Mittwoch5. November 2025

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EschDynamisch im Dritten Alter: Vierter Sozialbericht wurde präsentiert und diskutiert

Esch / Dynamisch im Dritten Alter: Vierter Sozialbericht wurde präsentiert und diskutiert
An den Rundtischgesprächen nahmen Personen verschiedener Altersgruppen teil Foto: Editpress/Julien Garroy

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Wie hat sich die soziodemografische und sozio-ökonomische Situation der Senioren in Esch zwischen 2013 und 2023 entwickelt? Diese Frage steht im Fokus des vierten, vom LISER („Luxembourg Institute of Socio-Economic Research“) erstellten Sozialberichts. Am Donnerstag fand in der Kulturfabrik eine Tagung zu diesem Thema statt.

Dass die Bevölkerung zunehmend altert, ist keine Neuheit. „Diese Tendenz lässt sich europa- und sogar weltweit feststellen“, sagte Laurent Pacht, Forschungsanalyst beim LISER, während der Präsentation des vierten Berichts des „Observatoire social“ in der Kulturfabrik. Auf der Tagesordnung stand die Situation älterer Menschen und Personen mit besonderen Bedürfnissen in Esch. Rund ein Drittel der Escher sind, Stand 2023, mindestens 50 Jahre alt. Das entspricht 12.426 Personen. 14 Prozent der Einwohner haben das Alter von 65 Jahren erreicht oder überschritten, und sieben Prozent sind mindestens 75 Jahre alt. Außerdem wird die Bevölkerung multikultureller. Aus der Präsentation geht hervor, dass mehr als die Hälfte der unter 65-Jährigen in Esch Ausländer sind.

Die zunehmend alternde und diverse Bevölkerung stelle auf vielen Ebenen Herausforderungen dar, sagte Valérie Feltgen, Forschungsanalystin beim LISER. Als Beispiele führte sie Sprachhürden beim Organisieren von Aktivitäten sowie im Pflegebereich an. Außerdem wohnen viele ältere Menschen in Esch alleine. Mehr als die Hälfte davon sind mindestens 50 Jahre alt. Während knapp ein Fünftel der 50- bis 59-Jährigen alleine leben, steigt der Prozentsatz bei den 75- bis 84-Jährigen auf ein Drittel. Bei Senioren, die mindestens 85 Jahre alt sind, wohnen 41 Prozent alleine.

In der Diskussionsrunde kamen viele Vorschläge zusammen
In der Diskussionsrunde kamen viele Vorschläge zusammen Foto: Editpress/Julien Garroy

Viele Menschen mit Sehschwäche

Die Forscher des LISER befassten sich ebenfalls mit der sozialen Situation der Senioren. 45,8 Prozent der Escher Bevölkerung von 55 bis 64 Jahren ist arbeitstätig. Auffällig ist, dass der Prozentsatz seit 2013 um über 15 Prozent gestiegen ist. In den vergangenen zehn Jahren ist so auch festzustellen, dass die Zahl der 50- bis 64-jährigen Bezieher von Arbeitslosengeld von knapp acht Prozent (2013) auf 6,2 Prozent gefallen ist (2023).

Auch in puncto Geschlechtergleichheit wurden Fortschritte gemacht. Dennoch verdienten 2023 Frauen über 50 Jahren im Durchschnitt 20 Prozent weniger als Männer. 2013 waren es dagegen noch 30 Prozent. In Zahlen ausgedrückt, bedeutet dies, dass 50- bis 54-jährige Frauen 2023 ein durchschnittliches Bruttoeinkommen von 3.783 Euro hatten, während gleichaltrige Männer 4.521 Euro verdient haben.

Der Bericht legt ebenfalls ein Augenmerk auf Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Von den Umfrageteilnehmern, die 2021 bei der Volkszählung in Esch mitgemacht haben, gaben 18,4 Prozent – sprich 4.154 Menschen – an, eine Behinderung zu haben. „Das ist alles andere als eine Randerscheinung“, betonte Pacht. Insbesondere ab dem 70. Lebensjahr steigt der Prozentsatz der Menschen mit Behinderung stark an. Bei den über 90-Jährigen gaben mehr als 40 Prozent der Umfragteilnehmer an, an einer Behinderung zu leiden. Am häufigsten wurde dabei eine Sehschwäche angegeben.

Edvin Ceman moderierte die Arbeitsgruppe „Kommunikation und Sensibilisierung“
Edvin Ceman moderierte die Arbeitsgruppe „Kommunikation und Sensibilisierung“ Foto: Editpress/Julien Garroy

Raum für Verbesserung

Am Nachmittag standen vier verschiedene Rundtischgespräche auf dem Programm. Sowohl Rentner als auch Berufstätige diskutierten dabei über das Alleinleben, die Autonomie und Selbstbestimmung der Senioren, das Zusammenleben in Esch sowie über Kommunikation und Sensibilisierung. Eine Seniorin meinte, dass bei der Zugänglichkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln – insbesondere für Menschen im Rollstuhl – noch Verbesserungsbedarf bestehe. Sie bedauerte ebenfalls, dass Taxis in der Fußgängerzone verboten seien. „Wenn man ausweisen kann, dass der Passagier wirklich gehbehindert ist, sollte man in die Uelzechtstrooss fahren können und bei der ersten Gelegenheit wieder heraus“, fand sie.

Die Seniorin hob ebenfalls das Problem der Isolierung bei manchen alternden Personen hervor. Das sei ein Tief, aus dem man es nicht alleine herausschaffe. „Es ist wichtig, Motivation zu finden, sei es über die Familie oder die Nachbarschaft“, meinte sie. Bei der Vorstellung der Ergebnisse forderten zudem mehrere Teilnehmer einen vereinfachten Informationszugang für Senioren sowie eine bessere Koordination zwischen den verschiedenen Diensten. Als Beispiele führten sie einfache Sprache sowie eine an die Sehschwäche mancher Senioren angepasste Schriftgröße und Typografie an. Auch intergenerationelle Wohnstrukturen seien ein guter Ansatz, um alternde Menschen zu unterstützen.

„Es wäre auch interessant, eine interkulturelle und generationenübergreifende Mediatorengruppe zu haben“, meinte Edvin Ceman, Moderator der Arbeitsgruppe „Kommunikation und Sensibilisierung“. Die Mediatoren könnten dabei helfen, Kommunikationshürden zu überwinden. Da die Gemeinde zudem ein Pilotprojekt mit einer Sendung für Senioren plant, sei es wichtig, älteren Menschen den Zugang zum Fernsehen sowie zur Digitalisierung zu vereinfachen. „Der erste Kanal sollte dann direkt Esch TV sein“, meinte Ceman.

Auch der Escher Bürgermeister Christian Weis sowie die Schöffen André Zwally und Bruno Cavaleiro (alle CSV) waren bei der Veranstaltung anwesend, um das „Observatoire social“ vorzustellen und über aktuelle und zukünftige Initiativen für Senioren zu informieren. Cavaleiro kündigte an, dass alle Reflexionen, die während der Tagung notiert wurden, in einem Bericht zusammengefasst und veröffentlicht werden. Zudem plant der Schöffenrat, die Vorschläge in der heutigen Gemeinderatssitzung noch einmal aufzugreifen. „Was wir heute tun, muss auch eine Lösung für die nächsten Generationen sein“, sagte Cavaleiro.

Mehr Informationen unter: administration.esch.lu/observatoire-social/