Sonntag16. November 2025

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Karate„Ich arbeite bereits an meiner Zukunft“: Jenny Warling im Interview

Karate / „Ich arbeite bereits an meiner Zukunft“: Jenny Warling im Interview
Jenny Warling gab am Wochenende bei der Premier League ihr Comeback Foto: Editpress/Luis Mangorrinha

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Nach fünfmonatiger Verletzungspause feierte Jenny Warling am vergangenen Wochenende beim Auftakt der Karate-Premier-League, einem Wettbewerb auf allerhöchstem Niveau, ihr Comeback. Nach anfänglichen Schwierigkeiten konnte die Walferdingerin ihren letzten Kampf gewinnen. Vor allem in sportlicher Hinsicht ist die 30-Jährige damit ein Phänomen: Nach einer Schulteroperation und zuvor zwei Kreuzbandrissen wären nur wenige Sportler gefestigt genug, um sich wieder auf die ganz große Bühne zu wagen. Im Gespräch mit dem Tageblatt gewährte Warling Einblicke in ihr Innenleben und sprach über ihre Zukunft.

Tageblatt: Wie fühlt es sich an, wieder auf dem Tatami zu stehen?

Jenny Warling: Zu Beginn kam ich mir etwas verloren vor. Ich wusste nicht so richtig, was ich machen sollte. Von Minute zu Minute lief es aber besser, die Motivation kam zurück und auch der Ehrgeiz. Als Fazit kann man sagen, dass ich zufrieden bin, aber es war nicht perfekt. Insgesamt hat es sich jedoch toll angefühlt, wieder kämpfen zu können.

Warum haben Sie sich dazu entschieden, gleich auf dem höchsten Niveau einzusteigen?

Das habe ich mir nicht ausgesucht, sondern der Kalender. Es gab keine andere Möglichkeit. Ich will zur Weltmeisterschaft und dafür benötige ich Punkte. Ideal wäre es natürlich gewesen, ich hätte mich noch für drei Wochen einarbeiten können, aber man muss sich für die WM in diesem Jahr qualifizieren. Besser wäre aber ein kleineres Turnier gewesen, wo man sich wieder an den Kampf gewöhnen und die Psyche festigen kann.

Haben Sie nach Ihrer Schulterverletzung, der dritten großen Verletzung in Ihrer Karriere, eigentlich nie ans Aufhören gedacht?

Jein. Wegen der Verletzung habe ich nie daran gedacht, aufzuhören, das hätte mir ein zu schlechtes Gefühl verpasst. Aber sollte ich sehen, dass ich nicht mehr an das Niveau von früher heranreichen kann, dann werde ich sicher ins Grübeln kommen.

Wo nehmen Sie die Moral und die Kraft her, nach zwei Kreuzbandrissen und einer Schulter-OP immer wieder aufzustehen?

Das schafft man nicht alleine. Wichtig ist, dass man Familie, Freunde und einen medizinischen Stab hinter sich weiß, die einen immer wieder unterstützen und motivieren. Beim Physiotherapeuten habe ich seit Jahren ein Dauer-Abo. Die Ärzte kennen mich mittlerweile auch schon sehr gut. Sie alle wissen, wie sie mich aufbauen können. Aber vor allem muss man sich immer selbst motivieren und sich zwingen, weiterzumachen. In meinem Kopf darf kein Platz für Rückschläge sein.

In diesem Sinne sind Sie ein wahres Vorbild. Gibt es andere Sportler mit einer ähnlich starken Mentalität, nach denen Sie sich gerichtet haben?

Ich bin bei weitem kein Einzelfall. Mit der Basketballerin Magaly Meynadier befinde ich mich beispielsweise in bester Gesellschaft. Ich kenne viele Leidensgenossen aus der Reha. Im Karate kämpfen Pola Giorgetti und Laura Hoffmann um ihr Comeback. Frühere Beispiele sind Marie Muller und Tessy Scholtes. Es gibt viele Beispiele. Das Ganze ist eine Charaktersache und die Betreuung ist wichtig. Ganz von selbst geht das nicht.

Besonders im Karate hören viele Athleten frühzeitig auf, auf höchstem Niveau zu kämpfen. Wieso ist das so und wie kann man das ändern?

Das kann man nicht pauschal beantworten, solche Entscheidungen sind immer individuell. Wenn plötzlich die Unterstützung fehlt, oder das Ziel in die Ferne rückt, dann können junge Athleten ihre Zweifel bekommen. Wenn es dann nicht sofort so läuft, wie sie es sich wünschen, hören sie auf. Man darf demnach nie vergessen, dass man Menschen braucht, die einen motivieren und wenn man das auch selbst tut, dann ist im Sport alles möglich.

Mein Hauptziel sind die Weltmeisterschaften Ende November in Kairo

Jenny Warling, über ihre Pläne 2025

Wie sehen Ihre Pläne für 2025 aus?

Mein Hauptziel sind wie erwähnt die Weltmeisterschaften Ende November in Kairo. Wie auch schon erwähnt, geht das im neuen Reglement nur über eine Qualifikation. Für die Quali habe ich zwei Optionen, entweder über eine Medaille bei den Europameisterschaften, oder über ein neu eingeführtes WM-Klassement. Aktuell stehe ich in diesem Ranking auf Platz 13 und den muss ich halten.

Wie lange dürfen wir Ihre Kampfkünste noch bewundern?

Lust, noch länger dabei zu sein, verspüre ich schon. Ich bin motivierter als je zuvor. Ich weiß, worauf ich hinarbeite und ich werde zu 100 Prozent alles dafür geben. Nach der WM werde ich mit meinen Trainern und dem Staff Bilanz ziehen und dann werden wir sehen, wie es weitergeht. Vielleicht hänge ich noch zwei oder drei Jahre dran.

Haben Sie schon Pläne für die Zeit nach Ihrer aktiven Karriere? Werden Sie dem Sport erhalten bleiben?

Ich arbeite bereits an meiner Zukunft, ich bin dabei, den ehemaligen C-Trainerschein zu machen. Ich will meinem Verein zukünftig helfen, aber nur im Elite-Bereich. Falls der Verband meine Unterstützung braucht, bin ich auch bereit, eine Hand mit anzupacken. Aber nicht als Nationaltrainer, eine Aufgabe als „directeur technique“ könnte ich mir eher vorstellen. Aber das alles ist Zukunftsmusik und eine Träumerei. Wenn ich gebraucht werde, bin ich da.

Eine letzte Allgemeinfrage, wird der Karatesport es jemals schaffen, fix ins olympische Programm aufgenommen zu werden?

Eine gute Frage. Ich habe früher fest daran geglaubt, jetzt eher weniger. Im Moment sieht es danach aus, dass die olympische Reise ohne Karate weitergeht, und eine Wende ist nicht absehbar. Ich würde meine Hände jedenfalls nicht dafür ins Feuer legen, dass Karate irgendwann olympisch wird.