Mittwoch5. November 2025

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SicherheitNach Amokalarm: Schulen setzen auf Notfallpläne, doch Übungen bleiben selten

Sicherheit / Nach Amokalarm: Schulen setzen auf Notfallpläne, doch Übungen bleiben selten
Das Tageblatt hat bei mehreren Lyzeen nachgefragt, ob sie über ein Sicherheitskonzept im Falle eines Amoklaufs verfügen Montage: Tageblatt

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Nach dem Amokalarm in Redingen werden Fragen zur Sicherheit an Schulen laut. Notfallpläne existieren zwar, aber Amokübungen sind selten Teil des Programms, wie mehrere Luxemburger Schulen dem Tageblatt berichten.

Das Atert-Lyzeum in Redingen löste vergangene Woche einen Amokalarm aus. Im Schulgebäude soll eine verdächtige Person „eventuell mit einer Waffe“ gesehen worden sein. Letzten Endes fand die Polizei weder die verdächtige Person noch eine Waffe. Glücklicherweise wurde auch niemand bei dem Vorfall verletzt – dennoch warf das Vorgehen der Schule und der Polizei Fragen auf, insbesondere hinsichtlich der Kommunikation mit den Eltern der betroffenen Schüler.

Einheitliche Bestimmungen darüber, über welche Wege mit sämtlichen Eltern kommuniziert werden soll, gibt es nicht, wie das Bildungsministerium auf Tageblatt-Nachfrage hin mitteilte. „Die Entscheidung, ein technisches System für die Kommunikation mit sämtlichen Eltern einer Schule einzurichten, liegt in der Autonomie der jeweiligen Schulen“; heißt es. Bisher habe sich jedoch keine Schule an das Bildungsministerium gewandt, um einen solchen Kommunikationskanal einrichten zu lassen.

Das Ministerium weist außerdem darauf hin, dass es weder für die Sicherheitsmaßnahmen im Falle eines Amokalarms noch für die externe Kommunikation in dieser Situation verantwortlich ist. Diese Aufgaben fallen ausschließlich in den Zuständigkeitsbereich der Polizei. Das Tageblatt hat bei mehreren Luxemburger Lyzeen nachgefragt, ob sie über ein solches Sicherheitskonzept der Polizei verfügen und ob in diesem Zusammenhang Übungen geplant sind.

Lycée Ermesinde Mersch

„Die Prozeduren sind ziemlich klar“, erklärt ein Verwaltungsmitglied des Lycée Ermesinde Mersch im Gespräch mit dem Tageblatt. Vor etwa zwei bis drei Jahren habe die Schule neue Anweisungen von der Polizei erhalten, die festlegen, wie sich Schüler und Personal im Falle eines Amoklaufs verhalten sollen. Jeder Lehrer erhalte diese Richtlinien per E-Mail, wobei sie ausschließlich für das Schulpersonal bestimmt seien. Informationsblätter für die Schüler gebe es demnach nicht.

Lycée Ermesinde Mersch
Lycée Ermesinde Mersch Foto: Editpress/Anne Lommel

Die Maßnahmen bestehen im Wesentlichen darin, sich im Klassenzimmer einzuschließen, den Raum nicht zu verlassen und auf weitere Anweisungen zu warten. Deshalb sei es auch schwierig, sinnvolle Amokübungen durchzuführen. Feueralarmübungen hingegen würden regelmäßig abgehalten.

Der Sprecher teilte dem Tageblatt außerdem mit, dass vor den neuen Anweisungen vorgesehen war, im Fall eines Amoklaufs eine verschlüsselte Nachricht über Lautsprecher durchzugeben, die nur das Personal verstehen konnte. Dies habe sich jedoch geändert: Nun werden sowohl das Personal als auch die Schüler über Lautsprecher gleichermaßen alarmiert.

Seit der Einführung der neuen Verfahren seien weder das Lycée Ermesinde noch die Polizei untätig geblieben. Vor einigen Monaten habe ein Vertreter der Polizei gemeinsam mit dem Sicherheitskomitee die Schule besichtigt, um sich einen Überblick zu verschaffen, die Notausgänge zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen. „Wenn neue Maßnahmen beschlossen werden, setzen wir diese selbstverständlich um“, versichert das Verwaltungsmitglied der Schule.

Lycée de garçons Esch
Lycée de garçons Esch Foto: Editpress/Julien Garroy

Lycée de garçons Esch

Auch der zuständige Direktor des „Lycée de garçons Esch“, Pascal Bermes, bestätigt, dass die Richtlinien und Prozeduren schon vor einiger Zeit von der Polizei ausgegeben wurden. Zudem würde er Amokübungen lieber intern mit einer kleinen Gruppe von Lehrern abhalten, statt jedes Mal die ganze Schule mit einzubinden. Denn: „Es gibt gute sowie auch schlechte Seiten daran, wenn man diese Situationen mit Schülern übt“, so der Direktor.

Ein Beispiel: Man müsse Krach machen [Anm. der Red.: beispielsweise Schüsse nachstellen], damit die Situation auch realistisch wirke. Darum bevorzuge er kleinere Gruppe von Lehrern, mit denen er verschiedene Situationen wie etwa einen Amokalarm oder auch den Todesfall eines Schülers nachspielen könne, um so seine Lehrer bestmöglich vorzubereiten.

Während der Unterrichtszeit werde der Zugang zum Schulgebäude deutlich limitiert, verrät der Direktor. Mehrere Türen blieben verschlossen, damit nicht jeder das Gebäude betreten könne. Doch während der Mittagspause „müssen leider alle Türen geöffnet sein“, meint Bermes. Diese Sicherheitsmaßnahme sei vor mehr als einem Jahr eingeführt worden.

Lycée Michel Rodange
Lycée Michel Rodange Foto: Editpress/Julien Garroy

Lycée Michel Rodange

Auch im Lycée Michel Rodange gibt es klare Sicherheitsprozeduren für den Fall eines Amokalarms. Letztendlich behielten aber immer die Anweisungen der Sicherheitskräfte oberste Priorität. Das Gymnasium befindet sich auf dem Campus „Geesseknäppchen“, wo sich insgesamt fünf Schulen in unmittelbarer Nähe zueinander befinden. Im Ernstfall würde dies einen größeren Einsatz erfordern, da die nahe beieinanderliegenden Schulen die Situation von einem normalen Szenario abweichen lassen würden, erklärt Schuldirektor Jean-Claude Hemmer im Gespräch mit dem Tageblatt.

Bislang wurde an der Schule noch nie ein Amoklaufszenario geübt. Sein Sicherheitsbeauftragter habe ihm davon abgeraten, eine solche Übung durchzuführen, sagt Hemmer. „So eine Situation soll nicht geübt werden.“ Sollten sich diese Anweisungen jedoch ändern, würde die Schule entsprechende Übungen einführen.

Athénée de Luxembourg
Athénée de Luxembourg Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Athénée de Luxembourg

Direktor Claude Heiser bestätigt gegenüber dem Tageblatt, dass das Athénée de Luxembourg einen für alle Schulgebäude standardisierten Notfallplan von der Polizei erhalten habe. Für sein Gymnasium gebe es demnach keinen speziell angepassten Plan für den Fall eines Amokalarms. Ein solches Szenario sei im städtischen „Kolléisch“ bisher noch nicht geübt worden. Regelmäßig fände jedoch eine Evakuierungsübung für den Fall eines Feueralarms statt. Diese Übungen entsprächen allerdings nicht den besonderen Anforderungen eines Amokalarmszenarios.


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