Hätte im März dieses Jahres jemand den Fans in Bosnien-Herzegowina gesagt, dass ihr Nationalteam in der EM-Qualifikation schon zwei Spieltage vor Schluss keine Chance mehr auf ein EM-Ticket haben würde und dass, innerhalb von drei Monaten, zwei Teamchefs gefeuert würden, hätten dies wohl nicht einmal die schlimmsten Pessimisten für möglich gehalten.
Jedoch ist genau das passiert. Nach dem 0:2 gegen Luxemburg, einer Niederlage, die von vielen Fans empfunden wurde, als hätte man gegen San Marino oder Andorra verloren, trennte sich der Fußballverband von Teamchef Faruk Hadzibegic. Es war dies die dritte Niederlage in Folge unter der Führung des Coachs, der den Posten erst im Januar übernommen hatte.
Seinem Nachfolger Meho Kodro erging es aber noch schlimmer. Am 3. August wurde Kodro als neuer Teamchef vorgestellt und bereits am 21. September kam es zu seiner umstrittenen Entlassung. Nach lediglich zwei Spielen: Einem 2:1-Heimsieg gegen Liechtenstein und einer unglücklichen 0:1-Auswärtsniederlage gegen Island (wobei der entscheidende Treffer in der ersten Minute der Nachspielzeit fiel).
Niemand konnte diesen Schritt der N/FSBiH-Bosse nachvollziehen. Verbandspräsident Vico Zeljkovic versuchte, die Entscheidung zu rechtfertigen, konnte dabei aber niemanden überzeugen. Es soll angeblich um einen technischen Bericht des Trainers gehen, den das Exekutivkomitee des N/FSBiH angeblich nicht akzeptiert bzw. abgesegnet hatte. Zeljkovic wollte die Entscheidung ebenfalls damit begründen, man hätte Kodro bei seinem Amtsantritt zu verstehen gegeben, dass er aus diesen zwei Spielen sechs Punkte holen müsste – um die damals noch kleine Chance auf ein EM-Ticket zu wahren. Kodro hat dies dementiert und erzählte außerdem in einem TV-Interview, dass sich N/FSBiH in seine Arbeit einmischen wollte. Und zwar konkret in die Auswahl der Spieler für den Teamkader.
Damit nicht genug. Der N/FSBiH-Präsident unternahm außerdem einen glücklosen PR-Stunt, als er ankündigte, Vahid Halilhodzic als neuen Teamchef verpflichten zu wollen. Halilhodzic, von dem man weiß, dass er unter den aktuellen Umständen kein Interesse an dieser Aufgabe hat, ließ ihn eiskalt abblitzen. Den Stars Edin Dzeko und Miralem Pjanic wurde vonseiten der Fans sowie vereinzelter Medien vorgeworfen, in so einer Lage zu zurückhaltend zu sein, anstatt ihre Meinung über solch eine Vorgangsweise der N/FSBiH-Führung zu äußern.
Bereits eine Woche später wurde Savo Milosevic (50) als neuer Teamchef bestätigt. Ob es ihm gelingen wird, das desolate bosnische Boot wieder fahrtüchtig zu machen und – über die Nations-League-Play-offs – auf EM-Kurs zu führen, bleibt abzuwarten. Vorausgesetzt natürlich, die Verbandsbosse gewähren ihm mehr Zeit als seinen glücklosen Vorgängern …
Dass der Serbe Milosevic in der bosnischen Öffentlichkeit mit heftigem Gegenwind rechnen muss, scheint unvermeidbar. Nicht nur aufgrund seiner relativ bescheidenen Biografie als Cheftrainer. Bei seinem Einstand gab es einen 2:0-Sieg in Liechtenstein, drei Tage später jedoch folgte eine 0:5-Schlappe gegen Portugal in Zenica. Es hätte auch schlimmer ausgehen können, wenn Cristiano Ronaldo und Co. bis zum Schluss Gas gegeben hätten. Die fünf Treffer erzielten sie noch vor der Halbzeitpause.
Viele Stammspieler fehlen im „Testspiel“
Das bevorstehende Spiel gegen Luxemburg sowie das letzte gegen die Slowakei will Milosevic als Testspiele für die Play-offs nutzen, muss dabei jedoch auf mehrere Stammspieler verzichten. Torhüter Ibrahim Sehic (Khaleej/Saudi-Arabien), die Abwehrspieler Sead Kolasinac (Atalanta/I), Anel Ahmedhodzic (Sheffield United/ENG) und Adrian Leon Barisic (Basel/CH) sowie Spielmacher Miralem Pjanic (Sharjah/VAE) fehlen aufgrund von Verletzungen, während dem 37-jährigen Stürmerstar und Kapitän Edin Dzeko (Fenerbahçe Istanbul/TUR) diesmal eine Auszeit gegönnt wurde.
„Der Plan ist, dass die bevorstehenden Partien als Vorbereitungsspiele dienen für das, was uns im Play-off erwartet. Wenn ich sie als Vorbereitungsspiele bezeichne, bedeutet das nicht, dass ich ihnen weniger Bedeutung beimesse, denn für mich gibt es keine Freundschaftsspiele“, sagte Milosevic in einem TV-Interview letzte Woche.
Anstatt sich nur auf das Sportliche zu konzentrieren und zu freuen, muss leider auch darauf hingewiesen werden, dass es im Stade de Luxembourg wieder zu möglichen Ausschreitungen vonseiten bosnischer Hooligans kommen könnte. Die FLF hat reagiert und Tickets nicht online, sondern nur in Monnerich verkauft. Das Match in Liechtenstein im Oktober hatte am Rande eines Abbruchs gestanden. Das Spiel musste zweimal unterbrochen werden, nachdem Pyrotechnik-Fackeln aufs Spielfeld geworfen wurden. Gleichzeitig gab es von den bosnischen Ultras, von denen die Mehrheit militante Gegner der aktuellen N/FSBiH-Führung sind, immer wieder „Savez napolje“-Rufe („Fußballverband raus“).
Beim Spiel gegen Portugal gab es keine Ausschreitungen. Die Fans in Zenica beließen es bei Sprechchören gegen den Fußballverband und gegen N/FSBiH-Präsident Zeljkovic. Es bleibt also zu hoffen, dass auch die Partie im Stade de Luxembourg ohne Ausschreitungen über die Bühne gehen wird.
De Maart
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