Donnerstag25. Dezember 2025

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Serie Para-Sportler im FokusKatrin Kohl: Auf der Suche nach neuen Erfahrungen

Serie Para-Sportler im Fokus / Katrin Kohl: Auf der Suche nach neuen Erfahrungen
Katrin Kohl mit dem Team BOW24 bei der Streckenerkundung des Silvesterlaufs  Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Das paralympische Jahr 2024 war für Katrin Kohl eine große Achterbahnfahrt der Gefühle. Die junge Para-Sportlerin blickt zurück auf ein aufregendes Sportjahr und gibt Einblicke in ihre Zukunftspläne.

Ohne Zweifel war die Premiere im Pariser Stade de France bei den Paralympics das Highlight für Katrin Kohl. Und dies, obwohl es sportlich nicht wie erhofft und erwünscht gelaufen war. Mit einer Zeit von 20,39 Sekunden blieb die Sportlerin aus Diekirch hinter ihren eigenen Erwartungen zurück und wurde 13. unter 13 Teilnehmerinnen über die 100-Meter-Sprintstrecke in der Klasse T54. Dennoch nahm die Rennrollstuhlfahrerin, die schon vorher einige internationale Wettbewerbe bestritten hatte, viel Positives mit aus Paris. „Leistungstechnisch bin ich gar nicht zufrieden, denn ich weiß, dass ich es besser kann. Im Training erreiche ich auch bessere Zeiten. Aber ich bin extrem dankbar für all die Erfahrungen und all die Unterstützung, die ich von so vielen Leuten bekommen habe. Erfreulich war zu sehen, wie der Para-Sport gelebt und gefeiert wurde. Das nehme ich für mich mit, denn die Paralympics sind eben nicht mit einem Grand Prix vergleichbar.“

Kohl wird besonders die Stimmung, mit 60.000 Zuschauern bei ihrer Morgen-Session, im fast ausverkauften Stadion in besonderer Erinnerung behalten. Aber auch das hautnahe Miterleben von Tom Habscheids Erfolg gibt ihr die Kraft, weiter in ihrem Sport aktiv zu bleiben. „Ich bin dankbar, die Erfahrung Paris während zwölf Tagen zusammen mit Tom erlebt zu haben. Für all die kleinen Tipps, die er mir mitgeben konnte, aber allgemein seine Freude, seinen Stolz und seine Gefühle miterleben zu können. Tom ist ein gutes Beispiel dafür, dass vieles machbar ist, wenn man an sich glaubt und alles dafür gibt.“

Dabei stand Katrin Kohls Teilnahme an den Paralympischen Spielen einige Zeit auf der Kippe. Trotz eines guten Starts in die Saison, mit drei neuen Bestzeiten beim Weltcup in Dubai, blieben die Resultate hinter ihren eigenen Erwartungen zurück. Anstatt näher an die geforderte Qualifikationsnorm von 18,25 Sekunden zu kommen, standen fast nur Zwanziger-Zeiten zu Buche. „Ich habe meine Technik einfach nicht umgesetzt bekommen, sodass meine Rennen grottenschlecht waren. Nach dem Weltcup in Paris im Juni, wo ich mich gar hinter einer Teilnehmerin, die ihren ersten internationalen Wettbewerb bestritt, klassierte, war ich total am Boden zerstört. Zu dem Zeitpunkt habe ich mir ganz viele Fragen gestellt, ob es überhaupt einen Sinn macht, so viel Energie und Zeit zu investieren. Obwohl ich wusste, dass das LPC für mich eine Wildcard beantragt hatte, habe ich konkret ans Aufhören gedacht. So wollte ich mich nicht beim größten Sportevent präsentieren.“

Nur mit Hilfe eines Sportpsychologen konnte sie den logischen Frust abbauen und neue Motivation schöpfen für die Teilnahme an den Paralympics. Nach der sportlichen Enttäuschung in Paris, wo Kohls Ziel, noch im Fernsehbild bei ihrem Zieleinlauf zu erscheinen, misslang, war klar, dass sie eine längere Auszeit brauchen würde, ehe die Entscheidung über ihre sportliche Zukunft fallen würde.

Kurzfristige Ziele

Katrin Kohl nahm im Sommer an den Paralympischen Spielen teil
Katrin Kohl nahm im Sommer an den Paralympischen Spielen teil Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Abstand vom Sportgeschehen war nach einer langer Saison, die von Januar bis September dauerte, von Nöten. Privates und Reisen standen somit eher im Mittelpunkt. Mittlerweile steht aber auch wieder sportliches Planen auf der Tagesordnung. Nach den Spielen ist bekanntlich vor den Spielen, aber Katrin Kohl schielt noch keineswegs in Richtung der nächsten Paralympics. „LA2028 ist in drei Jahren. Ich mag jedoch lieber kurzfristige Ziele.“ Da momentan eine Handverletzung die Para-Sportlerin plagt, denkt sie eher an einen Wiedereinstieg in den Wettkampfmodus für Ende Mai des kommenden Jahres beim Grand Prix im schweizerischen Notwill.

„Dies könnte eine erste Option sein, ebenso wie der erste Frauen-Grand-Prix im Juli in Osteuropa. Wegen Corona finden zum dritten Jahr in Folge auch 2025 Weltmeisterschaften statt.“ Die Paralympics-Teilnehmerin liebt es auch, bei speziellen Events mitzumachen, ohne jedoch den sportlichen Anspruch an sich selbst aufzugeben. Im vergangenen Mai war sie beim ersten Inklusionsschwimmen im Stausee mit dabei. „Es war eine schöne Erfahrung und ich bin eine Runde von 950 Metern geschwommen. Ich brauche manchmal etwas Verrücktes. Es war schon cool, dies in einem Team zu bewältigen.“

Über die Kontakte zu Guy Bertemes, dem Initiator von BOW24 (siehe Kasten), wuchs der Gedanke, eine weitere inklusive Challenge anzugehen. Die Idee der Beteiligung am Silvesterlauf in Rambrouch am Jahresende machte die Runde und so trafen sich die passionierten Läufer des LAWW (Lafen am Wëlle Westen) mit den Verantwortlichen von BOW24 und Katrin Kohl an einem nebligen Samstagmorgen Ende November zur Erkundung der Strecke des angestrebten Silvesterlaufs. Wegen der Probleme mit ihrem Handgelenk nahm Kohl an dieser Trainingseinheit nur mit ihrem Elektroroller teil. Allerdings wurde schnell deutlich, dass der schwierige Kurs der Rollstuhlfahrerin keineswegs entgegenkam. „Die Strecke ist nicht machbar mit dem Rollstuhl. Ich werde kein Rennen bestreiten, um beim Anstieg hochgeschoben zu werden oder mit dem Elektrorollstuhl teilzunehmen. Das würde meiner Meinung nach ein falsches Bild von Inklusion widerspiegeln. Ich stelle mir also die Frage, was mir das bringt. Das Training war schon hilfreich, jetzt muss man nur das passende Rennen finden.“

Aufgeschoben ist demnach noch nicht aufgehoben, mögliche Rennen in Diekirch und Grevenmacher im Frühjahr wurden schon ins Auge gefasst. Aber die Entscheidung, ob und wo, liegt bei der Athletin selbst. „Ich will mich nicht zu 100 Prozent festlegen. Alles hängt von meiner Saisonplanung ab. Auch bleibt abzuwarten, was mit meinem Handgelenk los ist und was da noch auf mich zukommt.“ Nichts bleibt ausgeschlossen, auch wenn Kohl bezweifelt, dass Laufen, wo der eine läuft und der andere rollt, der inklusivste Sport sein kann. Hier scheint es schwierig zu sein, einen gemeinsamen Rhythmus zu finden. Ihren Rhythmus auf der Tartanbahn wird Katrin Kohl ohne Zweifel wiederfinden und hier geht der Wettkampf gegen sich selbst und um bessere Zeiten auch 2025 weiter.

Team BOW24

Guy Bertemes nennt sich selbst in den sozialen Medien „Luxaquaman“ und umschreibt somit seine Faszination fürs Schwimmen. Den Bodensee hat der Ultra-Sportler für sich entdeckt, aber immer wieder setzt er sich mit den Elementen der Natur im Stausee auseinander. Hier versucht er, seine Grenzen zu erfahren. Aber auch der inklusive Gedanke hat es ihm angetan. Nach seiner Flüchtlingsarbeit liegt jetzt der Fokus auf der Inklusion durch den Sport. So kam es auch zur Gründung der Vereinigung Team BOW24, mit Hauptaugenmerk aufs Schwimmen. BOW stand anfangs für „Bodensee Open Water“, der Anfangsbuchstabe wird allerdings jetzt dem Gründer Bertemes angerechnet. Die Zahl 24 bedeutet das Gründungsjahr, aber auch das Ziel eines 24-Stunden-Schwimmens. Bei all den Aktionen von BOW24 lassen sich die Verantwortlichen gerne von Leuten mit Einschränkungen beraten. „Nur sie können uns sagen, was sinnvoll und machbar ist.“ Die erste Auflage des „6 Stunden Inklusionsschwimmen“ war mit 22 Teilnehmern, davon acht mit Einschränkungen, ein Erfolg, sodass eine zweite Auflage bereits geplant ist und am 8. Juni 2025 in Lultzhausen stattfindet. „Wir möchten dazu beitragen, dass auch Menschen mit Einschränkungen eine sportliche Aktivität betreiben können, die ihnen Spaß bereitet“, so Guy Bertemes. „In einem lockeren und familiären Umfeld wollen wir Sport für jedermann anbieten und schöne Augenblicke zusammen erleben.“

Serie: Para-Sportler im Fokus

Im April hat das Tageblatt eine monatliche Serie um den Para-Sport gestartet. Anlass waren das 50-jährige Bestehen des LPC sowie die Paralympics in Paris. Auch nach dem größten Para-Sport-Event bieten wir hier weiter Platz für Sportler und Vereine aus diesem besonderen Sportbereich. Zum Jahresschluss blick das Tageblatt mit der Rennrollstuhlfahrerin Katrin Kohl auf ein emotionales Jahr 2024 zurück. In den vorherigen Ausgaben kamen der sehbehinderte Judoka Roberto Lomba (18. April), die Tischtennisspieler Philippe Hein und Matteo Scuto (16. Mai), der Leichtathlet Massimo Saputo (20. Juni), der Fahrradfahrer Amsal Redzepovic (17. Juli) sowie Philippe Faber und Raymond Schintgen von den Lux Rollers (17. Oktober) zu Wort.