Sonntag19. Oktober 2025

Demaart De Maart

NeuerscheinungWie auch die Bauern von der Industrialisierung profitierten: 13. Band der „Fondation Bassin Minier“ erschienen 

Neuerscheinung / Wie auch die Bauern von der Industrialisierung profitierten: 13. Band der „Fondation Bassin Minier“ erschienen 
Die Autoren und Verantwortlichen des 13. Bandes. V.l.: Luciano Pagliarini, Armand Logelin-Simon, Stéphanie Kovacs, Dominik Trauth, Antoinette Lorang, Massimo Malvetti, Jürgen Stoldt und Tiago Flores Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Der 13. Band der Buchserie „Mutations“ der „Fondation Bassin Minier“ räumt mit einem Mythos der Industrialisierung Luxemburgs auf. Nämlich, dass die mit der Entdeckung von Eisenerzvorkommen im Süden des Landes Anfang der 1840er Jahre begonnene industrielle Revolution in erster Linie auf Kosten der Bauern ging.

Nachdem Ende 2022 das Gesundheitswesen im Süden Schwerpunkt des zwölften Buches der Stiftung „Bassin Minier“ war, ist nun der 13. Band der „Mutations“-Serie erschienen. Titel: Die Bauern und die Industrialisierung im „Bassin Minier“. „Der Übergang der Agrarwelt zur Industrieregion verlief evidenterweise nicht ohne Konflikte“, schreibt die Kunsthistorikerin Antoinette Lorang im Vorwort: „Die Eingriffe in die Landschaft und die Eigentumsverhältnisse, die Veränderungen im dörflichen Zusammenleben und in den lokalen Entscheidungsgremien wirkten bedrohlich“.  

Diese Veränderungen werden von den Autoren in fünf Kapiteln beschrieben. Der Differdinger Lokalhistoriker Armand Logelin-Simon erläutert, wie und von welchen Bauern Jean-Baptiste Manuel und Pierre Louis Giraud, Besitzer der Eisengießerei von Lasauvage, das Alluvialerz bezogen. Wo Logelin-Simon in den 1860er Jahren aufhört, setzt im zweiten Kapitel die Historikerin Stéphanie Kovacs an, indem sie die Industrialisierung aus Sicht der Bauern beschreibt. Inzwischen wurde das Minette abgebaut und im großen Stil verhüttet. Die Eisenindustrie entstand. Auf der einen Seite sahen Landwirte die „Schmelzen“ durchaus als Chance für neue Verdienstmöglichkeiten. Viele Bauern fühlten sich aber auch vor den Kopf gestoßen und hatten Angst, dass ihr beschauliches Leben durch die Stahlwerke zerstört würde. Sicher ist, dass zu dieser Zeit zwei völlig verschiedene Welten aufeinander trafen. 

„Mutations“-Buchserie der
„Fondation Bassin Minier“

Die 1989 gegründete Stiftung „Bassin Minier“ hat die kulturelle Entwicklung des Luxemburger Erzbeckens zum Ziel. Das nun in einer Auflage von 250 Exemplaren erscheinende Buch „Die Bauern und die Industrialisierung im Bassin Minier“ ist das 13. der „Mutations“-Publikationsserie. Gekauft werden kann es für 25 Euro in der Buchhandlungen Diderich und Ernster sowie über die Homepage www.fondationbassinminier.lu. Dort können auch die vorherigen Bände eingesehen und bestellt werden.

In Kapitel drei räumt Luciano Pagliarini mit dem Mythos auf, dass die Schmelzbetreiber den Bauern ihre Grundstücke für einen Apfel und ein Ei abgekauft hätten. Man könne nicht davon ausgehen, dass die Bauern schlecht weggekommen seien, schlussfolgert Pagliarini. Düdelingen steht derweil im Mittelpunkt von Kapitel vier, in dem der Historiker Tiago Flores und der Sozialgeograf Antoine Paccoud der Entwicklung der Eigentumsverhältnisse der Ortschaft nachgehen. Die Industrialisierung hätte nicht viel an den Verhältnissen geändert, fanden die Autoren dabei heraus. 

Dass die Bauern Opfer der Geschichte der Industrialisierung waren, stimme eher nicht, schreibt auch der Historiker Dominik Trauth im fünften und letzten Kapitel des Buchs unter dem Titel „Brauchte Luxemburg einen ‚Nationaldünger’“. Dieser „Nationaldünger“ war das sogenannte Thomasmehl, ein Abfallprodukt der Stahlherstellung nach dem Thomas-Verfahren, welches in der Landwirtschaft als Pflanzendünger zur Ertragssteigerung eingesetzt wurde. Der Autor beschreibt dabei, wie das Thomasmehl in der Geschichtsschreibung zu einer nationalen Erfolgsgeschichte wurde.

Der 13. Teil der „Mutations“-Buchserie ist ab jetzt erhältlich
Der 13. Teil der „Mutations“-Buchserie ist ab jetzt erhältlich Foto: Editpress/Hervé Montaigu