An der Parteitreue gibt es trotz der Berufswahl keinen Zweifel: Der 56-jährige Kukies ist SPD-Mitglied, seit er 18 Jahre alt ist – der Mainzer war Anfang der 90er Jahre sogar kurzzeitig der Vorsitzende der Jungsozialisten in Rheinland-Pfalz. Das Amt gab er auf, als er für sein Studium der Wirtschaftswissenschaften nach Paris wechselte. Von dort ging er in die USA an die renommierte Harvard-Universität, in Chicago machte er seinen Doktor.
Der Beginn einer wissenschaftlichen Karriere – doch 2001 entschied sich Kukies anders: für einen Job bei Goldman Sachs in New York, eins der größten Investmentbanking- und Wertpapierhandelsunternehmen weltweit. Kukies arbeitete nach einer kurzen Einführung zunächst in London für Goldman Sachs, 2004 wechselte er als Aktienexperte nach Frankfurt am Main.
Die Bank machte ihn 2014 zum Co-Chef für ihr Geschäft in Deutschland und Österreich – Kukies kümmerte sich vor allem um den Handel mit Wertpapieren und „Lösungen mit derivaten Finanzprodukten“, wie er der Wirtschaftswoche damals sagte.
Enger Vertrauter von Scholz
Die Überraschung war groß, als Olaf Scholz, seit März 2018 der neue Finanzminister in der großen Koalition, den Investmentbanker zum Staatssekretär machte – Spezialgebiet Finanzmarktregulierung. „Ein echter Paukenschlag“, urteilte damals das Handelsblatt. Den Kontakt vermittelte Andrea Nahles, wie Kukies ehemalige Juso-Vorsitzende in Rheinland-Pfalz. Das Wirtschaftsforum der SPD immerhin fand freundliche Begrüßungsworte für den „ausgewiesenen internationalen Fachmann“.
Der Finanz-Staatssekretär bewährte sich in der Corona-Krise: Kukies leitete den Wirtschaftsstabilisierungsfonds, der mit Milliarden Unternehmen rettete, und fädelte als Chefverhandler die vorübergehende Verstaatlichung der Lufthansa ein, die dem Bund letztlich sogar einen Gewinn brachte. Zum Problem wurde der Fall Wirecard: Nach der spektakulären Insolvenz des Zahlungsdienstleisters 2020 wurde bekannt, dass Wirecard-Chef Markus Braun Kukies im November 2019 im Finanzministerium getroffen hatte. Es ging um die damals schon vorgebrachten Manipulationsvorwürfe gegen Wirecard.
Die FDP forderte den Rücktritt von Kukies, ihm fehle der nötige Abstand zu dem Skandalkonzern. Im Wirecard-Untersuchungsausschuss im Bundestag wurden zahlreiche Akten aufgeführt, die – so zumindest die SPD – eine „kritische Haltung“ des Finanzministeriums gegenüber Wirecard belegten. Kukies und Scholz legten als Folge des Wirecard-Skandals eine grundlegende Reform der Finanzmarktaufsicht Bafin vor.
Um die Umsetzung kümmerten sich andere. Scholz wurde im Dezember 2021 Kanzler, bei Amtsantritt holte er Kukies als seinen Wirtschaftsberater und Leiter der Abteilung Finanz- und Wirtschaftspolitik ins Kanzleramt – eine Schlüsselposition. Gleichzeitig wurde Kukies damit der neue „Sherpa“, der persönliche Beauftragte des Kanzlers für die G20- und G7-Gipfel.
Nach fast drei Jahren gemeinsamen Arbeitens im Kanzleramt folgt für Kukies nun der nächste Schritt in seiner politischen Karriere: Finanzminister und damit zuständig für den Problem-Haushalt. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht war am Donnerstag die erste, die wieder Kukies Tätigkeit bei Goldman Sachs problematisierte: Dass die Sozialdemokraten ausgerechnet einen ehemaligen Goldman-Sachs-Banker mit der Aufstellung des Bundeshaushalts betrauten, sage „viel über den Zustand der SPD“, sagte sie. Scholz dürfte solche Kritik nicht interessieren. Er besetzt eins der wichtigsten Ministerämter mit einem seiner engsten Vertrauten, der ganz auf seiner Linie sein dürfte.
De Maart
Bestimmt war der Mann ein führender cum-ex Experte! Scholz kann sich nicht mehr erinnern.🚦🚥👻🕳️🫢🙈🤐