Drei Journalisten von France Télévisions hatten sich in Wien um Interviews mit FPÖ-Politikern bemüht. Doch kein rechtspopulistischer Grande wollte mit dem öffentlich-rechtlichen Sender reden. Also filmten die Franzosen heimlich, was ihnen vor die Kamera kam. Bei einem FPÖ-Stammtisch in Wien-Simmering lieferten zwei FPÖler am 8. Januar unfreiwillig brisantes Material für die französischen Abendnachrichten, das eine Woche später in Österreich Wellen schlägt.
Die Nationalratsabgeordneten Harald Stefan und Markus Tschank glaubten an diesem Abend, mit Parteifreunden unter sich und daher von diplomatischer Zurückhaltung befreit zu sein. Parteichef Herbert Kickl hatte seine Leute gerade mit einer den voraussichtlichen Koalitionspartner demütigenden Rede aufmunitioniert. Von der ÖVP forderte der rechte Kanzler in spe ein „Bewusstsein, wer die Wahl gewonnen hat (die FPÖ, Anm.)“ und wer in der angestrebten Koalition Zweiter ist. Am Stammtisch legte Tschank ein Schäuferl nach. Die ÖVP sei „machtgeil“, in einem „jämmerlichen Zustand“ und gehöre „eigentlich mit einem Regierungsverbot ausgestattet“. Die FPÖ könne daher in den Koalitionsverhandlungen die Latte höher legen und „zeigen, dass wir die stärkere Partei sind, dass wir unsere Inhalte durchsetzen“. Mit Verweis auf Kickls harte Ansage an die ÖVP sekundierte der FPÖ-Abgeordnete Harald Stefan, es sei richtig gewesen, „denen einmal zu sagen, sie brauchen sich ned deppert (nicht blöd, Anm.) spielen“.
„Letztes Gesindel“
Dann holte Stefan zum Rundumschlag gegen die EU und Flüchtlinge aus. „Die ganze Europäische Union ist so ein Wahnsinn“, befand Stefan, „eigentlich müssten wir eh austreten“. Das sei jedoch „keine echte Option“, wohl wissend, dass ein „Öxit“ mit der ÖVP nie und nimmer infrage käme. Der Abgeordnete mimte auch den Afghanistan-Experten und erklärte, warum von dort nur das „letzte Gesindel“ herkomme. Weil dort nämlich „regionale Stammeshäuptlinge“ alles halbwegs im Griff hätten und nur, wer „nicht spurt“, nach Europa geschickt werde. Den islamistischen Taliban würde Stefan sogar Geld geben, wenn diese die Flüchtlinge zurücknähmen. Dass dies wohl mit nationalem und internationalem Recht unvereinbar wäre, ficht Stefan nicht an: Man müsse „diese internationalen Verträge, wie zum Beispiel die EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention, Anm.) entweder ganz abschaffen, oder man macht ein entsprechendes Zusatzprotokoll“.
Dass die EMRK in Österreich Verfassungsrang hat, bedauert der Angeordnete, der kürzlich zusammen mit zwei Parteikollegen vom Nationalrat „ausgeliefert“ wurde, weil die Staatsanwaltschaft Wien gegen sie wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das NS-Verbotsgesetz ermittelt. Die drei hatten im September am Begräbnis eines deutschnationalen Burschenschafters teilgenommen, auf dem die SS-Hymne „Wenn alle untreu werden“ gesungen wurde. Am Grab standen auch Identitäre und Burschenschafter der vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) als rechtsextrem eingestuften schlagenden Verbindung „Olympia“.
ÖVP pocht auf Europa
SPÖ und Grüne reagierten empört auf die Aussagen, während die ÖVP den Ball flach zu halten versucht. Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim zeige die FPÖ „ihr wahres Gesicht, das vor Hass und Aggression trieft“, wenn sie sich unbeobachtet fühle. Die ÖVP erklärte sich lediglich „befremdet über die Aussagen der FPÖ-Politiker, die sich offen einen Austritt aus der Europäischen Gemeinschaft wünschen“. Ein mögliches Regierungsprogramm müsse „klar proeuropäisch sein“, wurde betont. Parteichef Christian Stocker äußerte sich nicht.
Auch aus der FPÖ gibt es Kritik. Allerdings nur am Standard. Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp nannte die Tageszeitung, welche die ihr von den Franzosen zur Verfügung gestellten Aufzeichnungen veröffentlicht hatte, ein „Scheißblatt“.
		    		
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Die offen rechtsextreme FPÖ hat einmal mehr die Gelegenheit beim Schopf gegriffen, um ihre hässliche Nazi-Fratze zu offenbaren!
Bislang scheint die ÖVP dies wohl aus purer Machtgeilheit mitzutragen, was seit der Ära Schüssel ebenfalls nicht verwunderlich ist.
Allerdings ist es noch nicht zu spät, wenn auch bereits 5 nach zwölf, die Verkickelung Österreichs zu stoppen. Die ehrlichen Mitglieder der ÖVP, denen die Menschenrechte wichtig sind, sind jetzt gefordert eine radikale Kehrtwende innerhalb ihrer Partei zu erzwingen.