Über die Person Tobias Stadtfeld
Tobias Stadtfeld ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin sowie für Sportmedizin. In Wormeldingen hat der in Trier lebende Arzt eine niedergelassene Praxis. Er fungiert in einer Doppelspitze als Präsident der Gesellschaft für pädiatrische Sportmedizin. Die Gesellschaft vereint u.a. Kinderärzte, Sportmediziner, Orthopäden, Physiotherapeuten oder Trainer aus den deutschsprachigen Ländern Deutschland, Schweiz, Österreich und aus Luxemburg. Stadtfeld ist derjenige, der die Jahrestagung 2025 der Gesellschaft für Pädiatrische Sportmedizin nach Luxemburg geholt hat, und ist damit auch Tagungspräsident. Die Veranstaltung findet jährlich statt und feiert in Luxemburg zum 25-jährigen Jubiläum seine Premiere.
Was man von der Jahrestagung erwarten kann
Im Überblick
Die Preise für die Tagung:
Mitglieder GPS, GOTS und SLMS:
3 Tage 170 €
2 Tage 150 €
Nur Freitag oder Sonntag 60 €
Nur Samstag 90 €
Nichtmitglieder:
3 Tage 200 €
2 Tage 170 €
Nur Freitag oder Sonntag 70 €
Nur Samstag 100 €
Studenten, Physio-/Kinesiotherapeuten, Sportwissenschaftler:
3 Tage 80 €
2 Tage 70 €
Nur Freitag oder Sonntag 30 €
Nur Samstag 40 €
Anmeldungen werden über www.kindersportmedizin.org angenommen. Über diese Webseite kann auch der genaue Programmablauf eingesehen werden.
Über drei Tage findet die Jahrestagung 2025 der Gesellschaft für Pädiatrische Sportmedizin im Mudam – („Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean“) statt. Vom 14. bis zum 16. März 2025 referieren verschiedene Ärzte, Professoren oder Präsidenten über verschiedene Themen. So sind die drei Tage in vier große Blöcke eingeteilt: Tag 1 beschäftigt sich mit dem Thema Safeguarding (Schutz vor körperlicher und seelischer Gewalt) im Kinder- und Jugendsport sowie im Leistungssport, bei dem auch ALAD-Präsident Loïc Hoscheit einen Beitrag zusammenstellen wird. Am Samstag und Sonntagmorgen wird Block 2 durchgeführt, ein praktischer Teil, den verschiedene Physiotherapeuten anbieten. Samstagvormittag startet außerdem ein Block, der sich mit Kindersportorthopädie/ Sporttraumatologie und Prävention befasst. Der letzte Block am Sonntag handelt vom Leistungssport bei Kindern und Jugendlichen sowie von der Trainingswissenschaft.
„Ich erhoffe mir kontroverse Diskussionen. Das bedeutet, dass wir alle unsere Meinung haben. Es bringt nichts, wenn dir vorne jemand etwas erzählt und alle zustimmen“, sagt Stadtfeld. „Ich hoffe, dass die Meinungen offen ausgetauscht werden. Außerdem erhoffe ich mir viel Netzwerkarbeit. Im Zweifelsfall kann ein Arzt, der einen Fall hat, der über seine Expertise hinaus geht, an einen anderen Experten verweisen.“ Alle betroffenen luxemburgische Verbände haben eine Einladung zu der Tagung bekommen. Stadtfeld rechnet mit 100 bis 120 Teilnehmern. Doch die Tagung ist nicht nur für Ärzte oder Verbände, sondern kann auch von Privatpersonen wahrgenommen werden.
Zeit der Bewegungsarmut ist die Schulzeit
National wie auch international ist ein Trend zu verzeichnen: In den letzten Jahren werden immer mehr Kinder übergewichtig. „Kinder haben immer weniger Zeit, befreit zu spielen, weil ihre Tagesabläufe sehr durchgetaktet sind. Das Schulsystem ist sehr starr.“ Stadtfeld bezieht sich dabei auf Studien, die belegen, dass die Schulzeit die Zeit der Bewegungsarmut bei Kindern ist. „Das Schulsystem muss erkennen, dass die Leistungen der Kinder auch in anderen Schulfächern nicht schlechter werden, wenn mehr Sport integriert wird – im Gegenteil, sie werden sogar besser. Viele Studien zeigen, dass Noten in anderen Fächern besser werden, wenn es eine tägliche Sportstunde gibt. Wir müssen vielleicht mehr weg vom Begriff „Sport“. Vielmehr geht es um Bewegung. Es gibt bewegtes Lernen, das hat auch mehr positive Auswirkungen auf die Kognition. Bewegung ist eins der Kinderrechte und von hoher Bedetung für die Entwicklung.“
Verbesserungsansätze für das „Médico-sportif“
Was zum luxemburgischen System dazu gehört, ist das „Médico-sportif“. Dies bedeutet: „Die sportmedizinische Untersuchung ist für alle Sportler, die eine Wettkampflizenz eines Sportverbandes oder eines Sportvereins erhalten oder verlängern wollen, obligatorisch; bestimmte Sportarten sind von der Untersuchung ausgenommen. Das Ziel dieser Untersuchung ist es, den Zugang zu sportlichen Wettkämpfen zu ermöglichen, eine medizinische Überwachung der Sporttreibenden zu gewährleisten und diese so zu einer für sie geeigneten sportlichen Aktivität zu führen.“ So steht es im Informationsportal der Regierung guichet.lu. „Das bedeutet, dass Kinder mit Übergewicht nicht bewilligt bekommen, Sport zu treiben“, vereinfacht Stadtfeld. „Wir haben Kinder, die wollen mit ihren Freunden im Verein Sport treiben. Und bekommen dann vom Arzt gesagt: Nein, du darfst nicht – du bist zu dick.“ Der Hintergedanke ist dabei die erhöhte Verletzungsgefahr. Eine Gefahr, die laut Stadtfeld berechtigt ist, doch für ihn kein Grund, keine Lizenz auszustellen. „Keine Lizenz deswegen herauszugeben, ist kontraproduktiv. Das macht auch emotional etwas mit den Kindern. Das wäre einer meiner Wünsche, dass wir dieses System ändern können. Vielen Eltern ist es vorab nicht bewusst, dass ihr Kind nicht die Genehmigung erteilt bekommt, Sport im Verein machen zu dürfen.“ Ein Verbesserungsansatz laut Stadtfeld ist, kinderspezifische Untersuchungen anzubieten oder letztendlich auch mehr Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin ins „Médico-sportif“ einzubinden, die dieses Tests auch in ihren Praxen und nicht nur in den centres médico-sportifs durchführen können.
Die Wichtigkeit des „freien Spiels“
Der organisierte Sport nimmt immer mehr zu. Was zum einen ein positiver Aspekt ist, da immer mehr Kinder und Jugendliche in Vereinen Sport treiben. Ein negativer Nebeneffekt ist dabei, dass das „freie Spiel“ abnimmt. „Das Schulsystem in Luxemburg ist ein Ganztagskonzept. Entweder sie haben den ganzen Tag Schule oder gehen nach dem Unterricht in die „Maison relais“. Wenn dann gutes Wetter herrscht und die Betreuer motiviert sind, ist es möglich, freies Spiel zu haben. Wenn wir aber mal schauen: Das Spielen im Wald oder auf der Straße wird immer weniger. Das ist ein gesellschaftlicher und infrastruktureller Wandel: Viele Plätze sind bebaut, dann geht es auch um die Straßen- oder Verkehrssituation.“ Das freie Spiel ist für Kinder und Jugendliche dabei von hoher Bedeutung. Im organisierten Sport wird bereits zu spezifisch gearbeitet. Bedeutet: Fußballer spielen Fußball, Radsportler fahren Rad. „Das freie Spiel hat einen chaotischen Charakter, der sich sehr gut auf die Persönlichkeits- und Sportentwicklung auswirkt. Kinder betreiben Krafttraining, wenn sie sich irgendwo hochhangeln, die Kondition trainieren sie bei Wettläufen mit Freunden und die Koordination wird trainiert, wenn sie irgendwo balancieren. Das hat man im organisierten Sport weniger.
Die Frage nach dem Energieverbrauch
Für einige Kinder und Jugendliche besteht schon morgens kaum mehr Zeit für ein ausgewogenes Frühstück. „Es wird entweder schnell noch irgendwo was gekauft oder es gibt dann in der Kantine erst was. Dann haben sie einen stressigen Schultag und es geht direkt zum Training. Engagierte Kinder haben dann mal gut vier Stunden Training am Tag. Danach machen sie ihre Hausaufgaben und das wars“, sagt Stadtfeld. Viele Kinder haben laut dem Arzt dabei Probleme, genug Energie aufzunehmen – gerade in der Entwicklungsphase ist das ein schwerwiegendes Problem. „Oft kommen Kinder zu mir und sind abgeschlagen, müde oder haben vermehrte Infekte. Bei Erwachsenen würde man dann von „Burnout“ sprechen. Bei Kindern ist es einfach oft ein Defizit in der Ernährungsaufnahme. Viele quälen sich trotzdem zum Training. Weil sie einen Leistungsdruck durch sich selbst, aber vielleicht auch von Eltern oder Trainern verspüren.“ Laut Stadtfeld sei vielen Eltern die Wichtigkeit des Themas Ernährung bewusst – vielen ist aber nicht der hohe Verbrauch ihrer Kinder klar. „Grad im Jugendalter besteht die Gefahr, dass aus diesem Defizit eine vermehrte Verletzungs- und Infektanfälligkeit entsteht. Außerdem erhöht es die Dropout-Rate.“ Wichtig ist dafür, dass Eltern auch mit ihrem Kinderarzt absprechen, wann Kinder sinnvoll, selbst wenn es nur in kurzen Pausen ist, genug Ernährung zu sich nehmen.
De Maart
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