„Ich werde keinerlei neuen Sanktionen gegen Russland zustimmen“, versprach der neue starke Mann in Bratislava. Diese Sanktionen würden ohnehin nichts bringen und dazu der Slowakei schaden, begründete der linkspopulistische Putin-Freund, der erst am Vorabend als Ministerpräsident vereidigt worden war.
Fico hatte es in den drei Wochen seit den Parlamentswahlen geschafft, seine politische Wunschkoalition zusammenzuzimmern: Neben seiner Partei Smer-SD („Richtung – Sozialdemokratie“), die die Wahlen mit knapp 23 Prozent gewonnen hatte, gehören ihr die 2020 gegründete, eher proeuropäische Smer-Abspaltung „Hlas“ („Stimme“, 15 Prozent) und die EU-feindliche Slowakische Nationalpartei (SNS, 5,6 Prozent) an. Mit der rechtsradikalen SNS hat Fico bereits Regierungserfahrung, holte er die Nationalisten doch schon zweimal in sein Kabinett. Fico selbst ist am Mittwochabend bereits zum vierten Mal Regierungschef des EU- und Eurozonen-Mitglieds geworden.
Zuvor hatte die liberale Staatspräsidentin Susana Caputova vergeblich versucht, die Regierungsbildung ihres langjährigen politischen Gegners über den Brüsseler Gipfel hinauszuzögern. Zweimal legte sie Einspruch gegen die ingesamt drei SNS-Minister ein, die sich Fico ausgewählt hatte. Dazu gehört die offen faschistisch politierende neue Kulturministerin Martina Simkovicova und ein Umweltminister-Kandidat, der die Erderwärmung mehrmals als „Megabetrug“ bezeichnet hatte. Die kleine, aber für die Mehrheit entscheidende Koalitionspartnerin SNS bestand schließlich auf Tomas Tereba, der offenbar Sümpfe trockenlegen und Wälder abholzen will.
Wir werden nicht einen Schuss Munition an die Ukraine liefern
„Wir werden eine konstruktive Regierung sein“, versprach Fico bei der Vereidigung seiner populistischen Regierung am Mittwochabend im Präsidentenpalast. „Sie werden eine souveräne slowakische Außenpolitik sehen“, sagte Fico, der im Wahlkampf ein Ende der Militärhilfen an die Ukraine angekündigt hatte. „Wir werden nicht einen Schuss Munition an die Ukraine liefern“, hatte Fico versprochen und zugleich zu besseren Beziehungen mit Russland aufgerufen.
Entsprechend diesem Credo holte Fico nun den umstrittenen prorussischen Abgeordneten Juraj Blanar (Smer) als Außenminister in sein Kabinett. Banar hatte im April 2022 im slowakischen Nationalrat als einer der einzigen gegen eine Verurteilung der russischen Gräueltaten in Butscha gestimmt. Im Januar desselben Jahres hatte er sich schon konsequent gegen den slowakisch-amerikanischen Militärvertrag gestellt, der den US-Truppen zwei Flugplätze zur Verfügung stellt.
Verteidigungsminister gilt als besonders korrupt
Mindestens ebenso umstritten ist die Ernennung von Robert Kalinak (Smer) zum neuen Verteidigungsminister. Der allgemein als besonders korrupt geltende Fico-Freund war vor der Ermordung des slowakischen Investigativ-Journalisten Jan Kuciak Innenminister. Wütende Proteste hatten ihn und auch Fico 2018 zum Rücktritt gezwungen. Im April 2022 war Kalinak im Zusammenhang mit dem Kuciak-Mord kurzzeitig festgenommen worden, doch kam er bald wieder auf freien Fuß. Ein Verfahren wegen „Gründung einer kriminellen Vereinigung“ wurde plötzlich eingestellt.
Beobachter in Bratislava erwarten, dass sich Fico in den nächsten paar Wochen neben seinem prorussischen Kurs in EU-Fragen auch an sein politisches Vorbild Viktor Orban anlehnen wird. Allerdings ist unklar, wie viel mäßigenden Einfluss die eher proeuropäische Partei „Hlas“ seines ex-Parteifreundes Peter Pellegrini haben wird. Auch hatte sich Fico selbst in der Vergangenheit als EU-Pragmatiker erwiesen und immerhin den Euro mit eingeführt. Für das Nachbarland Ukraine, mit dem die Slowakei im Osten eine knapp 100 Kilometer lange Grenze teilt, brechen indes schwere Zeiten an. Zwar will Fico weiterhin humanitäre Hilfe leisten, doch absolut keine Waffen mehr liefern. Allerdings ist unklar, welches Kriegsmaterial die slowakische Armee überhaupt noch abgeben könnte, nachdem alle Jagdflugzeuge und Raketensysteme sowjetischer Bauart von der liberalen Vorgängerregierung bereits nach Kiew geliefert worden sind.
De Maart
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