Sonntag16. November 2025

Demaart De Maart

Alain spannt den BogenEintauchen ins Klangmeer: Wiener Philharmoniker mit einmaligem Konzert

Alain spannt den Bogen / Eintauchen ins Klangmeer: Wiener Philharmoniker mit einmaligem Konzert
Die Wiener Philharmoniker haben wieder einmal auf eindrucksvolle Weise bewiesen, warum sie eines der weltbesten Orchester sind Foto: Philharmonie Luxembourg/Sébastien Grébille

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Nach dem sehr enttäuschenden Konzert mit Jewgeni Kissin und der Deutschen Radiophilharmonie erlebte das Publikum zwei Tage später, was es heißt, wenn Solist, Dirigent und Orchester wahrlich miteinander kommunizieren und zu welchen Höhenflügen sie dann fähig sind.

Knapp vier Wochen nach den Berliner Philharmonikern stand ein weiteres Weltklasseorchester auf der Bühne der Philharmonie. Die Wiener Philharmoniker haben ihre Spielzeit erst vor wenigen Tagen fulminant im Musikverein eröffnet und gehen nun mit dem gleichen Programm, Dirigenten und Solisten auf eine kleine Europatournee. Im Gepäck: das gewaltige Violinkonzert von Sir Edward Elgar und die 9. Symphonie „Aus der neuen Welt“ von Antonín Dvorák.

Elgars Violinkonzert ist fast eine Hommage an das bekannte Violinkonzert von Johannes Brahms und setzt die Linie dieser wunderbaren Konzerte von Brahms, Tschaikowski und Mendelssohn fort. Allerdings muss man sagen, dass nach dem grandiosen Kopfsatz und einem betörend schönen Andante der Schlusssatz, ein Allegro molto, etwas abfällt. Die Linie, die Elgar mit seinen ersten beiden Sätzen spannt, scheint im Finale zu bröckeln und anders als in den beiden vorherigen Sätzen gibt es hier schon einige eher langweilige Längen. Dass diese aber nicht allzu viel ins Gewicht fallen, ist der Weltklasseleistung von Frank Peter Zimmermann zu verdanken. Der Violinist, den man eigentlich gar nicht in diesem Repertoire erwartet hatte, spielt das Konzert dann mit atemberaubender Intensität.

 Violinist Frank Peter Zimmermann spielte mit atemberaubender Intensität
Violinist Frank Peter Zimmermann spielte mit atemberaubender Intensität

Frank Peter Zimmermanns Geniestreich

Der erste Satz ist eine echte Herausforderung, doch Zimmermann findet exakt die richtige Balance zwischen schwelgerischem Pathos und feinen Linien. Auch der zweite Satz wird durch das kristallklare, niemals überzogene Spiel des Violinisten ungemein aufgewertet. Den dritten Satz gestaltet er, trotz der kompositorischen Schwächen, sehr direkt und fesselnd und lässt den Hörer in keinem Moment von der Angel.

Dass Zimmermann zu diesem wahnsinnig expressiven und in jedem Augenblick schönen Spiel fähig ist, liegt natürlich auch am Dirigenten. Der Brite Daniel Harding legt in seiner Interpretation sehr viel Wert auf einen natürlichen Atem und einen präzisen Puls. Indem er die Wiener Philharmoniker zu einem intensiven, immer pulsierenden und hochspannenden Spiel anhält, entwickeln sich Elgars Orchesterfarben fast wie von selbst. Und auf diesen Klangwogen lässt er dann seinen Solisten regelrecht schwimmen. Im Gegensatz zu vielen anderen Dirigenten verzichtet Harding auf zu viel Pathos; stattdessen lässt er das Orchester ganz natürlich aufblühen und den Wiener Philharmonikern ist es eine Freude, das Publikum in dieses einmalige, immer kontrollierte Klangmeer eintauchen zu lassen.

Wenn alles passt

Nach der Pause dann Antonín Dvoráks 9. Symphonie „Aus der neuen Welt“. Diesen Evergreen haben die Wiener Philharmoniker dann auch im Blut. Alleine ein Blick auf die Diskografie zeigt, unter wie vielen Dirigenten sie im Laufe der Jahrzehnte dieses Werk aufgenommen haben. Da finden sich dann Namen wie István Kertész, Rafael Kubelík, Constantin Silvestri, Lorin Maazel, Herbert von Karajan, Chung Myung-whun oder Karl Böhm.

Unter Daniel Harding erlebte das Publikum in der Philharmonie dann auch eine orchestrale Spitzenleistung. Harding ist kein Dirigent, der sich selbst in den Vordergrund spielt, sondern eher ein Gestalter im Sinne des Werkes. So blieb die Interpretation dann auch recht klassisch; was Harding allerdings an Feinarbeit leistete, wie er diese Musik zum Klingen und zum Blühen brachte, wie präzise da die dynamischen Abstufungen, wie schön die Soli herausgearbeitet wurden, das war schon Weltklasse.

Die Wiener Philharmoniker geizten dann auch nicht mit ihrem Können und zeigten, warum sie eines der weltbesten Orchester sind. Klanglich und spieltechnisch klappte und passte einfach alles. Und wenn man hört, wie fein und nuancenreich alleine der Triangel klingt, wie wunderbar die kammermusikalischen Passagen herausgearbeitet werden und wie subtil der Schlussakkord verklingt, dann weiß man, dass hier kein Ton, keine Note, keine Artikulation einfach nur so gespielt wird. Kein Wunder also, dass das Publikum jubelte. Und natürlich gab es dann zum Dank noch eine kleine Polka von Strauß als Zugabe.