Auf die Initiative der Grünen-Abgeordneten Djuna Bernard greift das Parlament das Thema erneut auf. Laut Bernard werde die Zuständigkeit für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Smartphone in der Schule auf die einzelnen Lycées abgeschoben. Dies führe möglicherweise zu einem Wettbewerb zwischen den Schulen darüber, wer die strengsten oder liberalsten Regeln habe. „Das wäre ein weiteres Element der Zersplitterung in unserem Schulsystem“, so Bernard. „Wir sind der Meinung, dass die politische Verantwortung der Regierung gewesen wäre, die Lycées in der ersten Phase nicht alleine zu lassen.“ Die Grünen vermissen ein klares Konzept, an dem sich die Schulen orientieren können. Problematisch sei zudem die fehlende Rechtssicherheit, beispielsweise bei der Beschlagnahmung von Handys.
Das Konzept von Minister Claude Meisch (DP) sieht vor, die Schulen das Thema zunächst intern lösen zu lassen. Als Grundsatz gibt das Bildungsministerium lediglich vor, dass während des Unterrichts eine „physische Distanz“ zum Handy bestehen sollte. Laut Bernard setzten die Lehrer in Luxemburg diese Idee bereits um. Für sie bringe die Regelung des Ministers keinerlei Änderung.
Dem Minister springt Parteikollegin Barbara Agostino zur Seite. Die Schulen in Luxemburg seien teilweise sehr unterschiedlich, individuelle Regelungen daher sinnvoll. Spezifischere Regeln, beispielsweise für junge Schüler oder auch ein Komplettverbot, müssen sich nach dem pädagogischen Konzept der Schule richten. „Das müssen die entscheiden, die täglich mit den Kindern arbeiten“, so Agostino. Ricardo Marques (CSV) weist auf die soziale Funktion hin, die das Smartphone heutzutage bei jungen Menschen einnehme. Wer keins habe, werde schnell ausgegrenzt, so der Abgeordnete. Zur Schaffung einer „kritischen Distanz“ seien verschiedene Maßnahmen notwendig, welche die Einbindung des nicht formellen Bildungssektors erforderten.
Kinder und Jugendliche sollen lernen, wie Algorithmen systematisch probieren, ihre Aufmerksamkeit auf bestimmte Inhalte zu lenken
Generelles Verbot unwahrscheinlich
Ein grundsätzliches Verbot von Smartphones, Tablets und Smartwatches stößt beim Großteil der Abgeordneten auf Ablehnung. Digitale Medien müssen mehr in den Lehrplan integriert werden, fordert etwa Francine Closener (LSAP). Weder das Smartphone noch soziale Medien dürfen pauschal verboten werden. Schädlich, so Closener, sei laut Experten nicht der Gebrauch an sich, sondern der „ungehinderte Zugang zum Dschungel der sozialen Medien“. In den Schulen müsse Medienkompetenz gelehrt werden. „Kinder und Jugendliche sollen lernen, wie Algorithmen systematisch probieren, ihre Aufmerksamkeit auf bestimmte Inhalte zu lenken“, sagt Closener. Auch Djuna Bernard sieht das Handy als wesentliches Element im modernen Alltag und ist gegen ein Komplettverbot für ältere Schüler.
Der Pirat Sven Clement zitiert eine Studie, nach der bereits elf Prozent der Jugendlichen ein Suchtverhalten bezüglich sozialer Medien an den Tag legten. Handys sollen an weiterführenden Schulen sinnvoll genutzt werden, ein generelles Verbot werde sowieso umgangen. Bereits heute brächten viele Schüler zwei Handys mit, um eins davon abgeben zu können. Clement weist zudem auf die Verantwortung der Eltern hin, diese sollten letztendlich über das richtige Alter entscheiden. David Wagner („déi Lénk“) wirft den Blick auf die weitestgehend unregulierten Praktiken der Social-Media-Konzerne. „Die Plattformen sind bewusst darauf ausgelegt, Sucht zu schaffen.“ Die Internetkonzerne dürften machen, was sie wollen, während sich die Politik nur mit den Folgen beschäftige. Fraktionsübergreifend wird an diesem Mittwoch der Wunsch geäußert, für mehr Medienkompetenz bei den Schülerinnen und Schülern zu sorgen.
Handyverbot in aller Munde
Im Vorfeld wurde bereits mehrfach in unterschiedlichen Formaten über das Handyverbot diskutiert. Anfang November beriet die Petitionskommission über eine Bürgerinitiative, die ein generelles Verbot auch an weiterführenden Schulen forderte (https://www.tageblatt.lu/headlines/petition-fordert-generelles-handyverbot-an-schulen-meisch-verteidigt-sein-konzept/). Der Großteil der Abgeordneten stand dem kritisch gegenüber.
Am Dienstag befragte die Abgeordnete Liz Braz (LSAP) im Rahmen einer Fragestunde zu der australischen „Social Media Minimum Age Bill“, die die Nutzung sozialer Medien unter 16 Jahren verbietet. Hier gab sich Premier Luc Frieden (CSV) offen, favorisierte jedoch eine europäische Lösung.
Die Debatte kommt am Mittwoch nicht wirklich voran. Ob der Minister denke, dass Regeln besser verstanden und respektiert werden, wenn es überall andere gibt, fragt Djuna Bernard den Minister zum Abschluss. Meisch antwortet: „Maßnahmen werden akzeptiert, wenn man selbst dazu beitragen kann.“ Es bleibt spannend, wem die Zukunft recht geben wird.
De Maart
Minister Meisch hat keine Konzepte. Ich hoffe die Zukunft gibt Minister Meisch nicht recht.