In Deutschland wankt mal wieder eine Mauer. Aber anders als vor mehr als 35 Jahren wartet dahinter nicht die Freiheit, sondern eine düstere und ungewisse Zukunft. Angeführt von Kanzlerkandidat Friedrich Merz haben die Unionsparteien CDU und CSU in dieser Woche im Bundestag einen Entschließungsantrag für eine Verschärfung der Migrationspolitik durchgebracht – mit Hilfe der Stimmen der in Teilen rechtsextremen AfD. Ein Novum in der deutschen Geschichte seit dem Zweiten Weltkrieg, ein historisches Ereignis. Nichts weniger als eine Zeitenwende, eine Zäsur in der politischen Kultur Deutschlands. Was daraus erwachsen wird, ist noch unklar. Eine engere Zusammenarbeit von Union und AfD auf kommunaler Ebene und auf Landesebene, vor allem in Ostdeutschland, scheint nun unausweichlich. Es nützt wenig, dass sich Altkanzlerin Angela Merkel schon am Tag nach der Abstimmung scheltend zu Wort meldet. Denn: Die Merkel-CDU ist mit dem 29. Januar 2025 endgültig Geschichte. Die wenigen Stimmabweichler in den Reihen der Union, wie zum Beispiel die einstige Kulturstaatsministerin Monika Grütters, treten im Februar nicht mehr für den Bundestag an. Der Damm ist gebrochen, der Präzedenzfall ist da.
Auch im luxemburgischen Parlament kam es in dieser Woche zu einem Bruch – mit geteilten Werten und mit dem Konsens des Sagbaren. „Seit Jahrhunderten“, sagte Petent Steve Schmitz während einer Debatte über LGBTIQA+-Inhalte in Schulen, könne er sich nicht erinnern, dass queere Personen Gewalt oder Diskriminierung erfahren hätten. Ein Satz, der Minister und Abgeordnete schockierte. „Unerträglich“, nannte ihn der Linken-Abgeordnete Marc Baum. 80 Jahre und einen Tag nach der Befreiung von Auschwitz, wo die industrielle Vernichtung von Menschen durch die Nationalsozialisten ihren Höhepunkt erreichte, die Vernichtung von politischen Gegnern, Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen. Einen Satz wie diesen in der Chamber zu hören, auch das ist ein Novum in der luxemburgischen Geschichte.
Getragen wurde die betreffende Petition, die sich gegen LGBTIQA+-Inhalte in Schulen einsetzt, von fast 10.000 Unterzeichnern. Was den zweiten Petenten Helder Rui De Almeida Neves dazu veranlasste, sich gleich zu Beginn der Debatte mit diesen Worten an die Abgeordneten zu richten: „Glauben Sie wirklich, dass 10.000 Luxemburger rechtsextrem sind?“ Um die Frage hier einmal deutlich zu beantworten: Nein, das glaube ich nicht. Ebenso wenig, wie ich alle AfD-Wähler für Rechtsextremisten halte.
Nichtsdestotrotz bewegt sich gerade etwas ganz Fundamentales in den westeuropäischen Demokratien. „Die Grünen und die SPD, das ist jetzt eine schrumpfende Minderheit in diesem Land“, sagte Friedrich Merz im Deutschen Bundestag. Was, wenn das stimmt? Wie geht man damit um, als Presse, als Gesellschaft, als Mensch, wenn eine Mehrheit der Deutschen eine potenziell europäisches Recht brechende Migrationspolitik von Rechtsaußen wollen? Wenn ein Teil der luxemburgischen Bevölkerung eine Petition unterstützt, die ihre Kritiker als „menschenverachtend“, „gefährlich“ und „autoritär“ bezeichnen? Wenn zur Umsetzung der eigenen Ziele der Bruch mit demokratischen Werten, mit freiheitlichem Konsens billigend in Kauf genommen wird?
Das sind die neuen politischen Realitäten des Jahres 2025. Und wir, als Presse, als Gesellschaft, als Menschen, müssen einen Umgang mit ihnen finden. Die alten Pläne sind nicht aufgegangen. Die Brandmauern wanken. Wir müssen uns darauf einstellen, dass sie fallen werden.
De Maart

@ Joss : Dat gesinn mer dann an 5 Johr ob et Quatsch war !
Herr Dörr, Sie könnten ja den Tageblatt Lesern erklären wieso man keine AFD / ADR / FN wählen sollte aber ganz Europa eine rechtsradikale Regierung in Israel unterstützt und das auch nicht nur seit dem 7. Oktober.
@Nomi
Absolute Quatsch. Dovun ofgesin as d'Merkel säit 3 Joer a Pensioun.
Was macht man denn um stolz auf sein Land zu sein? Familie, Freunde sind landesbezogen? Arbeit auch?
@Nomi
Interessante Theorie, aber doch hoch gepokert. Und woher stammt die Vorhersage, dass die AfD in ein paar Jahren "alleine regieren können"? (Reichs)Kristallkugel??
Besser die AFD mit in eine Koalition zu nehmen, weil sie dort zum Teil noch unter Kontrolle ist.
Im anderen Fall wird sie bei den naichsten oder uebernaichsten Wahlen alleine regieren koennen und keine Bremse mehr vorhanen ist !
Merkel und die Linken sind aud dem Holzweg ins Verderben !