
Schön war es dann auch zu sehen, dass in diesem Gala-Konzert Bühne für zwei noch sehr junge Künstler geschaffen wurde. Der junge südkoreanische Bariton Kim Tae-han, schon fast ein Bass-Bariton, stellte seine Kunst in drei Liedern von Richard Strauss („Zueignung“, „Heimliche Aufforderung“ und „Liebeshymnus“), in Richard Wagners „Lied an den Abendstern“ aus Tannhäuser und der Arie „Mein Sehnen, mein Wähnen“ aus Erich Wolfgang Korngolds Oper „Die tote Stadt“ vor. Kim, gerade mal 22 Jahre alt, beeindruckte mit einer wunderbar vollen und festsitzenden Stimme sowie einer präzisen Diktion und einem schönen Timbre. Dank einer sehr guten Atemtechnik konnte er die Lieder und Arien sehr sorgfältig und langsam angehen und dabei sehr präzise und voll aussingen. Begleitet wurde er von einem sehr fein und dezent aufspielenden Luxembourg Philharmonic, das von dem erst 23-jährigen finnischen Dirigenten Tarmo Peltokoski geleitet wurde, der den Solisten quasi auf Händen zu tragen verstand. Das war große Dirigierkunst.
Nach der Pause stand anschließend Anton Bruckners Vierte Symphonie auf dem Programm, sicherlich nicht das geeignetste Werk für ein Gala-Konzert mit einem eher unkundigen Publikum. Aber sehr wohl geeignet, um einem jungen Dirigenten wie Peltokoski die Gelegenheit zu geben, sich ohne Risiko an einem Riesenwerk wie Bruckners Vierter auszuprobieren. Das Resultat war dann auch mehr als zufriedenstellend. Wenn man natürlich die typisch Bruckner’sche Aura ebenso vermisste wie eine durchgehende Innenspannung oder die Wichtigkeit der Pausen, so beeindruckte Tarmo Peltokoski mit einer hervorragenden Orchesterarbeit. Der Dirigent setzte auf sehr langsame Tempi, die allen Pulten zuerst einmal die Möglichkeit gaben, große Bögen zu formen und dabei voll auszuspielen. Vor allem aber erreichte der junge Dirigent, dass die Musiker ihm mit hörbarer Hingabe folgten. Interessant war auch zu sehen, wie Peltokoski den Klang formen konnte, wie er mit sehr kleinen Bewegungen der rechten Hand eine Crescendo vorbereiten und dann explosionsartig auflösen konnte. Zudem legte er sehr viel Wert auf Neben- und Mittelstimmen, ließ das Werk quasi schichtweise erklingen und erreichte somit eine natürliche Transparenz, die dem Werk sehr gut tat. Wenn diese Arbeit dann auf der anderen Seite auch etwas buchstabiert und ohne rechte Spannung erschien, so bleibt das hinsichtlich des jungen Alters, des Mutes und des großen handwerklichen Talents von Tarmo Peltokoski erst einmal zweitrangig. Das Fundament, in einigen Jahren ein großer Interpret zu werden, ist jedenfalls vorhanden.
Kruithofs Haydn ließ aufhorchen
Ein ebenso aufstrebender junger Künstler ist der junge luxemburgische Cellist Benjamin Kruithof, 24 Jahre, der übrigens vom Concertgebouw Amsterdam und der Philharmonie Luxemburg als ECHO Rising Star für die Spielzeit 2024/25 nominiert wurde. Kruithof stellte sich mit dem Cellokonzert Nr. 1 von Josef Haydn, einem Muss für jeden Cellisten und deshalb eine doppelte Herausforderung. Kruithof überraschte mit einer recht kernigen Interpretation, die nicht nur auf große Linien konzentriert war, sondern die Musik mal fließend, mal brüchig darstellte. Indem Kruithof auf zu viel Virtuosität verzichtete, das Konzert mit kammermusikalischem Schliff versah und so präziser an der Substanz arbeitete, bot er eine eher ungewöhnliche, ja neue, aber in allen Punkten handfeste Interpretation dieses viel gespielten Konzerts. Christoph König und die Solistes européens Luxembourg stellten sich dann auch ganz in den Dienst des Solisten und gingen mit ihm eine äußerst dynamische und kammermusikalisch ausgewogene Beziehung ein. Dieses Haydn-Konzert war Teil eines mit „Christmas Fireworks“ betitelten Konzertes, das kurz vor Weihnachten barocke Schönheit und Wohlklang vermitteln sollte. König begann jede Konzerthälfte mit je einem feierlichen Werk von Giovanni Gabrieli, nämlich „Canzon in Echo a 12“ und „Canzon septimi e octavi toni a 12“, wobei die Bläser auf zwei gegenüberstehenden Türmen bzw. zusätzlich auf der Orgelempore (für das zweite Stück) positioniert waren und so Gabrielis Absichten genau entsprachen.
Beide Werke wurden ja für die Akustik des Markusdoms in Venedig geschrieben. Dank der Klangschönheit der SEL-Bläser konnte das Publikum hier an einer außergewöhnlichen Darbietung teilnehmen. Dass die SEL nicht unbedingt ein Barockorchester sind, stellte man im Konzert „L’Inverno“ (aus den Vier Jahreszeiten) von Vivaldi und in Arcangelo Corellis „Concerto grosso 6/8“ fest, das der Komponist für Weihnachtsnacht geschrieben hatte. Christoph König dirigierte sehr feinfühlig, die SEL spielten korrekt und stimmungsvoll, den heute üblichen Biss und Akzentreichtum, den uns die historisch informierte Aufführungspraxis ja gelernt hat, suchte man vergeblich. Stattdessen konnte das Publikum eine gelungene, im Klang runde und weiche Interpretation dieser beiden Werke genießen. Spannender geriet den Musikern die abschließende Feuerwerksmusik von Händel, bei der die Klangmischung quasi ideal war, sodass die feierliche Stimmung hier voll zum Tragen kam. Dieses „Christmas Fireworks“-Konzert war dann auch das letzte für Eugène Prim, den langjährigen „Directeur général“ des Orchesters, der sein Amt nun an Serge de Cillia weiterreicht. Ihm zu Ehren spielte „sein“ Orchester zum Abschluss „Salut d’amour“ von Sir Edward Elgar.
De Maart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können