Dienstag11. November 2025

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SerbienPhantomkühe melken das Agrarbudget

Serbien / Phantomkühe melken das Agrarbudget
Anders als etwa in Luxemburg sind in Serbien noch keine Ohrmarken für Kühe Pflicht – was der Korruption Tür und Tor öffnet Foto: Editpress-Archiv/Julien Garroy

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Auch auf den Weiden floriert beim EU-Anwärter Serbien die Korruption. Laut einem Branchenverband existiert ein Drittel der Milchkühe, die in den Genuss von Zuschüssen gelangen, nur auf dem Papier: Er fordert Ohrmarken im Kampf gegen die Phantomkühe – und deren geschäftstüchtige Schöpfer.

Erst kürzlich hat Serbien die Weltöffentlichkeit mit dem Phänomen von importierten „Phantomwählern“ mit fiktiven Meldeadressen im Dienst der Macht verblüfft. Nun drängt der EU-Anwärter mit dem Phänomen von „Phantomkühen“ in die Schlagzeilen: Nur auf dem Papier existierende, aber nicht in den Ställen und auf den Weiden muhende Wiederkäuer melken laut einem Branchenverband das Agrarbudget des ausgezehrten Balkanstaats.

Seit Jahren klagen die serbischen Milchbauern über zu geringe Staatshilfen, um auf den Märkten gegen die hochsubventionierte EU-Konkurrenz bestehen zu können: Immer mehr Landwirte werden zur Aufgabe ihrer unrentabel gewordenen Betriebe und zum Abschied vom Melkschemel gezwungen.

Seit 1975 ist der Rinderbestand in Serbien von 2,2 Millionen auf knapp 800.000 Tiere geschrumpft – davon sind laut den Milchbauernverbänden nur noch 150.000 Melkkühe. Außer der Inflation hat denn auch der Mangel die Milch- und Butterpreise beim EU-Anwärter im letzten Jahr kräftig in die Höhe schnellen lassen.

Ob aus der EU importiert oder aus heimischer Produktion: Der Liter H-Milch ist in Serbien kaum mehr unter 1,50 Euro zu erstehen. Auch die in immer kleineren Verpackungseinheiten verkaufte Butter wird im Niedriglohnland Serbien zu einem immer kostbareren Gut: Für ein halbes Pfund Butter haben die Serben umgerechnet mindestens vier Euro auf die Ladentheke zu blättern.

Im erklärten Kampf gegen den schrumpfenden Viehbestand hat Serbiens nationalpopulistische Regierung die staatlichen Zuschüsse im letzten Jahr zwar um ein Drittel auf nunmehr 40.000 Dinar (340 Euro) pro Milchkuh im Jahr erhöht. Doch nach Ansicht der keineswegs zufriedenen Empfänger könnten die Staatshilfen merklich größer sein: Ein stattlicher Batzen des Subventionssegen verschwinde in ebenso unbekannte wie unberechtigte Taschen.

27 Millionen Euro Mehrsubventionen

Obwohl Serbien nur 150.000 Milchkühe zähle, habe Belgrad 2023 über ein Drittel mehr an Zuschüssen ausgezahlt, als diesen eigentlich zustehe, berichtete letzte Woche Milija Palamarevic, der Chef des zentralserbischen Milchbauernverbands, der Agentur FoNet: „Das bedeutet, dass jemand Subventionen für 78.000 Milchkühe kassiert hat, die nicht existieren.“

Wo der Machtwechsel länger ausbleibt, floriert auf dem Balkan immer die Korruption: Im jüngsten Korruptionsindex von Transparency International dümpelt Serbien hinter Gambia und Sambia auf dem 104. Rang.

Verblüfft fragen sich manche Medien angesichts der angenommenen Mehrsubventionen von satten 27 Millionen Euro, ob sich die Milchbauern möglicherweise verrechnet haben. Während sich das Agrarministerium zu den Mediennachfragen nach den Phantomkühen weiter ausschweigt, fordern die Milchbauern die Umnutzung des Subventionssegens.

Nach der Säuberung der Register von den „falschen Kühen“ könnten die Jahreszuschüsse für das real existierende Milchvieh dank der Einsparungen problemlos von 340 auf 470 Euro angehoben werden, schlägt Palamarevic vor: Gleichzeitig würden ausreichend Mittel übrigbleiben, um zur Vermeidung erneuter Manipulationen „alle echten Kühe“ mit Ohrmarken zu versehen,

Viele Phantome im Land

Doch an transparenteren Verhältnissen haben gewitzte Strippenzieher selten ein Interesse. Dass nach den die Urnengänge verfälschenden Phantomwählenr nun auch noch Phantomkühe beim Melken des Staatssäckels ertappt wurden, scheint die leidgeprüften Bewohner des Balkanstaats derweil kaum zu überraschen.

Im letzten Sommer hatte selbst der allgewaltige Staatschef Aleksandar Vucic über „falsche Subventionsanträge“ für den Getreideanbau auf einer halben Million Hektar von angeblich bewirtschafteten, aber tatsächlich bewaldeten oder brachliegenden Feldern geklagt. Ob Phantomfirmen oder Phantombankrotte; ob Phantomfelder oder Weiden, ob Phantomstatistiken, Phantomgehälter oder Phantomfortschritte, ob Phantomkühe oder Phantomwähler– die Liste der durch Serbien geisternden Phantome sei sehr lang, ätzt das regierungskritische Portal „Direktno.rs“. „Es würde mich nicht wundern, wenn die Phantomkühe auch Phantomwähler sind“, höhnt derweil auf der Seite des Webportals „021.rs“ ein anonymer „Cubi“.

Piotr
15. Februar 2024 - 10.15

Geld ist Geld, egal wo es herkommt und wie es verdient (?) wird.
Desweiteren stinkt es nicht mal. Happy Serbia.

JJ
15. Februar 2024 - 8.32

Willkommen in der EU??