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RusslandWie zu Stalins Zeiten: Der Schriftsteller Boris Akunin wurde zum „Terroristen“ erklärt

Russland / Wie zu Stalins Zeiten: Der Schriftsteller Boris Akunin wurde zum „Terroristen“ erklärt
Der russische Schriftsteller Boris Akunin lebt seit 2014 in Großbritannien, wo er seine Meinung frei äußern darf. In Russland hätten ihn die Machthaber bereits in ein Gefängnis verschleppt. Foto: AFP/Kirill Kudryvtsev

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Der russische Schriftsteller Boris Akunin war noch vor einiger Zeit der am meisten gelesene Krimiautor Russlands. Nun hat ihn der Staat zum „Terroristen“ erklärt. Seine Bücher werden aus den Ladenregalen entfernt.

Kaum über 20 ist er, nicht einmal 1,60 Meter groß, schmächtig, mit glatten, schwarzen Haaren und blauen, eng stehenden Augen, Haut: reinweiß. So beschreibt der russische Autor Boris Akunin seinen eher tölpelhaften Ermittler Fandorin, der im Zarenreich fast schon fantastisch anmutende Fälle löst. Mit dieser Figur ist der im sowjetischen Georgien als Grigori Tschchartischwili geborene Autor weit über Russlands Grenzen hinaus bekannt geworden. „Fandorin“ ist lustig, ist feingeistig – und in russischen Buchläden seit wenigen Tagen nicht mehr zu finden. Entfernt samt allen anderen Büchern Akunins.

Der Grund: Der Staat hat den 67-jährigen Erfolgsautor auf die „Liste der Terroristen und Extremisten“ gesetzt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Rechtfertigung von Terrorismus und Verbreitung von Falschnachrichten. Der Moskauer Verlag AST, der Akunins Bücher seit jeher publiziert, hat den Druck seiner Werke eingestellt. Auch auf russischen Online-Plattformen werden Akunins Bücher nicht mehr gelistet. Die Moskauer Buchhandlung „Sacharow“, die „Fandorin“ und Co. weiterhin zum Verkauf anbot, wurde von den Sicherheitskräften durchsucht, die Inhaberin zur Befragung mitgenommen. Akunin ist wegen seiner Kritik am russischen Krieg gegen die Ukraine zum „Feind Russlands“ erklärt worden – und wird gecancelt.

Meine unglückselige Heimat ist in die Hände von Verbrechern geraten

Boris Akunin, russischer Schriftsteller

Noch vor wenigen Jahren überhäufte ihn der Staat mit Preisen, nun stempelt er ihn als Kriminellen ab. „Meine unglückselige Heimat ist in die Hände von Verbrechern geraten“, schrieb Akunin nach der Entscheidung der russischen Finanzaufsichtsbehörde Rosfinmonitoring, ihn auf die Terroristen-Liste zu setzen. „Die Menschen, die dort leben, auch die, die es noch nicht gemerkt haben, sind Geiseln. Das ist kein böser Traum. Das passiert in Russland wirklich.“

Duma-Abgeordneter will „physische“ Vernichtung

Akunin, wie auch sein Schriftsteller-Kollege Dmitri Bykow, waren auf Videoanrufe der kremltreuen Comedians Wowan und Lexus hereingefallen. Diese riefen als ukrainischer Kulturminister und ukrainischer Präsident Wolodymyr Selenskyj bei Akunin an. Da Selenskyj noch zu seinen Schauspieler-Zeiten „Fandorin“ spielte und Akunin ihn deshalb persönlich kannte, machte sich der Schriftsteller offenbar kaum Gedanken über den merkwürdigen Anruf. Er berichtete darin über seine Unterstützung für die Ukraine, zeigte Verständnis für ukrainische Angriffe auf russisches Territorium und sagte, wie er das bereits mehrfach getan hatte, Russland sei zu moskauzentriert (in Moskau selbst gelten solche Aussagen als Aufrufe zum Separatismus). Kurz nachdem die Aufzeichnungen des Gesprächs veröffentlicht worden waren, bekam es Akunin, der seit 2014 in Großbritannien lebt, mit den russischen Behörden zu tun. Wenn auch in Abwesenheit.

„Es scheint ein unbedeutendes Ereignis, was ist schon dabei, so ein Buchverbot“, schrieb er daraufhin bitter. Dass Akunins Bücher so bereitwillig aus den Bücherregalen genommen werden, dass auch andere Autorinnen und Autoren, vor allem die, die der Staat als „ausländische Agenten“ listet, kaum mehr in russischen Buchläden zu finden sind, ist eine neue Zäsur in Putins Russlands. Seit den Zeiten des Großen Terrors unter Stalin wurde kein Schriftsteller zum Terroristen erklärt, Bücher wurden zuletzt in der Sowjetunion verboten. Für manche ist das offenbar nicht genug. Der Duma-Abgeordnete Andrej Guruljow forderte offen, Akunin gehöre „physisch vernichtet, egal, wo er sich aufhält“. Eine solche Rhetorik ist mittlerweile alltäglich in Russland.

fraulein smilla
24. Dezember 2023 - 17.54

Wer noch nicht weis dass Russland von einer Gang regiert wird , sollt unbedingt Putins Netz von Catherine Belton lesen . Zusammenfassend koennte man sagen , fast jeder Staat hat einen Geheimdienst ausser in Russland ,da hat der Geheimdienst sich einen ganzen Staat unter den Nagel gerissen .