Gewöhnlich ist die Notrufzentrale 112 in einer Nachtschicht mit drei Operatoren, einem „Chef de Salle“ und einem sogenannten „Officier Santé“ besetzt. In der Silvesternacht wurde das Team um einen weiteren Mitarbeiter verstärkt. Eine gute Entscheidung, denn Arbeit gab es genug für den 112-Dienst. Insgesamt 639 Anrufe mussten die Operatoren entgegennehmen.
Am häufigsten erkundigen sich die Leute nach dem diensthabenden Krankenhaus, Arzt, Apotheker, Zahnarzt oder Tierarzt, erzählt Saalchefin Sandra Bettendorf. Solche Anrufe gehören zum Alltag beim 112. Traurigerweise gibt es auch sehr viele aggressive Anrufer. Beispielsweise Leute, die um 20.00 Uhr abends die Postadresse der CNS unter der 112 erfragen wollen. „Wenn wir den Leuten erklären, dass wir hier eine Notrufzentrale für Feuerwehr, Ambulanzen und Notarzt sind, werden wir manchmal aufs Schlimmste beschimpft, erzählt Bettendorf. Dass diese Anrufer eine Leitung für einen lebensbedrohlichen Notfall belegen, interessiert sie nicht.
Erste Hilfe via Telefon
Die Arbeit im 112-Notdienst ist auch in der Silvesternacht sehr belastend für die Operatoren. Kurz vor 20.00 Uhr eine dramatische Meldung: Ein Kind erleidet schwere Verbrennungen im Gesicht und am Oberkörper. Der Mitarbeiter entsendet sofort die Einsatzkräfte mitsamt Notarzt. In der Zeit zwischen Alarmierung und Eintreffen der Einsatzkräfte bleibt der Leitstellendisponent mit den Eltern in Kontakt. Er gibt Anweisungen für die Erste Hilfe, versucht die Eltern zu beruhigen und Informationen zu geben, wie die Angehörigen die Brandwunden kühlen sollen.

Fast zeitgleich wird eine Schlägerei gemeldet. Vier Polizisten sind verletzt. Ein anderer Disponent übernimmt diesen Notfall. Am Telefon stellen die Operatoren des 112 viele Fragen, insbesondere über den Zustand des oder der Patienten. Je mehr Informationen vorliegen, umso gezielter können die Einsatzkräfte entsendet werden.
Gegen 21.15 Uhr wird es etwas ruhiger. Zeit zum Feiern bleibt indes nicht. Die Nachtmannschaft hat sich eine kalte Platte beim Traiteur bestellt. Gemeinsam am Tisch zu sitzen, ein wenig zu plaudern und zu essen, ist nicht möglich. Die Mitarbeiter müssen auf ihren Posten bleiben. Es gibt also nur ein „Walking Dinner“.
„Ein Mensch, der ein Leben rettet, ist ein Held. Wenn man 100 Leben rettet, ist man Operateur im 112“
Im Laufe der Nacht nimmt die Anzahl an Anrufer zu: Vier Verkehrsunfälle, sechs Brände, drei Schlägereien und drei Telefon-Reanimationen dominierten das Geschäft am Abend. Die Reanimation via Telefon verlangt den Disponenten viel ab. Sie erteilen dem Anrufer Anleitungen zur Wiederbelebung. Ein Bild von der Einsatzstelle haben die Leute im 112 nicht. Sie müssen sich auf die Stimme des Anrufers verlassen. In derartigen Situationen greift der „Chef de salle“ ein. Er übernimmt die Koordinierung der Einsatzkräfte, während der Disponent weitere Anleitungen erteilt und den Anrufer ständig telefonisch bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes begleitet. Solche Anrufe sind eine schwere Belastung für die Operatoren beim 112, sagt Sandra Bettendorff. Zwischen dem 1. Juni und dem 31. Dezember gab der 112-Dienst über 80-mal telefonische Anleitungen zu einer Wiederbelebung. In der Silvesternacht war dies dreimal der Fall.
„Ein Mensch, der ein Leben rettet, ist ein Held. Wenn man 100 Leben rettet, ist man Operateur im 112“, sagt die Saalchefin. Dieser Insider-Witz trifft durchaus zu. Wir retten hier täglich Leben, so Bettendorf. Häufig seien es auch Suizid-Anrufe, halt ein Spiegelbild der Gesellschaft. Noch an Weihnachten musste die 52-Jährige eine solche Situation handhaben. Die Kunst der Operatoren besteht darin, die Menschen, die ihrem Leben ein Ende setzen, wollen, im Gespräch zu behalten, zu verhindern, dass der Anrufer auflegt. Im Hintergrund wird der Rettungsdienst alarmiert und zur lokalisierten Person entsendet.
Vielsprachigkeit gefragt
Eine Besonderheit beim 112 in Luxemburg ist die Sprachenvielfalt. „Wir fungieren manchmal als Übersetzer“, so Bettendorf. Vor nicht allzu langer Zeit stellte eine Leitstelle aus Mecklenburg-Vorpommern den Notruf eines französischen Touristen durch. Dessen Mutter benötigte dringende medizinische Hilfe in Paris in ihrer Wohnung. Die Sprachbarrieren zwischen den Kollegen der deutschen Leitstelle, dem Anrufer und der Leitstelle in Paris führte dazu, dass die Kollegen aus Deutschland unsere Hilfe beanspruchten“, so Sandra Bettendorff. Man habe sich auf Französisch mit dem Anrufer aus Deutschland unterhalten, und dank der Hilfe der französischen Leitstelle aus dem Grenzgebiet den Notruf in Paris ausgelöst. Auch so rettet der 112-Dienst Leben aus der Ferne. Für Sandra Bettendorf ist es der schönste Beruf der Welt. „Es ist eine Genugtuung, wenn man täglich Leben retten kann.“ Man gehe aber auch anders durchs eigene Leben. Bei jedem Notruf ist man „live“ dabei, wenn das Leben eines anderen Menschen sich im Bruchteil einer Sekunde dramatisch verändert, so Bettendorff. Dann erfreue man sich an vielen Kleinigkeiten im eigenen Leben.



De Maart
ein Böllerverbot wird die Jungs sicher entlasten.