Taiwan ist – anders als Peking es gerne formuliert – keine „abtrünnige Provinz“. In Wahrheit war Taiwan niemals Teil der 1949 gegründeten Volksrepublik China (VR). Trotzdem macht die chinesische Regierung keinen Hehl daraus, dass es die faktisch unabhängige und demokratisch regierte Insel „in den Schoß der chinesischen Mutter holen“ will.
Besonders seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wachsen die Ängste vor einem chinesischen Übergriff auf Taiwan. Peking geht dabei bisher aber dezidiert anders vor als Moskau: So zeigt ein Bericht der australischen Denkfabrik Lowy Institute, dass die Volksrepublik bald die Unterstützung einer klaren Mehrheit des Rests der Welt haben könnte, um die Kontrolle über die Insel zu übernehmen, mit oder ohne Gewalt.
Der Bericht mit dem Titel „Five One-Chinas: The Contest to Definition Taiwan“ zeigt, dass die Mehrheit der Länder – 119 Länder oder 62 Prozent der UN-Mitgliedstaaten – inzwischen Pekings Ein-China-Prinzip unterstützt. Letzteres beinhaltet, dass Taiwan ein unveräußerlicher Teil der Volksrepublik China ist. Dem gegenüber steht die Ein-China-Politik, die neben mehreren EU-Ländern auch die Schweiz, Australien, Japan oder die USA vertreten. Diese erkennt an, dass die Volksrepublik China der einzige souveräne Staat in China ist.
Laut des Berichts unterstützen 89 dieser 119 Länder gleichzeitig mit ihrer Rückendeckung des Ein-China-Prinzips auch die Bemühungen Pekings für „eine nationale Wiedervereinigung“ mit Taiwan. Entscheidend sei, dass die Länder dies getan hätten, ohne dabei klarzustellen, dass Chinas Bemühungen friedlich sein sollten, heißt es vonseiten des Lowy Institute. Damit stimmten sie „faktisch einem möglichen Einsatz von Gewalt bei der Übernahme der Kontrolle über Taiwan zu“.
Verhasst im Norden, beliebt im Süden
Der weltweit erste Datensatz, der die Positionen aller UN-Mitgliedstaaten zu Taiwan in fünf Typologien sortiert, zeigt zudem, dass Pekings Position und seine bevorzugte Sprache gegenüber Taiwan auf internationaler Ebene weit verbreitet sind. Die jüngsten Erfolge Pekings und die wachsende globale Macht der Volksrepublik China ließen darauf schließen, „dass in den kommenden Jahren mehr Länder mehr Aspekte der Position der chinesischen Regierung gegenüber Taiwan unterstützen werden“, sagt Benjamin Herscovitch, der Autor des Berichts. In seiner Analyse schreibt der China-Experte dann auch: „Peking gewinnt, ohne zu kämpfen.“
Dieses „Umfeld“ schafft Peking durch geschickte Diplomatie. Zum einen investiert die Volksrepublik seit Jahren über die Seidenstraßen-Initiative in milliardenschwere Infrastrukturprojekte weltweit und bindet über finanzielle Abhängigkeiten vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer an sich. Zum anderen zeigte der Global Diplomacy Index des Lowy Institute bereits vor einem Jahr schon, dass China in vielen Regionen inzwischen eine größere diplomatische Präsenz als die Vereinigten Staaten hat. Dies ist beispielsweise in Afrika, in Ostasien, den pazifischen Inselstaaten und Zentralasien der Fall. Auch eine interaktive Karte des China Center des Asia Society Policy Institute in den USA, erstellt aus 2.500 Umfrageergebnissen aus 160 Ländern, lässt erkennen, dass Chinas Popularität – selbst wenn sie im globalen Norden abnimmt – in vielen Ländern des globalen Südens nach wie vor stabil ist oder sogar zunimmt – besonders in Afrika.
Zudem hat Taiwan im Kampf um diplomatische Anerkennung gegenüber China deutlich an Boden verloren. Taiwan wird nur noch von einigen wenigen Kleinstaaten anerkannt und selbst da bröckelt der Rückhalt. Vor einem Jahr brach beispielsweise der pazifische Inselstaat Nauru seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan ab und gab bekannt, künftig das Ein-China-Prinzip zu verfolgen.
Chinas Image profitiert von Trump
Mit den Salomonen unterzeichnete Peking gar einen Sicherheitspakt – zu groß waren die Anreize. Peking unterstützt den Inselstaat bei Infrastrukturprojekten, aber auch in den Bereichen Medizin, Polizei und Sicherheit. Mit Wohltätigkeit pflegt die Kommunistische Partei derzeit auch das indonesisch-chinesische Verhältnis. So soll Peking das ehrgeizige Projekt Jakartas finanziell unterstützen, bei dem über 80 Millionen Schülerinnen und Schüler Schulmahlzeiten erhalten – ein Programm, das jährlich 28 Milliarden US-Dollar kosten wird. Auch schwangere Frauen erhalten regelmäßig Essen. Auf diese Weise soll gegen die weitverbreiteten Wachstums- und Entwicklungsstörungen bei indonesischen Kindern vorgegangen werden. Wie viel Peking genau beisteuert, ist allerdings nicht bekannt.
Einen weiteren Schub hat der Volksrepublik laut des australischen Strategieexperten Hugh White aber auch die Wiederwahl von Donald Trump in den USA verschafft. Peking könne sich dadurch „als verlässlicher Anführer präsentieren“, meint er. Vor allem viele asiatische Länder würden beginnen, China als notwendigen Partner und nicht nur als Rivalen zu betrachten.
Für Taiwan sind dies keine guten Nachrichten – zu diesem Schluss kommt auch Herscovitch in seiner Analyse. Vermutlich ziele die Volksrepublik darauf ab, „ein internationales Umfeld zu schaffen, in dem die meisten Länder ihrer Sicht auf Taiwan verpflichtet sind und der globale Widerstand gegen einen Angriff über die Meerenge minimiert wird“.
De Maart
Das 1 China prinzip ist auch absolut richtig.
Das einzige was die insel taiwan ...offiziell Republic of China...von der VR China unterscheidet ist dass die insel noch eine regierung hat ,welche auf die situation vor 1949 basiert .
Also ganz klar...ein China mit momentan 2 regierungen.
Eine vereinigung in zukunft ist unausweichlich.