Ein Meer von Kerzen und Blumen bedeckt den Boden des Foyers und den Innenhof der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität. Das Gebäude am Jan-Palach-Platz, nur wenige hundert Meter vom Altstädter Ring und der Karls-Brücke entfernt, war am Donnerstagnachmittag zum Schauplatz eines Amoklaufes geworden. Eine Viertelstunde vor 15 Uhr hatte David K. die Fakultät betreten und begonnen, aus mitgeführten Waffen um sich zu schießen. 14 Menschen ließen im Kugelhagel ihr Leben – bis zum Freitagmittag hatte die Polizei alle Opfer identifiziert: Es handelte sich um Studierende und Mitarbeitende der Universität, allesamt tschechische Staatsbürger. Unter den 25 Verletzten befanden sich drei Ausländer, ein Niederländer sowie zwei Bürger der Vereinigten Arabischen Emirate.
Der Attentäter selbst hatte sich im Dachgeschoss des Gebäudes selbst gerichtet. Sowohl die Polizei als auch der Inlandsgeheimdienst BIS gaben bekannt, dass es sich um einen Einzeltäter handelte, ein terroristischer Hintergrund sei auszuschließen.
David K., ein Geschichtsstudent aus Hostouň (Kreis Kladno), hatte sich am frühen Nachmittag Zutritt zum Fakultätsgebäude verschafft. Bereits auf der Straße hatte er auf drei Passanten geschossen und sie verletzt. Obwohl die Polizei nach ersten Alarmierungen mit einem Großaufgebot anrückte, setzte der Täter seinen Amoklauf fort. Im Gebäude der Universität erschoss David K. 14 Menschen. Im Verlauf seiner Tat begab er sich schließlich auf das Dach des Gebäudes, von wo aus er auf die umliegenden Straßen schoss.
Studierende und Mitarbeitende der Fakultät verbarrikadierten sich in Räumen, einige von ihnen kletterten aus Angst aus dem Fenster und versuchten, sich auf den Dachsimsen zu verstecken.
Opfer identifiziert
Wie die Polizei in einer Pressekonferenz am Freitagmorgen bekannt gab, konnten alle 14 Opfer identifiziert werden, darunter befand sich auch die Direktorin des Musikwissenschaftlichen Instituts. 13 der Opfer fanden noch am Ort des Geschehens den Tod, ein vierzehnter Student erlag seinen schweren Verletzungen im Krankenhaus. Wie ein Sprecher der Gesundheitsbehörden mitteilte, seien die Verletzten inzwischen in stabilem Zustand, niemand befinde sich mehr in Lebensgefahr.
Unklar ist für die Ermittler noch das Motiv der Tat. Die Polizei hatte bereits im Verlauf des Donnerstags nach David K. gefahndet. In Hostouň wurde im Wohnhaus des Täters die Leiche des Vaters gefunden, der ebenfalls erschossen wurde. Bei der Durchsuchung des Hauses erhielt die Ortspolizei Hinweise, dass der Gesuchte zu einem Vortrag an der Philosophischen Fakultät erwartet wurde und verständigte die Prager Kollegen. Bei deren Eintreffen an der Fakultät hatte K. seinen Amoklauf bereits begonnen.
Bei der Pressekonferenz erklärten die Ermittler, dass David K. im Besitz von mehreren legalen Schusswaffen gewesen war und die Tat offenbar bereits seit längerem vorbereitet hatte: Im Gebäude der Fakultät fanden sich sowohl ein reichhaltiges Munitionsdepot sowie weitere Schusswaffen.
Professoren und Mitstudierende beschrieben den Täter als einen ruhigen und unauffälligen Studenten. Im vergangenen Sommer hatte K. seine Bachelorarbeit in Geschichtswissenschaften erfolgreich verteidigt; die Arbeit war ihrer guten Qualität wegen sogar mit einem Preis ausgezeichnet worden.
Tat von sozialen Medien inspiriert
Psychische Auffälligkeiten hatte im Vorfeld niemand beim Amokläufer wahrgenommen. Dennoch, seinem Tagebuch als auch seinen Interessen in sozialen Medien zufolge, befasst sich K. mit Amokläufen in Schulen und hegte offenbar Nachahmungsfantasien. Was letztlich der Auslöser für die jetzige Tat war, ist bislang nicht geklärt. Ferner wird David K. möglicherweise auch für einen Mord an einem Vater und dessen fünfjähriger Tochter in einem Wald bei Klánovice unweit Prags verdächtigt.
Staatspräsident Petr Pavel und Ministerpräsident Petr Fiala zeigten sich von der Tat erschüttert und drückten den Angehörigen der Opfer und Verletzten ihr Mitgefühl aus. Für den heutigen Samstag ist Staatstrauer angeordnet. Die sonst so beliebten und belebten Weihnachtsmärkte am Altstädter Ring und auf dem Wenzelsplatz haben seit der Tat nur einen eingeschränkten Betrieb.
De Maart
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