Dienstag11. November 2025

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SerbienEmpörung über Freispruch für mutmaßlichen Mörder eines Journalisten

Serbien / Empörung über Freispruch für mutmaßlichen Mörder eines Journalisten
Bei einer Protestkundgebung am Montag gegen das Urteil halten Demonstrantinnen ein Bild des vor 25 Jahren ermordeten Journalisten Slavko Curuvija hoch Foto: AFP/Andrej Isakovic

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Schützt der serbische Staat seine einstigen Killer? Der fragwürdige Freispruch für die mutmaßlichen Mörder des Journalisten Slavko Curuvija während des Kosovokriegs 1999 löst nicht nur bei den Berufsverbänden Erschütterung aus.

Ein ungesühnter Journalistenmord sorgt beim EU-Anwärter Serbien auch nach 25 Jahren noch immer für Wellenschlag – und Empörung. „Der Staat, der den Mord begangen hat, schützt jetzt die Mörder“, titelte am Dienstag aufgebracht die unabhängige Zeitung Danas. „Wird für den Mord an Slavko Curuvija niemand zur Verantwortung gezogen?“, fragt sich besorgt die Belgrader Zeitung Blic.

Mit einer symbolischen weißen Fahne für Serbiens Justiz, die sich „der Macht ergeben“ habe, zogen zu Wochenbeginn hunderte von Journalisten vor das Berufungsgericht in Belgrad: Der Grund: Nach zehn Monaten hat das Gericht nun den offenbar bereits im Frühjahr gefällten Freispruch für vier frühere Geheimdienstagenten veröffentlicht. In erster Instanz des neu aufgerollten Verfahrens waren sie wegen der Ermordung des Publizisten Curuvija während des Kosovokriegs 1999 noch zu insgesamt 100 Jahren Haft verurteilt worden.

Mit einem Dutzend Schüsse in den Rücken war der 49-jährige Herausgeber der Boulevardzeitung Dnevni Telegraf am 11. April 1999 am helllichten Tag vor seinem Hauseingang erschossen worden. Kurz vor dem Attentat hatte Mirjana Markovic, die Gattin des damaligen Autokraten Slobodan Milosevic, dem wegen der kritischen Berichterstattung seines Blatts in Ungnade gefallenen Journalisten öffentlich vorgeworfen, die NATO-Bombardierung Serbiens verursacht zu haben, und ihm angedroht, dass ihn das „Volk richten“ werde.

Doch es war nicht das Volk, sondern Geheimdienstschergen, denen Curuvija zum Opfer fiel. Erst 16 Jahre nach dem Attentat wurde 2015 der erste Prozess gegen vier frühere Geheimdienstagenten eröffnet: Die Anklage warf dem früheren Geheimdienstchef Radomir Markovic die Anordnung des Auftragsmords vor sowie den früheren Agenten Ratko Romic, Milan Radonjic und Miroslav Kurak die Teilnahme an dessen Vorbereitung und Ausführung.

Justizfarce

Erst 2019 wurden die vier Angeklagten in erster Instanz zu insgesamt 100 Jahren Haft verurteilt – ein Urteil, das von der Berufungsinstanz wegen angeblicher Verfahrensfehler ein Jahr später wieder kassiert wurde. In dem neu aufgerollten Prozess wurden die einstigen Agenten 2021 in erster Instanz zwar erneut zu jeweils 20 bis 30 Jahren Haft verurteilt, doch nun vom Berufungsgericht wegen angeblich mangelnder Beweise freigesprochen.

Schützt der serbische Staat seine einstigen Killer? Von einer seit über 24 Jahren andauernden Justizfarce, die nur dazu diene, dass das Attentat nie gesühnt werde, spricht entrüstet Branka Prpa, die einstige Lebenspartnerin des Mordopfers: „Die Repräsentanten der damaligen Machthaber, die hinter dem Mord standen, sind noch immer an der Macht.“