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EschWarum das eigentlich 110-jährige „Lycée Guillaume Kroll“ jetzt den 100. Geburtstag feiert

Esch / Warum das eigentlich 110-jährige „Lycée Guillaume Kroll“ jetzt den 100. Geburtstag feiert
Das „Lycée Guillaume Kroll“ ist die größte Schule in Esch – und doch bereits zu klein Foto: Editpress/Julien Garroy

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Das „Lycée Guillaume Kroll“ ist die größte Schule Eschs. Am Donnerstag fiel der Startschuss zu den Feiern zum 100. Geburtstag des technischen Lyzeums. Dabei ist die Schule im Grunde genommen bereits zehn Jahre älter, wie Direktor Patrick Straus dem Tageblatt verriet.   

Das technische Lyzeum „Guillaume Kroll“ (LGK) ist die größte Schule der Stadt. Entlang der Autobahn im Viertel Sommet gelegen, besuchen 1.965 Schüler die Lehranstalt. Unterrichtet werden sie von 240 Lehrern. Ein solcher war auch Patrick Straus. Gebürtig aus Esch und in Schifflingen aufgewachsen, machte Straus sein Abitur im LGE. Er wurde Englischlehrer und fing 2004 im heutigen LGK an. Zehn Jahre später übernahm er den Direktorenposten. Als „spannend“ bezeichnet Straus seinen Job. „Ich bin hier zu Hause“, sagt er. Und: „Es ist mir in den zehn Jahren als Direktor noch nicht langweilig geworden.“     

LGK-Direktor Patrick Straus
LGK-Direktor Patrick Straus Foto: Editpress/Julien Garroy

In Anbetracht der Größe und vor allem der Vielschichtigkeit seiner Schule kann man ihm das getrost abnehmen. Die jüngste Schülerin ist im November 2014 geboren, der älteste ist Jahrgang 1977. Es gibt französisch- und deutschsprachige Klassen. Und neuerdings auch eine „klassische“ Sektion. Vollzeitschüler, Lehrlinge und Studenten werden in der gleichen Schule unterrichtet. Neben den konventionellen Klassen gibt es die berufsbezogenen Ateliers wie z.B. die Schreinerwerkstatt oder die Schlosserei, die Friseurklasse oder aber das Kochatelier. Kein Wunder, dass Patrick Straus sagt, der technische Unterricht würde die Gesellschaft besser abbilden als die klassischen Gymnasien.  

1914 und 1924

Wer war Guillaume Kroll?

Der Namensgeber des LGK seit 2018 ist eine in Luxemburg eher unbekannte Person, allerdings hat Guillaume Kroll alias William Justin Kroll ein beeindruckendes internationales Renommee. Geboren wurde er am 24. November 1889 in der rue d’Audun in Esch. Sein Vater Adolphe war Direktor der Aachener Hütte (frühere Brasseurschmelz, Terre Rouge). Guillaume Kroll studierte in Berlin-Charlottenburg (D) Ingenieurswesen. 1932 entwickelte er in seinem Labor den sogenannten Kroll-Prozess zur Herstellung von Titan.
Drei Monate vor der deutschen Invasion in Luxemburg emigrierte er in die USA, um in den 1960er Jahren nach Europa zurückzukehren. Bis zu seinem Tod 1973 lebte Kroll in der Nähe von Brüssel (B). Beigesetzt wurde Kroll auf dem hauptstädtischen Notre-Dame-Friedhof. 

Die Geschichte des „Lycée Guillaume Kroll“ reicht bis an den Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. In Esch sollte eine Gewerbeschule entstehen, doch erst auf Privatinitiative wurde die Schule 1914 gegründet. Die Betreiber der Escher Stahlschmelzen hatten Bürgermeister Jean-Pierre Michels von der Notwendigkeit einer solchen Institution überzeugt. Sie sollte der Jugend das theoretische Wissen für die Arbeit in den Fabriken vermitteln. Erst durch das Schulgesetz von 1924 erhielt die „Ecole professionnelle de l’Etat d’Esch-sur-Alzette“ (EPE) die staatliche Anerkennung. Der 100. Geburtstag ist also eigentlich ein 110. Erster Direktor war Jean Pfeiffer, zuvor Lehrer in der Industrie- und Handelsschule (heute LGE). 

In den Anfangsjahren war die Schule ein Provisorium, der Unterricht fand in freien Klassensälen der Escher Grundschulen statt. Erst 1929 entstand am Victor-Hugo-Platz ein Zuhause für die neue Lehranstalt. Diese wurde im Laufe der Zeit zwar stetig erweitert, platzte aber schnell wieder aus allen Nähten. Auch, weil im Laufe der Jahre die Schulpflicht ausgeweitet wurde und immer mehr Schüler in den technischen Lyzeen eine Vollzeitausbildung absolvierten. Dazu kam die demografische Entwicklung. Durch das Schulgesetz von 1978 wurden alle existierende Sektionen in ein technisches Lyzeum zusammengefasst, aus dem EPE wurde das „Lycée technique d’Esch-sur-Alzette“ (LTE). Mit 2.500 Schülern zur Jahrtausendwende war das Maximum überschritten, sodass in Esch zwei neue technische Schulen gebaut wurden. Es entstand das „Lycée technique Lallange“ (LTL) und 2004 auf Sommet das neue LTE, das 2018 seinen Namen in „Lycée Guillaume Kroll“ änderte.

162 Klassen

Das „neue“ Gebäude ist inzwischen ebenfalls an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen. Und das, obwohl mit dem Lycée Bel-Val eine weitere Schule in der Nähe hinzugekommen ist. Sechs der 162 Klassen des „Guillaume Kroll“ sind momentan im früheren RBC-Gebäude in Belval ausgelagert. Sie sollen wieder auf Sommet integriert werden, sobald der Ausbau abgeschlossen ist. Doch das kann dauern. Die Pläne liegen seit längerem bereit und auch die staatliche Finanzierung ist gesichert. Trotzdem scheint das Dossier bei der Verwaltung für öffentliche Bauten nicht so richtig voranzukommen.

Die Direktoren

1914-1941: Jean Pfeiffer
1945-1967: Paul Schleimer
1967-1987: Aloyse Reiffers
1987-1989: Norbert Haupert
1989-2006: Nic Alff
2007-2013: Gilbert Engel
seit 2014: Patrick Straus

Pfeiffer war zunächst von 1914 bis 1924 Direktor aus Privatinitiative, wurde nach der Gründung der „Ecole professionnelle de l’Etat“ (Gesetz vom 18. Juli 1924) offizieller Direktor. Im Zweiten Weltkrieg war die Schule unter deutscher Führung.

Geht es nach Direktor Patrick Straus, soll das LGK nur infrastrukturell wachsen. „Über 2.000 Schüler wären zu viel. Momentan bringen wir es fertig, es so wirken zu lassen, dass die Schule keine große Fabrik ist. Wir kennen alle unsere ‚Pappenheimer‘“, sagt er lachend. Im Vergleich zum klassischen sei im technischen Unterricht das Verhältnis zwischen Schüler und Lehrer ein engeres, es gebe weniger Berührungsängste, so Straus. Auch deshalb will er eine weitere Zerstückelung seiner Schule verhindern.

Das aber ist Zukunftsmusik, erst einmal soll das Schuljahr 24/25 im Zeichen der 100-Jahr-Feiern stehen. Nach dem Auftakt am Donnerstag soll es jeden Monat eine Aktion im Zeichen des Geburtstages geben. Geplant ist u.a., 100 Bäume zu pflanzen. Abgeschlossen wird das Jubiläumsjahr mit einem großen Fest am 14. Juni 2025.