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Luxemburg Künstler Arthur Unger stirbt mit 92 Jahren

Luxemburg  / Künstler Arthur Unger stirbt mit 92 Jahren
Arthur Unger: „Die Kunst ist meine Leidenschaft. Ich brauchte sie nie zum Brotberuf zu machen.“ Foto: Editpress-Archiv/François Besch

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Der Luxemburger Künstler Arthur Unger ist am Sonntag gestorben. Das meldet Paperjam. Unger wurde 92 Jahre alt. Der vielfältige Künstler hat sich in seinen Werken mit Fragen der afrikanischen Mystik über die Komponenten der Materie bis hin zur menschlichen Existenz und zur pyrochemischen Bildgestaltung befasst. 

Lesen Sie zum Tod Arthur Ungers ein Porträt aus dem Tageblatt-Archiv aus dem Jahr 2012


Arthur Unger und das Spiel mit dem Feuer

Die afrikanischen Abenteuer seines „Pätters“, den es schon vor 100 Jahren nach Senegal verschlagen hatte, haben Arthur Unger von Kind auf begeistert. Stundenlang konnte er den Großvater über Menschen, Tiere und Natur und über seine Arbeit in der Fremdenlegion erzählen hören. „Es gab damals hierzulande nicht viel Arbeit“, sagt der Künstler fast entschuldigend und meint: „De Pätter war mäin Idol“.

Kein Wunder, dass der junge Luxemburger in den Nachkriegsjahren des Zweiten Weltkrieges den gleichen Weg einschlug. Wie viele Luxemburger ging er 1956 im Auftrag der belgischen Regierung als „Agent territorial“ in den Kongo, wo er im Katanga, dem „pays du cuivre“, arbeitete.

Ebenfalls von Kindesbeinen an hat Arthur Unger gemalt. Sein erstes Modell war selbstverständlich der „Pätter“, den er in allen Lebenslagen abbildete. In Afrika hat er in den ersten Jahren nicht zum Pinsel gegriffen. „Es gab kein Papier“, sagt er nüchtern. Deshalb hat er in den ersten zweieinhalb Jahren im Busch die Lunda- und Baluba-Stämme erst einmal beobachtet. Er war fasziniert von der Kultur und der Vielfalt ihrer Ausdrucksmöglichkeiten. Sehr schnell begann er, Statuetten und Masken zu kaufen. Sie machen heute noch aus seinem Wohnzimmer in Merl eine farbenfrohe Ali-Baba-Höhle. „Es war nicht immer einfach, die Stücke zu bekommen. Sie sind ein Teil der afrikanischen Religion und waren deshalb nicht käuflich.“

Künstlerisch reich beladen

„Unbewusst habe ich diese Eindrücke in mir aufgenommen. Sie mussten eines Tages heraus.“ Deshalb war 1960 nach der Rückkehr aus dem Kongo ein neues Abenteuer fällig. Das fand Unger in der Kunst, der er immer schon zugetan war, sowie im Kupfer, das er aus dem Kongo mitgebracht hatte. Die Freundschaft mit einem Chemiker brachte die Erfahrung über den Umgang mit der gewalzten Kupferfolie und deren Reaktion auf Farben und Feuer. „Ich habe lange herumprobiert.“ „Pyrochemiogramme“ nennt Unger die Kunstform, die heute sein Markenzeichen ist.

Beruflich hatte der Luxemburger nach dem Ende seines Afrika-Abenteuers das Glück, bei einer internationalen Organisation unterzukommen. „Die Kunst ist meine Leidenschaft. Ich brauchte sie nie zum Brotberuf zu machen.“ Seine sechs Lehrjahre in Paris nutzte er für ausgiebige Besuche in den Museen, die ihm erlaubten, seine Maltechnik in Tusche und Wasserfarben auszufeilen.

Dabei hat er sich auch mit Tuschmalerei auf Kupfer versucht. „Yin und Yan. Wasser und Feuer“, schwärmt er mit einem philosophischen Ausflug in den Taoismus (chinesische Weisheitstheorie) und der Schlussfolgerung „So habe ich mich gefunden.“

Das ging nicht ohne Lehrmeister. Unger nennt den Pariser Künstler Michel Tapié, der ihn in die Geheimnisse des Taoismus einführte, der ihn aber auch durch seinen eigenen Umgang mit den Materien faszinierte. Inspiriert haben ihn auch Henri Michaux mit seinen Tuschzeichnungen und der Kunsthistoriker Ante Glibota, der ihn seit über 30 Jahren begleitet. Glibota war auch der Kurator der Ausstellung in der Abtei Neumünster, für die er letztes Jahr über 250 Werke des Luxemburgers zusammentrug.

Kraftvolle Ausdrucksweise

Die Tuschzeichnungen und Aquarelle entstehen im Arbeitszimmer, inmitten der afrikanischen Statuen. Für die Arbeit an den Kupferfolien jedoch muss Unger auf sein Atelier ausweichen.

Der Weg ist nicht weit. Er führt in Nachbars Garten, wo Unger das idyllisch am „Märeler Baach“ gelegene ehemalige Gewächshaus angemietet hat. Hier arbeitet er. Hier entsteht seine Feuerkunst. Die kleinen Bilder werden auf dem riesigen Arbeitstisch, der ein gutes Viertel des achteckigen Gebäudes einnimmt, „gebrannt“. Die großen Werke werden auf der Wiese vor dem Haus bearbeitet. Ungers Kunst bedeutet richtig harte körperliche Arbeit, verbunden mit einer profunden Kenntnis der pyrochemischen Prozesse. „Hier kann ich mich abreagieren, meine Probleme und Gefühle zur Explosion bringen“.

Die Zeit der Ruhe und der Weisheit ist auch mit 80 Jahren noch nicht gekommen. Persönliche Schwierigkeiten führen nach wie vor zu intensiven Arbeitsphasen, in denen die Farbe in Ungers Werken regelrecht explodiert.

In ruhigeren Zeiten entstehen Spielereien wie der riesige Fächer an der Wand des Ateliers oder die mit einer Kupferfolie versehene antike Schreibmaschine.

Afrikanische Anbindung

Die Bindung mit Afrika ist nie abgebrochen. Mehr als 20-mal hat Unger nach seiner Kongo-Zeit die verschiedensten afrikanischen Länder bereist. Dabei entstanden viele kostbare Freundschaften, die mitunter zu farbenfrohen, intensiven Gegenbesuchen führten. „Wir haben vor dem Atelier viel und intensiv gefeiert“, lacht der Künstler. Ein weiteres Abenteuer waren die drei Wochen, die Unger als Gastkünstler 2004 in Schanghai verbrachte und wo seine Werke im Liu-Haisu-Museum gezeigt wurden.

Beim einmaligen Abenteuer sollte es nicht bleiben. Schon zwei Jahre später ging es nach Peking ins Millennium-Museum. Arthur Unger hat auch schon in Brüssel und Paris ausgestellt, war in Trier oder Metz und natürlich in seiner Zweitheimat Mandelieu an der Côte d’Azur zu Gast.

(Von Claude Wolf, veröffentlicht am 11. Juli 2012)