PiS erreicht demnach mit 36,7 Prozent ein deutlich schlechteres Ergebnis als 2019. Donald Tusks PO landet mit 29,4 Prozent auf dem zweiten Platz. Dahinter folgen mit sehr guten 14,5 Prozent der zentralistische „Dritte Weg“, mit 8,4 Prozent die „Neue Linke“ und mit 7,2 Prozent die rechts-extreme „Konföderation“, auf die PiS als mögliche Koalitionspartnerin gehofft hatte.
Nach dem für die rechtspopulistische Regierung bereits niederschmetternden Exit-Poll in Polen kam die Auszählung der tatsächlich abgegebenen Stimmen in Polen am Montag nur sehr langsam vom Fleck. Dass diese Langsamkeit gewollt ist, darauf deuteten etwa die am Montagabend um 18 Uhr immer noch fehlenden Resultat der Polen hin, die in Viktor Orbans Ungarn, dem großen Vorbild der PiS, abgestimmt hatten. Die beiden rechten Parteien PiS und „Konföderation“ lagen am Montag den ganzen Tag über bei den Teilresultaten aus den 31.000 Wahllokalen deutlich höher als bei dem Exit-Poll.
248 von 460 Sitzen
Diese Nachwahlbefragungen hatten die drei Oppositionsparteien PO, „Dritter Weg“ und „Neue Linke“ zusammen auf 248 von 460 Sitzen im Parlament hochgerechnet. „Wir haben gesiegt, wir setzten unser Programm fort, egal ob als Regierung oder Opposition“, mit diesen Worten schien PiS-Chef Kaczynski bereits kurz nach Urnenschluss die Niederlage seiner Regierung rund um die Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) nicht auszuschließen. „Ich habe mich noch nie so sehr über den zweiten Platz gefreut. Polen hat gewonnen, die Demokratie hat gewonnen, das ist das Ende der PiS-Regierung“, frohlockte Oppositionsführer Donald Tusk.
PiS hatte die Mobilisierungsmöglichkeiten der Opposition unterschätzt. Die Wahlbeteiligung lag mit fast 73 Prozent über 11 Prozent höher als vor vier Jahren. Dazu hatte man bei PiS den Wertewandel in Polen mitsamt einer rapiden voranschreitenden Abkehr von der katholischen Kirche verschlafen. Auch das Spiel mit der alten Angst vor Deutschland verfing nicht mehr. Zu guter Letzt hatte PiS augenscheinlich zu sehr auf ein gutes Resultat der Rechtsextremen gesetzt, wohl inspiriert vom Erfolg der AfD in Deutschland.
Allgemein wurde am Montag erwartet, dass sich die Wahlresultate bis um Mitternacht noch zugunsten der liberalen und linken Opposition entwickeln. Doch ein gleichzeitig mit den Wahlen von PiS verordnetes Referendum verzögerte die Auszählung zusätzlich. Die Opposition schließt nicht aus, dass dies von langer Hand von den PiS-Strategen genauso geplant war; zumal das von PiS-nahen Richtern beherrschte Oberste Gericht am Freitag entschieden hatte, dass die Wahlzettel nicht vor den Stimmzetteln des Referendums ausgezählt werden müssten. Bei dem zum ersten Mal seit der EU-Beitrittsabstimmung vor 20 Jahren anberaumten Referendum über Renten, Migration und Privatisierung hat PiS eine große Niederlage eingesteckt. Nach Boykottaufrufen von Tusks Bürgerplattform (PO) scheiterte das Referendum wegen einer Teilnahme von unter 50 Prozent, obwohl die teilnehmenden Bürger (vor allem PiS-Anhänger) die Regierungswünsche mit 95-97 Prozent Zustimmung angenommen hatten.
Königsmacher „Dritter Weg“
Als Königsmacher in Polen gilt nun die zentralistische Formation „Dritter Weg“, die sich im Wahlkampf zwar oppositionell, aber auch immer wieder zwischen PO und PiS positioniert hatte. Lange drohte das Wahlbündnis der katholischen Reformpartei „Polen2050“ mit der traditionsreichen kleinen Bauernpartei PSL an der Acht-Prozent-Hürde für Bündnisse zu scheitern, doch nun kann der „Dritte Weg“ laut Exit-Poll und neusten Teilresultaten mit 50-65 (von 460) Abgeordneten rechnen. Dies macht beide Bündnispartner auch für PiS attraktiv. „Ich rechne damit, dass ‚Dritter Weg‘ bald wieder zerfällt“, sagte Vize-PiS-Chef Antoni Macierewicz im polnischen Staatsradio. „Wenn wir an eine Koalition denken, dann werden wir natürlich mit der PSL sprechen“, sagt das PiS-Schwergewicht Joachim Brudzinski. Koalitionsgespräche mit PiS kämen nicht infrage, hieß es jedoch in Kreisen des „Dritten Weges“. Die offiziellen Endergebnisse sollen erst am heutigen Dienstag vorliegen. Es wird also noch spannend in Polen.
De Maart
Ein großer Sieg für die Demokratie und für die EU.
Populisten vermehren sich nämlich wie ein Lauffeuer und das in einer Zeit von sovielen Krisen auf dieser Welt.