Donnerstag13. November 2025

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BrüsselVon Atombombe bis Zypernkonflikt: Die Herausforderungen für die EU

Brüssel / Von Atombombe bis Zypernkonflikt: Die Herausforderungen für die EU
Ursula von der Leyen und der belgische Premierminister Alexander de Croo treffen sich am Freitag zu strategischen Absprachen für die belgische Ratspräsidentschaft  Foto: AFP/Kenzo Tribouillard

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An diesem Freitag treffen sich EU-Kommission und belgische Ratspräsidentschaft zu strategischen Absprachen über die Themen, die bis zu den Europawahlen Anfang Juni noch Gesetz werden sollen. Doch die Herausforderungen für die EU gehen im Wahljahr weit darüber hinaus.

Manchmal feiern Europapolitiker einen Verzicht mehr als eine Novelle. So verkündete der EU-Umweltexperte Peter Liese am Donnerstag voll Freude von einem Telefonat mit Vize-Kommissionspräsident Maros Sefcovic, in dem dieser zusicherte, die geplante neue Chemikalienrichtlinie (Reach) nicht mehr auf den Tisch zu legen. Die chemische Industrie, die besonders in Deutschland bereits mit dem Abbau von Kapazitäten begonnen habe, könne einstweilen aufatmen, unterstrich Liese; die befürchteten Verschärfungen kämen erst einmal nicht. „Die Situation ist dramatisch“, fasste der CDU-Europaabgeordnete den Stand der Deindustrialisierung zusammen. Darauf müsse die Berliner Ampelkoalition in erster Linie reagieren. „Wir müssen aber auch in Europa zweimal überlegen, ob eine Maßnahme wirklich nötig ist“, lautete seine Empfehlung für die verbleibende Gesetzgebungsarbeit der drei EU-Institutionen Kommission, Ministerrat und Parlament.

Damit die noch ausstehenden Vorhaben noch vor den EU-Wahlen im Gesetzblatt stehen, müssen die EU-Gesetzgeber die verbleibenden Projekte bis Anfang März ausverhandelt haben, damit sie ihre letzte Zustimmungsrunde durch Rat und Parlament absolvieren können. Das gilt für eine der größten Herausforderungen der EU im Wahljahr: den Umgang mit der Migration. Kurz vor Weihnachten gelang in den Jumbo-Verhandlungen über fünf EU-Verordnungen zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem zwar der Durchbruch. Aber nur zu einer politischen Grundsatzeinigung. Viele wichtige und stark umstrittene Details müssen noch ausverhandelt werden. Das will die am 1. Januar ins Amt gekommene belgische Ratspräsidentschaft mit Nachdruck verfolgen.

„Schützen, stärken, vorbeugen“

„Schützen, stärken, vorbeugen“ hat Belgiens Ministerpräsident Alexander de Croo als Motto der Präsidentschaft von Januar bis Juni gewählt. Sechs Schwerpunkte hat er sich mit seinen Ministern vorgenommen. Es soll vorrangig um die Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie gehen, um eine gestärkte Wettbewerbsfähigkeit, einen grünen und gerechten Übergang, eine verstärkte Sozial- und Gesundheitsagenda, um den Schutz von Menschen und Grenzen und um die Förderung eines globalen Europas.

Was da so wohlklingend daherkommt, hat das Potenzial für schrille Auseinandersetzungen und verheerende Entwicklungen. Denn 2024 geht Europa ins dritte Kriegsjahr des russischen Vernichtungsfeldzuges gegen die Ukraine und die europäische Friedensordnung. Hunderte von Raketenangriffen auf zivile Objekte haben zum Jahresauftakt eigentlich ein Fanal geliefert, auf das die Welt früher sicherlich mit massiven diplomatischen Maßnahmen reagiert hätte. Doch kein einziger der 27 EU-Staaten bestellte einen russischen Botschafter ein. Gleichwohl wird die EU über sich hinauswachsen müssen, wenn sie dem russischen Imperialismus Einhalt gebieten will.

Deutschlands Ex-Außenminister Joschka Fischer hat darauf verwiesen, dass Europa nicht nur durch Putins rücksichtslose Aggression, sondern auch durch eine mögliche zweite US-Präsidentschaft Trumps bedroht wird und daraus geschlossen, dass sich die EU eine eigene atomare Abschreckung zulegen müsse. Der Verweis auf die Nuklear-Arsenale Frankreichs und Großbritanniens sei zu kurz gedacht. Doch die EU tut sich derzeit schon schwer damit, die Munitionsproduktion in eine Dimension zu bringen, die der Ukraine eine wirksame Verteidigung ermöglicht. Und bei einem Sondergipfel am 1. Februar müssen die Staats- und Regierungschefs erst noch das hinkriegen, was ihnen im Dezember wegen des ungarischen Vetos nicht gelungen ist: die finanzielle Unterstützung der Ukraine mit einem 50-Milliarden-Vierjahres-Paket sicherzustellen.

Erweiterung vorantreiben

Damit einher geht es in der belgischen Präsidentschaft um die konkrete Umsetzung des Grundsatzbeschlusses vom Dezember-Gipfel, Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau zu beginnen. Im März ist ein neuer Sachstandsbericht und die Perspektive für die Gesprächsaufnahme zu erwarten. Und versprochen ist der Türkei, deren EU-Perspektive auf die Tagesordnung zu nehmen. Erschwert wird das jedoch nicht nur durch die Menschenrechtslage im Land, sondern auch durch die türkische Besetzung Nordzyperns, die sich 2024 zum 50. Mal jährt und dem EU-Mitglied Zypern schwer zu schaffen macht.

Zu den äußeren Bedrohungen der EU kommt die Gefahr einer Auflösung Europas von innen, wenn Europafeinde bei den EU-Wahlen im Juni zu stark werden. „Die Europawahl ist ein Endspiel für die europäische Demokratie“, macht Rasmus Andresen, Sprecher der deutschen Grünen in Brüssel und Straßburg, klar. Mit Sorge sieht er eine wachsende Achse rechter Politik von Orban in Ungarn über Meloni in Italien, die AfD in Deutschland bis hin zu Le Pen in Frankreich. Die Abgrenzung müsse auch die Union bei ihrem Wahlkampf deutlicher machen, statt sich die Optionen einer Mehrheit sowohl mit der demokratischen Mitte als auch mit dem rechten Rand offenzuhalten.

rcz
11. Januar 2024 - 16.25

Wird Ursula in USA Atombomben für die EU bestellen, um diese dann an die Ukraine zu verschenken? ...,...