Sonntag9. November 2025

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ForumErhaltenswerte Kioske in Stadt und Land: Hier spielt(e) die Musik …

Forum / Erhaltenswerte Kioske in Stadt und Land: Hier spielt(e) die Musik …
 Foto: Editpress-Archiv/Isabella Finzi

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Musikkioske gab es vor einiger Zeit, das heißt, bis weit in die siebziger Jahre, noch recht viele hier in Luxemburg. Heute muss man leider feststellen, dass im Laufe der letzten Jahrzehnte eine ganze Reihe davon, weil wohl nicht mehr im Trend liegend, abgetragen wurden und von der kulturellen Szene sang- und klanglos verschwunden sind. So die Kioske auf dem Escher Marktplatz, ebenso wie jener in Differdingen vor einigen Jahren.*

Bei der forcierten, im Nachhinein oft recht exzentrisch, oder wie in Differdingen, recht kitschig wirkenden Neugestaltung verschiedener Gemeindeplätze hierzulande mussten die als Relikte einer vergangenen Epoche abgestempelten Bauten dem sogenannten Fortschritt nach und nach weichen. Zu dieser Trendwende kam es indes nicht plötzlich, sondern sie war vorausschaubar und bahnte sich langsam an. Erklärungen hierfür gibt es deren etliche, so z.B. die Tatsache, dass die früheren, als Orte des Austauschs und der Geselligkeit gedachten „places publiques“ in deren Mitte eben diese Musikkiosks standen, um die sich die Zuschauer respektiv Hörer scharten, nach und nach in schnöde Parkplätze umfunktioniert wurden und ihrer Funktion als solche nicht mehr gerecht werden konnten! Motorengeräusch ersetzte fortan die Musikklänge, das Publikum blieb zwangsläufig aus, die Nachfrage versiegte und unter respektiv von den runden respektiv polygonförmigen Tempeln herunter erklang kaum noch ein Ton … Unnütz und unbenutzt standen sie demnach in der zubetonierten Landschaft herum, nahmen Platz auf dem „Parking“ ein, verärgerten damit das immer mehr dem Auto huldigenden Volk und waren nicht zuletzt deswegen den an Stimmen gelegenen Stadtvätern lästig und hinderlich!

Blütezeit

Die zentral gelegenen Kioske waren „out“, dies, nachdem sie Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts ihre Blütezeit erlebt hatten und bis in die frühen sechziger Jahre hinein „in“ blieben! Eine rühmliche Ausnahme bildet dagegen der kultige Kiosk auf der hauptstädtischen place d’Armes, der „Plëss“! Gegenüber gelegen vom „Cercle“ und Teil eines Ganzen, ist er einfach nicht mehr von dort wegzudenken! Umgeben von alteingesessenen Cafés und Terrassen, belebt der mit seinen traditionellen „concerts apéritifs“ und anderen hochwertigen musikalischen Darbietungen den ganzen Platz und schafft eine einzigartige Atmosphäre, mit einem Hauch retro Flair, die einen sich zum zuerst hin Lauschen und dann Niederlassen einlädt und geradezu verführt! Obschon auch dieser „Salon de la ville“ über Jahre hinweg als Parkplatz missbraucht wurde, waren die hauptstädtischen Gemeindeväter wieder einmal viel weitsichtiger und klüger als die im Süden und anderswo, indem sie auf den Erhalt ihres Kiosks bestanden! Von wegen „altmodisch“ also … !? Sozusagen als „proletarisches“ Gegenstück zu diesem traditionsreichen bourgeoisen „vieux Luxembourg“-Kiosk, dessen Geschichte Robert Philippart bei einer rezenten Touristenführung ausführlich erläuterte, kann man im Osten der Hauptstadt das elegante „karussellrunde“ Exemplar auf der Bonneweger place du Parc (nicht etwa Parkplatz!) betrachten!

Am Beispiel dieser 2011 nicht gerade billigen aber imponierenden Zurückgestaltung in eine echte „place publique“ hätten auch die Escher sich inspirieren sollen, anstatt nach 2022 auch weiterhin mit „gestelzten“ Projekten an den wahren „kulturellen“ Interessen und Bedürfnissen ihrer Multikulti-Bevölkerung vorbeizuschiffen! Vom zierlich eleganten „Bouneweger“ herab waren in seiner langen Vergangenheit, und dies nicht nur zur ersten Maifeier, im Gegensatz zu den lieblichen Melodien in der Oberstadt, schon manchmal heftig fordernde gewerkschaftliche Parolen zu hören, zum Abschluss gefolgt von den Klängen der lokalen Musikgesellschaft sowie der unvermeidlichen „Internationalen“. In Esch gab es bis zuletzt – 1991 wurde er abgetragen – ebenfalls noch gewerkschaftliche Kundgebungen auf und rund um den lokalen viereckigen Kiosk, man denke da nur zurück an die Proteste bei Abbau/Schließung des Düdelinger „Steckel“ am 11. November 1984!

Beispiel Düdelingen

Stichwort Düdelingen, dort renovierte man 2016 den seitlich vom Rathaus gelegenen, im Jahre 1932 gebauten und 2013 denkmalgeschützten Kiosk mit viel Know-how, sodass er inzwischen erneut zur Zierde dieser dynamisch und klug geführten Südgemeinde wurde. Schön war es ebenfalls zu sehen, wie beim kürzlich erneut organisierten Streetfood-Festival in Schifflingen die Leute gesellig zusammen vor ihrem Kiosk saßen und aßen – neben der inzwischen geschützten „Waasserbomm“, einem weiteren lokalen Wahrzeichen, von dem aus moderne aber dennoch nicht allzu laute „good vibes“ für unterhaltsame „Tischmusik“-Stimmung sorgten. Dabei war eben gerade auch dieser Kiosk vor vier Jahren stark gefährdet, sollte er doch einem waghalsigen Bauprojekt auf respektiv unter dem heutigen Kirmesplatz weichen! Nicht allein die direkten Anrainer, hoffentlich auch das direkt vor seiner Tür liegende und auf den Kiosk getaufte Haus, seine Bezeichnung verteidigend, inklusive – wehrten sich bislang mit Erfolg gegen dieses angedachte Großprojekt.

Es gab da noch andere Beweggründe von Außenstehenden, denen man den berühmten „Nimby“-Reflex, beim besten schlechten Willen, nicht unterstellen konnte, die darauf hinwiesen, dass auf diesem „chiosco“ alias „kösk“ mit dem massiven von einer Lyra gekrönten Schieferdach, „chapeau“, die lokalen Resistenzler rund um Albert Wingert, Wenzel Profant und Co. im Zweiten Weltkrieg die deutschen Besatzer immer wieder bös damit ärgerten und herausforderten, indem sie nazifeindliche Parolen darauf anbrachten. Sie benutzten ihn somit als „Tribüne“, ihrer – doch recht früh ins Ausland geflohenen – Großherzogin Charlotte zu huldigen … und so dennoch spontan deren aus der Ferne über die Radiowellen proklamierten Aufforderung nachkamen, den Deutschen zu Hause „de Bass ze halen“.

Eine kleine Reihe von, zum Glück, noch erhaltenen Kiosken findet man im Escher Stadtpark (dem Nachfolger eben eines bei der Parkeinweihung schon um 1906 dort im chinesischen Stil errichteten Exemplars), im Sanemer Park Backes, in Bad-Mondorf, im Bettemburger „Parc Merveilleux“ sowie in Erpeldingen-an-der-Sauer und Mertert. Auch diesen gilt es neues Leben einzuhauchen und sie sowohl mit Musikveranstaltungen „à l’ancienne“ wie „up to date“-Events erneut zu beleben, um so mit „vill Harmonie“ einem breiteren Publikum aller Altersgruppen entgegenzukommen, welches aus den verschiedensten Gründen – wegen „kultureller Klaustrophobie“ sozusagen – den Weg zu Konzerten im Theater oder weiteren pompösen Festsälen scheut und nicht zu finden vermag.

* Den schnuckelig-kultigen Zeitungskiosken von früher erging es nicht anders, sind sie doch bei uns, im Gegensatz zu Paris, gänzlich aus der Landschaft verschwunden. Die Nachfolger der einstigen Messageries Paul Kraus verkaufen ihre Druckwaren heutzutage nur noch „indoor“ und haben sich lediglich den „Kiosk“ erhalten, indem sie ihn kurzerhand zum allgegenwärtigen Firmenlogo machten.