„Ausgesprochen konstruktiv“ sei die Zusammenarbeit, heißt es in der CDU. Friedrich Merz und Markus Söder schalten sich jeden Montagmorgen zusammen, um mit den anderen Unionsspitzen die Lage und das weitere Vorgehen zu besprechen. Und auch ansonsten telefoniert man häufig. So weit, so gut. Doch die große Harmonie hat Risse, sie wird ab und an gestört – und zwar vom Bayern.
Dafür sei Söder ja bekannt, winkt man in der CDU ab; das sei eingepreist. Denn Söder und die CSU müssen immer mal wieder an ihre Bedeutung erinnern. Jetzt wieder. So nennt der bayerische Ministerpräsident nun Bedingungen für eine Koalition mit der SPD nach der Bundestagswahl. „Eine grundlegende Wende bei Migration und Bürgergeld ist für uns elementar.“ Dabei sei das Bürgergeld „der dickste Brocken“, so Söder zum Stern.
Vorfestlegungen trifft der CSU-Chef gerne. Sie setzen Kanzlerkandidat Merz unter Druck und sollen den Sauerländer wohl auch daran erinnern, wem er seine Kandidatur mit zu verdanken hat. Bei diesen Punkten knirscht es zwischen CDU und CSU.
Schwarz-Grün: Ist das ein neuer Zungenschlag des CSU-Chefs? „Entscheidend ist der Kurs einer Partei“, meinte Söder jetzt auch mit Blick auf die Grünen. Das entspricht ungefähr dem, was Merz seit langem sagt. In der CSU wird freilich versichert, dass es bei der Absage an Schwarz-Grün bleibe, weil mit den Grünen kein Politikwechsel möglich sei. Merz, das ist sicher, wird vor der Wahl jedoch eine Koalition mit den Grünen keinesfalls ausschließen. Sein Ziel ist es, sich den Partner aussuchen zu können. So wie sein Parteifreund Boris Rhein in Hessen. Die harte Haltung von Söder trifft da kaum auf Zustimmung – sie resultiert allerdings auch daraus, dass der Ministerpräsident sein Land insbesondere durch Wirtschaftsminister Robert Habeck benachteiligt sieht.
Große Koalition: Auf Unverständnis in der CDU stießen Söders erste Avancen Mitte November, als er von einer „Zukunfts-SPD“ ohne Kanzler Olaf Scholz sprach und seine Präferenz für ein Große Koalition deutlich machte. In der CDU wurde gespottet: Da könne man den Sozialdemokraten nach der Wahl gleich „ein weißes Blatt Papier hinlegen“, auf dem sie dann ihre Vorhaben für einen Koalitionsvertrag aufschreiben könnten. Dass auch Friedrich Merz mit einer Groko liebäugelt, ist kein Geheimnis. Aber Merz will nach der Wahl mögliche Gespräche aus einer Position der Stärke führen. Söders jüngste Äußerungen deuten nun auf eine gewisse Einsicht hin.
Unliebsame Debatten wegen „Bayernplan“
Personal: Die Vorfestlegung der CSU ist eindeutig: Der Präsident des bayerischen Bauernverbands, Günther Felßner, soll im Falle einer Regierungsübernahme Landwirtschaftsminister werden, wie Söder angekündigt hat. Dabei ist die Wahl am 23. Februar noch nicht einmal gewonnen. Und was in der CSU als kluger Schachzug verkauft wird, nach den Bauernprotesten Ende letzten Jahres, hat in der CDU nur für Kopfschütteln gesorgt. Die SPD spottete bereits, das sei der Preis für die Unterstützung von CDU-Chef Friedrich Merz als Kanzlerkandidat. Merz will dem Vernehmen nach ohne Schattenkabinett in den Wahlkampf ziehen. Zwar gibt es bereits Namen, die auch in der CDU kursieren. Aber eine ähnliche Vorfestlegung wie Söder wird der CDU-Chef nicht treffen – einzige Ausnahme: das Amt des Kanzlers.
Wahlprogramm: Der Fahrplan steht, erste Papiere sind fertig. Am 17. Dezember soll das gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU in Berlin vorgestellt werden. Ein Tag nach der Vertrauensfrage des Kanzlers, die die Unionsschwestern dann mit einem „gemütlichen Abend“ feiern wollen, wie es in einer internen Mitteilung von Generalsekretär Carsten Linnemann heißt. Die Bayern lassen es sich aber nicht nehmen, Mitte Januar noch einen ergänzenden „Bayernplan“ zu präsentieren. Es heißt, darin würden auch Forderungen auftauchen, auf die man sich mit der CDU nicht habe verständigen können. Unliebsame Debatten drohen. Für Merz und Söder.
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