Bei den Haushaltsdiskussionen im Dezember warf LSAP-Gemeinderätin Enesa Agovic die Frage nach einer Zweigstelle der Escher Bibliothek (BESA) auf. „Ich finde, dass der aktuelle Standort der Bibliothek zu weit vom Zentrum entfernt ist“, sagt Agovic im Gespräch mit dem Tageblatt. In der Tat braucht man vom Rathaus aus gute 10 Minuten zu Fuß, um die rund 500 Meter bis zur BESA in der rue Emile Mayrisch zurückzulegen. Ursprünglich dachte die Rätin an eine Kinderbibliothek im Stadtzentrum, inzwischen spricht sie lieber von einer Stadtbibliothek, die auch ein Treffpunkt sein sollte.

Im Wahlprogramm 2023 hatte die Escher LSAP einen Umzug der Stadtbibliothek ins Zentrum befürwortet. Dort sollte sie als „multimediale Institution, die den Schulen auch für Medienerziehung zur Verfügung steht“, entstehen. Enesa Agovic brachte eine Zweigstelle in die Diskussion: „Eine Annexe könnte mit relativ wenig Aufwand eingerichtet werden“, ist sie überzeugt, „wir sollten das Stadtzentrum nicht mehr auf Geschäfte, Cafés oder Restaurants reduzieren“. Als Vorbild nennt die Deutschlehrerin aus dem „Lycée Hubert Clément“ die Oodi-Bibliothek im Herzen der finnischen Hauptstadt Helsinki. Die hat zwar eine ganz andere Dimension als in Esch benötigt, jedoch setzt sie in ihrer Ausrichtung voll auf das Konzept der Gemeinschaft, des Zusammenlebens und des Austauschs. Die Kunden sollen in der Bibliothek ausprobieren können, was sie vielleicht später kaufen werden. In Helsinki gibt es zum Beispiel, neben einem Spielsaal für Kinder Gemeinschaftsräume, ein Café, ein Ton- und Podcast-Studio oder einen 3D-Drucker.
„Ich weiß nicht, welche Zukunft Bücher haben, die Jugend beschäftigt sich eher mit dem Handy. Deswegen könnte man ihnen in einer Zweigstelle im Zentrum mehr Möglichkeiten geben. Die Idee ist nicht, etwas zu schließen und anderswo wieder aufzumachen, sondern komplementär zu funktionieren“, so Agovic. Eine Zweigstelle in der eh vom Leerstand heimgesuchten Alzettestraße könnte demnach ein belebendes Element im Stadtkern sein, wovon dann auch die Geschäftswelt profitiert. Natürlich würde sie eine personelle Aufstockung des BESA-Personals erfordern.
Neue Tarife
In seiner Sitzung vom 31. Januar hat der Escher Gemeinderat einstimmig eine neue Straftaxe bei Verlust bzw. Beschädigung eines ausgeliehenen Buches oder Dokuments beschlossen. Hier ist in Zukunft der Einkaufswert zu bezahlen respektive 25 Euro, wenn dieser nicht mehr ermittelt werden kann. Zudem kommen 10 Euro Bearbeitungsgebühr hinzu.
Enesa Agovic liefert weitere Argumente für eine Zweigstelle, angefangen mit der sozialen Frage. Denn der jetzige Standort liegt im Dellhéicht-Viertel. „Viele Menschen, die hier wohnen, haben ihre eigene Bibliothek zu Hause“, sagt sie. Als sie selbst noch Schülerin war, nutzte sie die Escher Bibliothek nicht zum Lernen. Die Öffnungszeiten seien dazu nicht geeignet gewesen. Das ist auch heute noch so, sodass viele Schüler auf die Universitätsbibliothek in Belval ausweichen. Die ist bis 22.00 Uhr abends geöffnet ist, während BESA meist schon um 17.00 Uhr schließt und auch samstags lediglich zwei Stunden geöffnet ist. In einer Zweigstelle im Zentrum könnte man die Öffnungszeiten anpassen, und sie könnte im Gegensatz zum Gebäude in der Emile-Mayrisch-Straße auch PMR-gerecht gestaltet sein. Wie auch immer, in Anbetracht des zu erwartenden Bevölkerungswachstums durch die Erschließung der Industriebrachen „Roud Lëns“ und „Metzeschmelz“ scheint der Zeitpunkt gekommen, sich über die Zukunft der Escher Bibliothek ernsthafte Gedanken zu machen.
Fazit Enesa Agovic: „Wenn man in diese Richtung gehen will, dann sollte man das anständig planen und durchdenken. Vielleicht sollte man auch die Bürger nach ihren Bedürfnissen bzw. Wünschen fragen und sie so in das Projekt mit einbeziehen. Jedenfalls sollte das Ziel sein, einen Mehrwert für die Escher zu schaffen.“
Für Christian Weis (CSV) ist klar, dass sich die Frage des Standorts, des Zugangs und der Vergrößerung beim Thema Bibliothek stellt. Der Schöffenrat verschließe sich keiner Diskussion, momentan läge der Fokus allerdings auf den laufenden Projekten im Kulturbereich, so der Escher Bürgermeister gegenüber dem Tageblatt.
2024: BESA in Zahlen
20.906 Ausleihen
13.021 Besucher
3.297 eingeschriebene Nutzer
1.956 neue Medien in Kollektion aufgenommen
643 PC-Nutzungen und 2.136 Kopien
521 neue Einschreibungen
133 Veranstaltungen (18 Klassenbesuche, 88 Vorlesungen für „Crèches“, 10 BESA Kids Clubs, 12 „E Buch op Rieder“, 5 Events)
24%: Die 10- bis 19-Jährigen sind die stärkste Nutzergruppe
De Maart

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