Sonntag21. Dezember 2025

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Expo in SaarbrückenDie Ausstellung „Fragmente einer geteilten Geschichte“ schafft einen Ort der Begegnung

Expo in Saarbrücken / Die Ausstellung „Fragmente einer geteilten Geschichte“ schafft einen Ort der Begegnung
Stellt derzeit in Saarbrücken aus: die Künstlerin Nora Wagner Foto: Carole Theisen

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Ein Kunstprojekt, das Grenzen auflöst: In „Fragmente einer geteilten Geschichte“ lädt Nora Wagner Besucher*innen ein, sich auf eine Reise voller Begegnungen und einen Gedankenaustausch einzulassen, bei der unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen miteinander verwoben werden. Diese Ausstellung ist kein fertiges Werk – sie wächst im Austausch und bietet Raum für alle, die sich einbringen möchten.

„Vier Monate lang waren wir zu Fuß unterwegs, durch Wälder, Dörfer und Städte, haben uns auf verschiedenste Art und Weisen mit Menschen, Tieren und Pflanzen ausgetauscht, ja sogar Drachen und andere magische Wesen haben uns auf unserem Weg begleitet. So konnten wir unter dem Deckmantel der Kunst eine Fülle an außergewöhnlichen Erlebnissen sammeln. Die folgende Ausstellung ist der Versuch, etwas von diesem Reichtum und dessen Spuren zu teilen. Wir empfehlen jedoch jedem, selbst rauszugehen und sich mit offenem Herz und kreativem Geist mit der echten Welt auseinanderzusetzen.“ So steht es an der Wand im Obergeschoss der Stadtgalerie Saarbrücken, wo die Ausstellung „Fragmente einer geteilten Geschichte“ von Nora Wagner noch bis zum 16. Februar 2025 zu sehen ist.

Bunt, wirr, multimedial – die Ausstellung lädt Besucher*innen ein, in eine Welt einzutauchen, die weit über die Grenzen konventioneller Kunst hinausgeht. Wer diesen Raum betritt, wird nicht nur Beobachter, sondern Teil eines lebendigen Erlebnisses. Wie ein aufgeschlagenes Tagebuch entfaltet sich die Ausstellung als eine intime Einladung, die dazu anregt, sich in die kollektive Gedankenwelt hineinzufühlen und aktiv daran teilzunehmen.

Ein lebendiges Tagebuch

Die Expo gründet auf dem Projekt „La Capsule“, das die Kunst aus den Museen herausholt und wieder näher zu den Menschen bringt. Auf einer monatelangen Wanderung durch Luxemburg schufen Nora Wagner und Videograf Kim El Ouardi eine poetische, gesellschaftskritische Performance über Begegnungen, Menschsein und Umweltbewusstsein. Begleitet von Künstler*innen und Freiwilligen entstand ein kreativer Austausch, der in einem dokumentarischen Film festgehalten und im kommenden Sommer präsentiert wird.

Reiseatmosphäre im Ausstellungsraum
Reiseatmosphäre im Ausstellungsraum Foto: Carole Theisen

Diese Reiseatmosphäre prägt auch den Ausstellungsraum selbst, der wie ein lebendiges Kunstwerk wirkt: Ein scheinbar chaotischer Mix aus Zeichnungen, bemalten Wänden, Videosequenzen, Klamotten, Schlafsäcken, selbst gestalteten Patchwork-Werken – die Vielfalt der Exponate ist überwältigend und bringt die Besucher*innen direkt in die Atmosphäre dieses Roadtrips – im besten Sinne ungefiltert, frei von Perfektion. Die Ausstellung spiegelt die verschiedenen Phasen der Reise wider. Der erste Raum repräsentiert die Theorie und Recherche, der zweite die Beweise und Erlebnisse, mit Fotos und Videos, und der dritte Raum entführt die Besucher*innen in eine bunte Fantasiewelt, die zum Verweilen einlädt.

Bibliothek der Zukunftsgedanken

Herzstück ist die „Bibliothek der Zukunftsgedanken“, eine stetig wachsende Sammlung von Ideen für eine mögliche Zukunft. Die Bibliothek, die mit Zeichnungen, Gedichten, Statements und Texten gefüllt ist, spiegelt einen öffentlichen Gedankenaustausch wider, in dem vielfältige Vorstellungen und Träume zusammenfließen und zum Nachdenken über gemeinsame Wege in die Zukunft anregen.

Doch der Weg zu dieser Ausstellung war nicht ohne Herausforderungen. Wagner erzählt von dem Balanceakt, ihre künstlerische Freiheit mit der nötigen Zugänglichkeit der Ausstellung zu vereinen: „Nach vier Monaten Freiheit im Wald war es eine Herausforderung, die Vision der Galerie mit meiner eigenen zu vereinen. Ich musste ständig Kompromisse finden, um politisch korrekt und inklusiv zu sein.“

Erinnerungen an „La Capsule“
Erinnerungen an „La Capsule“ Foto: Carole Theisen

Dennoch bleibt Wagner ihrer Grundidee treu: Sie wollte die Ausstellung so offen und wandelbar gestalten wie der kollektive Schaffensprozess der Reise selbst. Das Ziel war ein Raum, in dem Besucher*innen sich wirklich einbringen und einen offenen Austausch erleben können, statt bloß konsumierend durch eine konventionelle Ausstellung zu gehen. In ihren eigenen Worten: „Ich wollte die Ausstellung so gestalten, dass sie ebenso offen und im ständigen Wandel ist wie der Weg, den wir zurückgelegt haben. Eine Ausstellung lebt durch das Chaos und die spontanen Einflüsse derer, die sich darauf einlassen.“

Aurélie D’Incau, die Wagner bei der Ausstellung assistierte und ebenfalls Teil der Reise war, beschreibt die Zusammenarbeit als inspirierend: „Zu zweit lässt es sich besser reflektieren. Manche Lösungen oder Ideen entstehen nur im Austausch. Dabei habe ich eine Menge von Nora gelernt.“ D’Incau brachte dabei auch eine eher pragmatische Perspektive ein, die half, Wagners persönliche Vision und die organisatorischen Notwendigkeiten zu vereinen. „Diese Ausstellung macht, dass du Menschen gern hast“, urteilt am Ende eine Besucherin vielsagend.

„Fragmente einer geteilten Geschichte“

Noch bis zum 16. Februar im Obergeschoss der Stadtgalerie Saarbrücken. Mehr Infos: stadtgalerie.saarbruecken.de.