude. Daneben kritisiert er aufs schärfste, dass dieser mindestens ein uneheliches Kind zeugte und seine Ehefrau dazu nötigte, dieses großzuziehen, wie ihr eigenes.
Dennoch entgeht es Munk Junior nicht, trotz allem gewisse Parallelen zwischen ihm und seinem verhassten Vater zu erkennen. Immerhin gingen alle 13 seiner romantischen Beziehungen in die Brüche. In der Klinik, in der er sich von seinem Nahtoderlebnis erholen soll, nutzt der Workaholic die Zeit, um zu reflektieren. Dabei scheint jede Frau einem ganz bestimmten Abschnitt in Munks Vita zu entsprechen: seiner künstlerischen Entdeckungsphase in der Studienzeit, seiner klassizistischen (um nicht zu sagen elitären) Phase oder aber seiner Midlife-Crisis. Während Munk Geschehenes und Gefühltes Revue passieren lässt, stellt er sich nicht als Märtyrer dar, sondern gesteht sich ein, nicht immer ehrenvoll gehandelt zu haben. Er schafft es, das komplexe Verhältnis zwischen zwei Menschen weder schwarz noch weiß darzustellen.
Täter-Opfer-Retter
Manchmal ist Munk Täter, manchmal Opfer, und manchmal auch beides gleichzeitig. So wird der 51-Jährige niemals erfahren, dass die Frau, mit der er nach seiner intensiven Selbstreflexion seinen Lebensabend verbringen möchte, vor Jahren ein Kind von ihm erwartete, es aber verlor und ihm nie davon erzählte. Mit dem wahren Grund für ihre Trennung wird er sich nie auseinandersetzen können – ein Umstand, der seine Biografie in einem anderen Licht erscheinen lässt.
Ein erfolgreicher Geschäftsmann, ein gescheiterter Liebhaber, eine langweilige Geschichte? Keineswegs, denn Autor Jan Weiler gelingt es, diese auf eine Art und Weise vorzutragen, die den schrulligen Munk zu einer fast fleischgewordenen Persönlichkeit werden lässt. Als Zuhörender hat man sie nicht nur bildlich vor Augen, sondern kann ihr direkt in den Kopf hineinschauen. Aufgrund seiner souveränen Performance wird Weilers Werk mit rund zwölf Stunden Laufzeit zu keinem Zeitpunkt langwierig. Zu gerne möchte man erfahren, was Munk noch alles erlebte und viel wichtiger: ob es ein Happy End für ihn gibt. Ohne den Schluss des Romans an dieser Stelle vorwegnehmen zu wollen, ist „Munk“ womöglich doch zu realistisch, als dass man ein solches erwarten könnte. Immerhin spielt das Leben oft anders, als man denkt.
Fazit
In „Munk“ zeichnet Jan Weiler das Porträt eines Mannes, der trotz seines professionellen Erfolgs eine einsame Existenz führt. Der Protagonist, gefangen zwischen seinen Beziehungen und der Schattenfigur seines Vaters, wird erst durch seine Nahtoderfahrung zu einer vielschichtigen Figur. Letztlich bleibt die Frage offen, ob Munk in der Lage sein wird, aus seinen Erfahrungen zu lernen und sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Weilers Fähigkeit, die Realität des Lebens ungeschönt darzustellen, macht den Roman zu einem fesselnden Hörerlebnis, das lange nachklingt.
„Munk“ von Jan Weiler, der Hörverlag, Laufzeit: 11,54 Stunden, September 2024
De Maart
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