Gut fünf Wochen vor der Bundestagswahl am 23. Februar kommt das Statistische Bundesamt mit einer Hiobsbotschaft für die Parteien: Die deutsche Wirtschaft ist 2024 erneut in die Rezession gerutscht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ging im Vergleich zum Vorjahr um 0,2 Prozent zurück, teilte das Bundesamt auf der Grundlage vorläufiger Daten mit. Damit schrumpfte die Wirtschaft schon das zweite Jahr in Folge.
Denn bereits 2023 war das Bruttoinlandsprodukt um 0,3 Prozent gemessen am Vorjahr zurückgegangen. Doch schlimmer noch: Schon seit 2019 gebe es praktisch kein Wirtschaftswachstum, so die Statistiker. Deutschland habe sich von der Weltwirtschaft abgekoppelt, während andere EU-Länder und vor allem die USA sowie China davoneilten.
Damit rückt das Thema Wirtschaft im Wahlkampf an eine zentrale Stelle. Denn ohne die Rückkehr zu wieder mehr Wirtschaftswachstum wird Deutschland seine Zukunftsaufgaben nicht meistern können und wird auch der Sozialstaat immer schwerer zu finanzieren sein. Und ins neue Jahr geht Deutschland ohne Rückenwind – im Gegenteil. Auch im vierten Quartal 2024 ist Europas größte Volkswirtschaft nach der ersten Schätzung der Statistiker um 0,1 Prozent zum Vorquartal geschrumpft. Ein deutlicher Aufschwung ist damit nicht in Sicht.
Der Staat hat im vergangenen Jahr erneut mehr Geld ausgegeben, als er eingenommen hat, so die Wiesbadener Statistiker am Mittwoch. Nach ihren vorläufigen Daten belief sich das Defizit von Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung auf 113 Milliarden Euro, nach 107,5 Milliarden Euro im Vorjahr. Damit hielt Deutschland abermals die europäische Verschuldungsregel ein. Bezogen auf die gesamte Wirtschaftsleistung betrug das Defizit 2,6 Prozent, exakt die Quote aus dem Jahr 2023.
Industrie schwächelt besonders
2024 sei auch der Konsum der privaten Haushalte nicht in Schwung gekommen, erklärten die Statistiker. Die privaten Konsumausgaben stiegen preisbereinigt um nur 0,3 Prozent, während die Staatsausgaben deutlich zulegten. Viele Menschen sparten angesichts deutlich höherer Preise und Sorgen um ihren Job – obwohl die Reallöhne gestiegen sind und die Verbraucher damit mehr Geld in der Tasche haben. Die Inflationswelle nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist immerhin abgeebbt: Im vergangenen Jahr sank die Teuerungsrate in Deutschland im Schnitt auf 2,2 Prozent, nach 5,9 Prozent 2023, so das Statistische Bundesamt.
Im vergangenen Jahr habe sich besonders die Schwäche der Industrie ausgewirkt. Hier schrumpfte die Bruttowertschöpfung gegenüber dem Vorjahr deutlich um 3,0 Prozent. Wichtige Branchen wie der Maschinen- oder Autobau produzierten deutlich weniger, in der energieintensiven Chemie und Metallindustrie blieb die Fertigung auf niedrigem Niveau. Die Investitionen in Ausrüstungen wie Maschinen, Geräte und Fahrzeuge sanken kräftig um 5,5 Prozent. Das Baugewerbe litt unter der Krise im Wohnungsbau.
Die Exporte von Waren und Dienstleistungen schrumpften um 0,8 Prozent, wie es hieß. Grund waren unter anderem geringere Ausfuhren von Maschinen und Autos. Allerdings stieg die Erwerbstätigenzahl 2024 auf ein neues Rekordhoch von 46,1 Millionen, einer der wenigen Lichtblicke in den neuen Daten, wenngleich die Arbeitsproduktivität stagnierte.
Ökonomen zeichnen düsteres Bild
Die Aussichten für 2025 sind wenig verheißungsvoll. Sollte der designierte US-Präsident Donald Trump wie angekündigt hohe Zölle auf Einfuhren aus Europa erheben, würde das die Exportnation Deutschland besonders schwer treffen. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte 2025 weiter steigen – vor allem, weil in der Industrie weiter Jobs verloren gehen.
Ökonomen zeichneten ein düsteres Bild. „Schaut man auf die letzten 60 Jahre zurück, ist Deutschland auf dem Weg, in diesem Jahrzehnt so langsam wie nie zuvor zu wachsen“, sagte der Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia. Sebastian Dullien vom gewerkschaftseigenen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung sagte: „Eine rückläufige Investitions- und Exportnachfrage bremsen die Wirtschaft aus und der Privatkonsum kann den Rückgang nicht ausgleichen.“
Wirtschaftsverbände machten auch die gescheiterte Ampel-Regierung für die Schwäche verantwortlich. „Die zerstrittene Ampelregierung hat mit falschen Rezepten mal einer Branche helfen wollen, mal einzelnen Unternehmen – zu einer Politik für alle Unternehmen kam es kaum“, sagte die Präsidentin der Familienunternehmer, Marie-Christine Ostermann. Arbeitgeberchef Rainer Dulger beklagte am Dienstagabend vor Journalisten, die Programme der Parteien im Wahlkampf seien mutlos. Es sei sogar „selbstmörderisch“, dass manche Parteien das Sozialsystem gar nicht reformieren wollten. Die größten Chancen für eine Wirtschaftswende brächte ein schwarz-gelbes Bündnis, sagte Dulger.
		    		
                    De Maart
                
                              
                          
                          
                          
                          
                          
                          
Die Grünen sind bald weg.