Montag20. Oktober 2025

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Wohnen Schadstoffe in Altbauten: Wenn die Sanierung zum Problem wird

Wohnen  / Schadstoffe in Altbauten: Wenn die Sanierung zum Problem wird
Altbausanierungen bergen oft Tücken, weil Schadstoffe meistens geruchlos sind Foto: Editpress/Julien Garroy

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In Zeiten, in denen ein eigenes – vor allem ein neues – Haus oft nicht mehr als ein Traum bleibt, ist der Kauf von Altbauten eine Alternative. Manchmal gibt es allerdings böse Überraschungen. Die Bausubstanz ist mit Stoffen belastet, die dem Menschen schaden. Eine Sanierung ist teuer, manchmal bleibt sogar nur der Abriss.

Der Fall ging durch die Presse. Einer Hausbesitzerin in Rheinland-Pfalz fällt ein muffiger Geruch im Badezimmer auf. Sie veranlasst eine Raumluftmessung durch einen Baubiologen, denn eine ihrer Töchter leidet schon länger an Vielfachallergien. Sie vermutet einen Zusammenhang. Das berichtet der Trierische Volksfreund im Herbst 2024.

Das Fertighaus, um das es geht, stammt aus den siebziger Jahren. Die Analysen nach der Messung ergeben katastrophale Werte. Das als krebserregend geltende Insektizid Lindan wird entdeckt, es muss fachgerecht saniert werden und kostet Geld, das nicht eingeplant ist. Wenn man Stephan Hain (56) nach dem Baujahr des Altbaus fragt, in dem er sein Büro mit fünf Mitarbeitern hat, bleibt er gelassen.

Der auf Baubiologie spezialisierte Architekt in Wasserbillig sagt: „Irgendwann um 1900“. Er hat allen Grund gelassen zu bleiben, denn um diese Zeit gab es bestimmte Chemikalien und damit schädliche Belastungen noch gar nicht. Kalk, Lehm, Holz und Glas waren die damals verfügbaren Baustoffe. Alles unbehandelt. Hain betreut viele Kunden bei einer Sanierung von Altbauten. Er mag Häuser mit einer Geschichte. „Sie haben eine Seele und ich finde, man sollte sie erhalten“, sagt er.

Baubiologie ist Detektivarbeit

Den Hürden dabei begegnet er oft. „Ab den fünfziger, sechziger Jahren geht es los mit dem Einsatz von Chemie bei den Konstruktionselementen“, sagt der Architekt. Asbest, Blei in alten Rohren oder in Innenfarben sind bekannte Gründe, hellhörig zu werden. Ihm sind aber schon radioaktiv verseuchte Steine im Rohbau oder Insektenvernichtungsmittel in den Holzbalken von Dachstühlen begegnet.

In der Vergangenheit wurden beim Hausbau Stoffe eingesetzt, die sich im Nachhinein als gesundheitsschädlich herausgestellt haben. Wohnen Sie in einem Altbau und denken über eine Analyse nach?

Lindan gehört dazu. „Diese Mittel wurden eingesetzt, um beim Holz Schädlinge wie den Holzwurm fernzuhalten“, sagt er. Um mehr Platz zu schaffen, bauen viele Hausbesitzer den Dachstuhl aus. Aber auch an anderen Stellen hapert es. „Wenn ich Fliesen entferne und es ist schwarz darunter, ist meistens Asbest im Kleber“, sagt Hain. Oder Teeröl. Die Kleber von Spanplatten sind ein anderes Beispiel.

Sie dünsten aus. Baubiologie ist Detektivarbeit. Viele Schadstoffe sind gewöhnlich geruchslos, Schimmel sieht man. „Man muss erst messen, um gezielt suchen zu können“, bestätigt Architekt Hain. Ralph Baden (59), beim Wirtschaftsministerium verantwortlich für  „gesundes Bauen“ und Baubiologe, hat im Laufe seines Berufslebens mehr als 4.500 solcher Messungen gemacht. Sie sind ein nicht unerheblicher Kostenpunkt.

Raummessungen sind kostspielig

Zwischen 700 und 800 Euro kosten allein die anschließenden Analysen im Labor für einen einzigen gemessenen Raum. Das ist eine Faustregel. Dabei werden sie auf bis zu 340 unterschiedliche Stoffe untersucht. „Je größer die Erfahrung des Baubiologen, desto gezielter werden Proben entnommen“, sagt Baden. Hinzu kommt der Stundensatz des Baubiologen vor Ort, der eine „baubiologische Anamnese“ vornimmt, das Gebäude begeht und die Proben nimmt. Abrisse kommen auch vor, sind aber laut Baden „selten“. 

Wenn ein Baubiologe gerufen wird, gibt es meist schon gesundheitliche Probleme. „Wenn die Besitzer erzählen, im Urlaub im Ausland verbessern sich die Symptome schlagartig, deutet alles auf Schadstoffe im Eigenheim oder auch Büro hin“, sagt Baden. Schleimhautreizungen, Atemwegsbeschwerden oder Kopfschmerzen sind häufig die ersten unspezifischen Symptome. „Wenn die Symptome eher nachts auftreten, ist irgendetwas im Schlafzimmer nicht in Ordnung“, macht der Baubiologe ein Beispiel. „Wenn sie sich eher im Winter häufen, können Wärmebrücken der Auslöser sein.“

Früher verwendete und inzwischen verbotene Stoffe wie Pentachlorophenol (PCP), Lindan oder DDT sind sehr langlebig. In diesem Zusammenhang ist für Architekt Hain eine der aktuell am weitesten verbreiteten Schadstoffquellen Bauschaum. Massenweise eingespritzt dünstet er jahrelang Isocyanat aus. Die chemische Verbindung ist reizend, löst Allergien aus und gilt als krebserregend. 

Für Sanierungen gibt es keine Standardlösung

Notwendige Sanierungen, um die Schadstoffquellen auszuschalten, sind so unterschiedlich wie die Stoffe. „Eine Standardlösung gibt es nicht“, bestätigt Baubiologe Baden. Außerdem ist die Liste der Beispiele, wo überall Schadstoffe zu finden sind, lang. Architekt Hain macht noch ein Beispiel. „Viele Polstermöbel sind europaweit mit Brandschutzmitteln behandelt“, sagt er. „Diese Substanzen gelangen über die Haut in den Körper – gerade, wenn man dauerhaft darauf schläft“.

Baubiologie ist ein komplexes Thema. Die Literaturliste der „Aktionsgruppe für Umwelttoxikologie“ (AKUT) enthält in der auf der Webseite veröffentlichten Literaturliste allein 20 Titel zum Thema „Bauen und Wohngifte“. Es ist außerdem ein unterschätztes Thema. Architekten wie Hain arbeiten in einer Nische. Er kennt nur „2,5“ Kollegen insgesamt im Land, die sich mit Baubiologie auskennen. Klingt bedenklich in Zeiten, in denen Wohnraum ein Dauerbrenner in Politik und Medien ist.

Verschiedene Holzdämmungen: Die grauen „Steine“ zeigen gehärteten Glasschaum aus recyceltem Glas
Verschiedene Holzdämmungen: Die grauen „Steine“ zeigen gehärteten Glasschaum aus recyceltem Glas Foto: Editpress/Julien Garroy

Tipps zur Baubiologie

Mineralische Anstriche aus Lehm, Kalk oder Silikat sind in der Regel unbedenklich. Bodenbeläge sind ein weiterer Faktor, um schädliche Stoffe zu vermeiden. Hier ist es neben dem Belag oft auch der Kleber, der ausdünstet, was somit auch für an sich unbedenkliche Parkette gilt. Bei der Dämmung innen sind Gasbeton, Glasschaum aus recyceltem Glas oder Dämmungen aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holzdämmungen meist unproblematisch. Das anspruchsvollste Label im Sinne der Baubiologie ist das Natureplus-Label und die damit gekennzeichneten Produkte. 

Ralph Baden ist Biologe mit Spezialisierung auf Baubiologie 
Ralph Baden ist Biologe mit Spezialisierung auf Baubiologie  Foto: privat 

Hilfe bei Verdachtsfällen

Unter der Telefonnummer +352 26 59 56-700 oder per E-Mail unter [email protected] können Betroffene Baubiologen kontaktieren, die in Luxemburg die Messungen und Analysen durchführen. Die Webseite dazu ist h2e.lu. Die Ausbildung für Baubiologen wird in Zusammenarbeit zwischen dem Wirtschaftsministerium (früher Energieministerium) und Neobuild GIE durchgeführt und setzt sich aus einem theoretischen und einem praktischen Teil zusammen. Sie besteht aus einer fünftägigen Grundausbildung und regelmäßigen Fortbildungen. Ralph Baden ist einer der Ausbilder. 

Nomi
10. Februar 2025 - 14.33

@ Harry: Opgepasst : den Promoteur leist an den Notaersakt schreiwen dass hien eleng kann Aennerungen un dem Architekt sengen Plaeng an Materialbeschreiwung kann machen ohni den Architekt, den Bauingenieur oder och den Keefer brauch ze fro'en em Anverstaendniss !

Ech empfelen jidder Keefer deen Artikel virum Kaaf streichen ze loossen, oder wann net, net ze ennerschreiwen !

Harry
8. Februar 2025 - 13.58

Deen Skandal SNMBH ass ganz einfach.ett gett ëmmer méi Fusch am Bau,vill Onkompetenz mat Handwierk an Promoteuren,
esou ze soën ett sinn lauter Nullekackerten um Wierk,
den Baubanditismus hölt permanent zou, vieilleich nëtt iwerall,
mais prozentual geet ett an d'Lucht,gölle Nuesen mussen verdingt ginn,d'Politik mecht guer neischt well se stiechen all ennert enger Decken.

Nomi
8. Februar 2025 - 13.09

"" der jüngste Skandal um die SNMBH-Wohnungen auf em Kirchberg""

Wann een geseit dass do ennert den Balcon'en Trettplaettercher, (ennen-uewen) un der Kannt gepaescht go'ufen, dei' och nach mei' deck sinn wei' dei' driwer, an wo'u een net studei'ert muss hun fir ze wessen dass dann vun uewen Wasser ansickert an se dann no Frascht erooffaalen ".

Gemauert Balcon'en eng Rendfei'echkeet !
Besser just eng Dall mat der entsprechender Oofdichtung an een Gelaenner aus Inox/Glaass !!

Et ass rem net belleg genuch ginn !
Mee dei' hun nach net verstaan dass eng gutt standard an bewaerten Leisung mei' belleg gett !

Rapunzel
8. Februar 2025 - 12.17

Der Titel ist irreführend: Nicht der Albau ist das Problem, sondern die Materialien, die nach dem 2. Weltkrieg eingesetzt wurden. Dass Neubauten nicht gleich besser sind, belegt der jüngste Skandal um die SNMBH-Wohnungen auf em Kirchberg. Hier wird die Tatsache zum Problem, dass man heute den Rohbau nicht mehr austrocknen lässt und gleich luftundurchlässige Dämmmaterialien auf die Fassaden klebt. Womit wir bei den Klebern sind: Die Kleber und Farben, die heute zum Einsatz kommen, dünsten ebenfalls aus. Irgendwo muss die Zunahme an Krebs und neurologischen Krankheiten ja herkommen.