Für Anne Simon hat sich in den letzten Monaten so einiges geändert, denn die 25-Jährige ist nach fünf Jahren in den USA wieder ganz zurück in Europa. Die Nationalspielerin hat bekanntlich einen erfolgreichen Parcours im College-Basketball hinter sich. In ihrem letzten Jahr holte sie mit der University of Maine nicht nur endlich den begehrten Titel in der „America East Conference“, sondern durfte im letzten März auch am prestigeträchtigen NCAA-Turnier, der sogenannten March-Madness, teilnehmen, bei dem sich die besten College-Teams des Landes messen. Die junge Luxemburgerin hat sich in den USA jedenfalls einen Namen gemacht. Mit einer ganzen Reihe an Auszeichnungen im Gepäck, unter anderem zweimal der Wahl zum „America East Player of the year“, wagte Anne Simon im Sommer schließlich einen neuen Schritt, den hin zum Profi-Basketball.
Die Wahl fürs Debütjahr fiel dabei auf die höchste italienische Liga, die Serie A1, die mit Schio und Venedig immerhin zwei der besten Mannschaften Europas stellt. Hier unterschrieb die 25-Jährige bei San Martino, einem Team aus dem Tabellenmittelfeld. „Das hier ist genau das, wovon ich immer schon geträumt habe, den Basketball zu meinem Beruf zu machen“, erklärt Simon, die es noch immer nicht so richtig fassen kann. „Am Anfang habe ich wirklich noch nicht so bewusst mitbekommen, dass ich meinen Traum jetzt wirklich lebe. Ich kann mich einfach nur glücklich schätzen.“ Denn mit dem Klub aus Norditalien hat sie die goldrichtige Entscheidung getroffen, wie sie weiter erklärt. „Man weiß im Vorfeld nie so richtig, wie man sich mit dem Team, dem Trainer verstehen wird. Vor allem nach den fünf Jahren in Maine, in denen Mannschaft und Trainerin wie eine zweite Familie waren, hatte ich am Anfang schon etwas Angst, in das Profileben hineinzukommen.“
Vor allem nach den fünf Jahren in Maine, in denen Mannschaft und Trainerin wie eine zweite Familie waren, hatte ich am Anfang schon etwas Angst, in das Profileben hineinzukommen
Vor allem, weil sie auch in den Jahren in Luxemburg mitbekommen hat, wie hart das Profigeschäft sein kann und Spieler wieder entlassen werden können. „Man hat schon manchmal gehört, wie leer sich das Ganze anfühlen kann, denn man hat nur eine gewisse Anzahl an Stunden pro Tag Training, kann danach quasi machen, was man will.“ Ein großer Unterschied zum strukturierten College-Alltag. Umso glücklicher schätzt sich die 25-Jährige, die neben dem Basketball ihren Master in „Disability Studies“ weiterführt, den sie in Maine begonnen hatte, dass sie sich bei ihrem neuen Klub pudelwohl fühlt. „Ich hätte mir wirklich keinen besseren Platz aussuchen können. Die Stimmung ist exzellent und ich bin wirklich sehr zufrieden, wie mein erstes Jahr bisher verläuft.“
Sechs Niederlagen
Nicht selbstverständlich, denn es liegen durchaus verrückte Monate hinter Anne Simon. Rein sportlich gesehen verliefen die ersten Wochen in Italien nämlich überhaupt nicht so, wie man es sich in San Martino di Lupari vorgestellt hatte. Die Spielzeit 2024/25 begann für die Luxemburgerin und ihre Teamkolleginnen nämlich mit sechs Niederlagen in Folge. „Von den Resultaten her war es schwer, weil wir nicht ein Spiel gewonnen hatten. Es wäre einfach gewesen, zum Training zu kommen und einfach keine Lust zu haben.“ Doch wie die Nationalspielerin erklärt, waren viele Begegnungen eng. Gegen Venedig, eines der Topteams Europas, hat man beispielsweise erst in letzter Sekunde verloren (71:72). „Sie haben zum Schluss noch einen Korbleger getroffen, mit dem ich heute noch immer nicht einverstanden bin“, gibt sie lachend zu.
Dennoch hat man in San Martino gesehen, dass man durchaus mit den besten Mannschaften mithalten kann. Denn in den ersten Partien ging es ausschließlich gegen EuroLeague- oder EuroCup-Teilnehmer. „Das Problem war einfach, dass uns ein Momentum gefehlt hat. Hätten wir am Anfang der Saison auch nur ein Spiel gewonnen, dann bin ich mir sicher, dass die Resultate andere gewesen wären.“ Erschwerend kam dann auch noch hinzu, dass die zweite amerikanische Spielerin nicht von Anfang an zur Verfügung stand. „Mental war es nicht immer einfach, wir haben alle gezweifelt. Dennoch ist die Stimmung gut geblieben, niemand hat Ausreden gesucht und wir haben alle hart weiter trainiert.“
Umschwung im Dezember

Und so machte es im Dezember dann plötzlich „klick“. San Martino eilte in Meisterschaft und Pokal von Sieg zu Sieg, blieb den ganzen Monat ungeschlagen und kletterte in der Tabelle kontinuierlich nach oben. „Wenn einem Steine in den Weg gelegt werden, dann gibt einem das noch mehr Motivation. Man will sich beweisen, egal was das Problem ist. Jede versucht in einem solchen Moment für jede zu spielen, das ist uns auch gelungen.“ Besonders Anne Simon überzeugte in dieser Phase durch starke Leistungen. Am 4. Dezember gegen Campobasso erzielte sie so 22 Punkte, ihr bisher bestes Scorerergebnis in der italienischen Liga. Die Nationalspielerin scheint im Dezember endgültig ihren Platz als Profispielerin in Italien gefunden zu haben und wurde prompt, auch für sie überraschend, mit einer weiteren Auszeichnung belohnt. Denn Anne Simon wurde zur besten Spielerin des Monats Dezember in der Serie A1 gewählt. „Diese Auszeichnung hatte ich gar nicht erwartet, deshalb war es umso schöner. Doch man macht es nicht allein. Da hat das Team, der Trainer einen großen Anteil dran.“
Weiterentwickelt, das hat sich die 25-Jährige, die noch immer in Kontakt mit ihren ehemaligen Teamkolleginnen aus Maine steht, seit ihrem Profidebüt allemal. Vor allem der Spielstil ihrer Mannschaft unterscheidet sich deutlich von den anderen, was ihr, wie Simon erklärt, deutlich entgegenkommt. „Der Trainer pocht auf die Defensive, das gefällt mir und hat mir geholfen, in der Defensive noch mehr Druck zu machen. Vor allem zu schauen, einfache Lay-ups durch Steals zu bekommen.“
Wichtiges Puzzleteil
Eine Stärke, auf die FLBB-Nationaltrainer Mariusz Dziurdzia auch in den nächsten Tagen zählen dürfte. Seit November ist Anne Simon, die sonst nur in den Sommermonaten zur Verfügung stand, wieder ein fester Bestandteil der Nationalmannschaft und ein enorm wichtiges Puzzleteil im Luxemburger Spiel. Vor allem da man mit Ehis Etute auf die wohl wichtigste Leistungsträgerin der letzten Zeitfenster verzichten muss. „Ehis ist natürlich so nicht zu ersetzen. Doch es ist nicht das erste Mal, dass wichtige Spielerinnen fehlen, und so haben andere die Möglichkeit sich zu beweisen. Wir müssen einfach noch mehr Willen zeigen, wenn wir in den Rebound gehen, um uns als Mannschaft auszuhelfen.“ Vertrauen in ihre Teamkolleginnen, das hat die Profispielerin auf jeden Fall.
Es wäre eine enorme Werbung, zu zeigen, was eine Frauenmannschaft erreichen kann
Die Vorfreude bei Anne Simon auf die beiden letzten Spiele der EM-Qualifikation ist bereits seit Wochen groß. „Ich freue mich enorm, auch weil wir wissen, dass wir eine Chance haben. Es wird schwer, doch wenn man so kurz vor dem Ziel ist, ist man voll motiviert und die Vorfreude riesig.“
Seit Sonntagmorgen ist Anne Simon zurück in Luxemburg, bekam in der letzten Woche sogar noch Besuch von Tessy Hetting, Technische Direktorin der FLBB, die mit ihr nach der Partie gegen Venedig zurückgereist ist. Die 25-Jährige ist sich bewusst, dass sie und ihre Teamkolleginnen Geschichte schreiben und mit einer EM-Teilnahme auch ein ganz anderes Licht auf den Damenbasketball scheinen lassen können. „Es wäre eine enorme Werbung, zu zeigen, was eine Frauenmannschaft erreichen kann.“ Vielleicht kann Anne Simon wirklich bald einen weiteren Traum leben.
De Maart

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