Tageblatt: Herr Jordanov, denken Sie noch manchmal an die Zeit in Düdelingen zurück?
Edisson Jordanov: Ja, ab und zu auf jeden Fall. Es war eine sehr erfolgreiche Zeit und für mich war es auch gut, weil ich dadurch eine andere Richtung in meiner Karriere einschlagen konnte. In Deutschland hatte ich eine schwere Phase. Durch Dino Toppmöller, Düdelingen und meine harte Arbeit habe ich in Belgien eine Chance bekommen. Hier spiele ich jetzt erste Liga bei einem guten Verein und bin 2021 Nationalspieler geworden. Diesen Sprung in meiner Karriere habe ich größtenteils der Zeit beim F91 zu verdanken.
Erst in Düdelingen wurden Sie zum Rechtsverteidiger geformt. Ist dies die wichtigste Wendung in Ihrer Karriere?
Das war eine der großen Veränderungen. Aber auch, was die tägliche Arbeit angeht. In Düdelingen habe ich viele Zusatzschichten geschoben und Dino (Toppmöller) hat mich sehr gut gefordert. Es war eine Kombination aus vielen Sachen, aber der Positionswechsel hat mir mit Sicherheit weitergeholfen.
Das Hinspiel zwischen Bulgarien und Luxemburg vor einem Monat endete mit einem 0:0-Unentschieden. Welche Eindrücke haben Sie bekommen?
Ich habe mir das Spiel nicht live angesehen, aber trotzdem viel davon mitbekommen. Die Bulgaren waren am Ende nicht so zufrieden. Sie hatten sich mehr erhofft. Luxemburg wird nicht mehr so stark im Ausland unterschätzt, aber besonders in Ländern wie Bulgarien dann doch noch ein bisschen. Dort herrscht teilweise noch eine Erwartungshaltung wie vor 20 oder 30 Jahren. Luxemburg wird in solchen Ländern noch immer ein bisschen kleingeredet. Ein Blick auf den Kader der Luxemburger zeigt jedoch, dass es eine gute Mannschaft ist. Bulgarien hat hingegen lange Zeit den Anschluss verpasst. Die Strukturen sind veraltet und es ist kein Wunder, dass die Nationalmannschaft nicht mehr so gut ist wie früher. In Luxemburg wurde hingegen gut mit dem Nachwuchs gearbeitet und es hat eine Entwicklung stattgefunden. In der Hinsicht kann sich Bulgarien eine Scheibe von Luxemburg abschneiden.
Ehemalige Weggefährten wie Danel Sinani und Anthony Moris sind Leistungsträger bei Luxemburg. Wie beurteilen Sie ihre Entwicklung?
Anthony Moris sehe ich ja regelmäßig in der Liga. Dieser Kontakt ist nie abgebrochen. Er ist ein super Typ und ein vorbildlicher Profi. Er hat sich super gemacht, denn er kam aus der dritten belgischen Liga und spielt mittlerweile in jedem Jahr europäisch. Danel Sinani verfolge ich aus der Ferne. Er war damals in Düdelingen zusammen mit Dominik Stolz der entscheidende Spieler. Ein geiler Kicker. Ich freue mich, dass er seine Chance in der Bundesliga bekommen hat.
Nach fünf Länderspielen für Bulgarien wurden Sie seit Juni 2022 nicht mehr nominiert. Denken Sie noch an die Nationalmannschaft?
Ja, die Nationalmannschaft ist noch ein Thema. Zunächst muss ich aber wieder im Verein spielen. Das ist für mich aktuell die höchste Priorität. Wer mich kennt, sollte mich nicht abschreiben. Wenn ich wieder Stammspieler bin, dann werde ich wohl auch wieder für Bulgarien infrage kommen. Seitdem ich nicht mehr nominiert wurde, sind viele Sachen passiert. Es gab mehrere Trainerwechsel und auch der Präsidentenposten beim Verband wurde neu besetzt. Unter den neuen Trainern spielte ich keine Rolle mehr. Als ich damals bei der Nationalmannschaft war, befanden wir uns dauerhaft in einer schlechten Periode. Ich hatte ein sehr gutes Spiel gegen Kroatien, aber die restlichen Spiele waren nicht gut. Danach wurde ein Cut gemacht. Wenn ich aber wieder Stammspieler in Belgiens erster Liga bin, dann müsste wieder ein Platz für mich da sein.
Bulgariens Trainer Ilian Iliev setzt auf viel Kampf. Welche Meinung haben Sie zu seinen Methoden und wie wird er von außen wahrgenommen?
Bei seinem Verein Cherno More hat er gute Arbeit geleistet und auch bei der Nationalmannschaft hat er aus meiner Sicht eine gute Struktur hereingebracht. Man erkennt seine Ideen. Für mich ist er ein guter Trainer und vielleicht gibt ihm Bulgarien die Chance, langfristig etwas aufzubauen. So wie es Luc Holtz in Luxemburg durfte. Er hat ein System etabliert, an dem die Spieler gewachsen sind.
Für Luxemburg und Bulgarien geht es darum, den letzten Platz in der Gruppe zu vermeiden. Für beide Nationen ist aber auch noch Platz eins möglich. Wie ist aktuell die Stimmung in Ihrer Heimat?
Die 0:5-Niederlage gegen Nordirland hat sehr viel verändert. Vielleicht sogar die ganzen Resultate aus den vergangenen Monaten ausradiert. Es war ein Schock für alle und eines der schlechtesten Ergebnisse in der Geschichte des bulgarischen Fußballs. Der Druck ist durch diese Pleite gestiegen. Bulgarien muss beide Spiele in der Nations League gewinnen, um die Gruppe noch für sich entscheiden zu können.
Steckbrief
Name: Edisson Jordanov
Geboren am 8.6.1993 in Rostock (D)
Größe: 1,72 Meter
Nationalität: Bulgare
Position: Rechter Verteidiger
Bisherige Vereine: SV Holdenstedt, Eintracht Schwerin, Hansa Rostock, Borussia Dortmund, Stuttgarter Kickers, Preußen Münster (alle D), F91 Düdelingen (von Januar 2017 bis Juni 2019), RE Virton, Union Saint-Gilloise, KVC Westerlo (alle B)
Bilanz für Düdelingen: 67 Spiele, sechs Tore, neun Vorlagen
Länderspiele: 5 Partien für Bulgarien
Größte Erfolge: Belgischer Zweitligameister, dreimal luxemburgischer Meister, einmal luxemburgischer Pokalsieger, Teilnahme mit dem F91 an der Gruppenphase der Europa League
De Maart

Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können