Freitag7. November 2025

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MagdeburgMindestens fünf Tote bei Anschlag auf Weihnachtsmarkt – Mutmaßlicher Täter nutzte Rettungsweg 

Magdeburg / Mindestens fünf Tote bei Anschlag auf Weihnachtsmarkt – Mutmaßlicher Täter nutzte Rettungsweg 
Ein Polizist untersucht den Tatort auf dem Weihnachtsmarkt Foto: Heiko Rebsch/dpa

Ein Auto rast über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg und fährt zahlreiche Menschen um. Nach neuen Informationen gab es mehr Tote und Schwerverletzte als zunächst bekannt.

Bei der Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg soll der mutmaßliche Täter über den Flucht- und Rettungsweg auf den zentralen Platz gelangt sein. Die Fahrt habe rund drei Minuten bis zur Festnahme gedauert, sagte Tom-Oliver Langhans, Direktor der Polizeiinspektion Magdeburg.

Die Zahl der Toten ist auf fünf gestiegen. „Wir haben fünf Menschenleben zu beklagen und über 200 Verletzte, davon viele schwerst und schwer verletzt“, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Nach Informationen aus Sicherheitskreisen wurden zudem 41 Menschen schwerst verletzt. Zuvor war von zwei Toten die Rede, darunter ein Kleinkind. Die Polizei äußerte sich zunächst auf Anfrage nicht. Am Vorabend war zunächst die Rede von mehr als 60 Verletzten gewesen.

Ein Auto war am frühen Freitagabend auf einem Weihnachtsmarkt in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt in die Menschengruppe gerast. Ministerpräsident Reiner Haseloff sprach von einem „menschenverachtenden Anschlag“ und zeigte sich „tief entsetzt“. Die Polizei äußerte sich am Samstagvormittag zunächst zurückhaltend zu der Frage, ob sie die Tat als Anschlag wertet. Man sei noch in der Klärung, hieß es.

Die Motive des festgenommenen Tatverdächtigen für den mutmaßlichen Anschlag sind noch unklar. „Wir kennen noch keine Hintergründe zur Tat, wir ziehen alles in Betracht“, sagte eine Sprecherin der Polizei. Momentan gehen die Ermittlungsbehörden laut Polizei von einem Einzeltäter aus. Der 50-Jährige aus Saudi-Arabien war am Tatort von Einsatzkräften gestellt und festgenommen worden. Der Verdächtige sei Arzt, lebe und arbeite in Bernburg, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Nach bisherigen Erkenntnissen sei er den Behörden nicht als Islamist bekannt. Der Täter raste laut Haseloff mit einem Leihwagen in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt.

Oberbürgermeisterin unter Tränen

Am Abend ist eine Gedenkfeier für die Opfer im Magdeburger Dom geplant. Man wolle Betroffenen, Angehörigen und allen anderen Bürgern eine Möglichkeit zum Trauern geben, sagte Oberbürgermeisterin Simone Borris unter Tränen vor Journalisten. „Wir werden eine lange Zeit zum Trauern brauchen“, sagte sie sichtlich fassungslos. „Wir werden das alles umfassend aufarbeiten.“ Stadtsprecher Michael Reif sagte, es sei „ein Anschlag“ gewesen.

Die Stadt Magdeburg lässt in den kommenden Tagen alle Kultureinrichtungen geschlossen – darunter Theater, Puppentheater und andere Spielstätten.

Haseloff: Kanzler wird Lage bewerten

Bundesinnenministerin Faeser teilte mit, sie werde am Samstag gemeinsam mit Bundeskanzler Scholz nach Magdeburg kommen, „um unser tiefes Mitgefühl auszudrücken und den Einsatzkräften zu danken.“ Haseloff sagte am Abend: „Der Kanzler wird morgen vorbeischauen und hier mit uns die Lage bewerten und auch sicherlich mit uns gemeinsam nicht nur trauern, sondern auch entsprechend Maßnahmen besprechen, die notwendig sind.“

Die Bundesinnenministerin hatte zuletzt wiederholt zu Wachsamkeit bei Weihnachtsmarktbesuchen aufgerufen. Konkrete Gefährdungshinweise gebe es aktuell nicht, sagte die SPD-Politikerin Ende November.

Bundeskanzler Scholz schrieb auf der Plattform X: „Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Wir stehen an ihrer Seite und an der Seite der Magdeburgerinnen und Magdeburger. Mein Dank gilt den engagierten Rettungskräften in diesen bangen Stunden.“

Nato-Generalsekretär Mark Rutte kontaktierte nach eigenen Worten Bundeskanzler Scholz und drückte ihm sein Mitgefühl aus. „Meine Gedanken sind bei den Opfern und deren Familien“, schrieb Rutte auf der Plattform X. „Die Nato steht an der Seite Deutschlands.“

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verurteilte die Attacke. „Meine Gedanken sind heute bei den Opfern der brutalen und feigen Tat in Magdeburg“, schrieb sie auf der Plattform X. Ihr Beileid gelte den Angehörigen und Freunden, ihr Dank der Polizei und den Rettungskräften. „Diese Gewalttat muss aufgeklärt und hart geahndet werden.“

100 Feuerwehrkräfte im Einsatz

Sirenen überall, Blaulicht, Feuerwehr: Eine dpa-Reporterin berichtete kurz nach der Tat, es wimmele auf dem Weihnachtsmarkt von Rettungswagen und Sanitätern. An einer großen Weihnachtspyramide wurden demnach Verletzte versorgt. Mehrere verletzte Menschen wurden weggetragen. Ein Sprecher des Universitätsklinikums sagte der Deutschen Presse-Agentur, die ersten 10 bis 20 Patienten würden aktuell versorgt – man stelle sich jedoch auf deutlich mehr Verletzte ein. „Intensivbetten stehen bereit.“

Video soll Festnahme des Verdächtigen zeigen

Ein Handyvideo soll die Festnahme des Verdächtigen zeigen. In dem Clip ist zu sehen, wie ein Polizist seine Waffe auf den Verdächtigen richtet und ihm zuruft, sich hinzulegen: „Die Hände auf den Rücken!“ und „Bleib liegen!“ Der Mann legt sich neben einem schwarzen – sichtbar beschädigten – Auto auf den Boden und befolgt die Anweisungen. Schließlich kommt Verstärkung, mehrere Polizisten springen aus dem Einsatzwagen und umkreisen den am Boden liegenden Verdächtigen. Der Polizist weist seine Kollegen an, „nicht so nah ran“ zu gehen.

Rund acht Jahre nach Berliner Weihnachtsmarktanschlag

Fast auf den Tag genau vor acht Jahren, am 19. Dezember 2016, war in Berlin ein islamistischer Terrorist mit einem entführten Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gerast. Dabei wurden 12 Menschen getötet, das 13. Opfer starb 2021 an den Folgen. Mehr als 70 Menschen wurden verletzt. Der Attentäter floh nach Italien, wo er von der Polizei erschossen wurde.

Auch in anderen Städten mit Weihnachtsmärkten ist die Polizei nun besonders achtsam. In Stuttgart sagte ein Polizeisprecher, die Polizeikräfte seien vor Ort sensibilisiert worden. In Berlin sagte ein Sprecher, man habe die Beamten aufgerufen, ein erhöhtes Augenmerk auf Weihnachtsmärkte zu richten.


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