Wie eben am letzten Donnerstag, und das in einem Programm, das alles andere als alltäglich war. Mahlers „Lieder eines fahrenden Gesellen“ mit dem Bariton Georg Nigl und vor allem die 4. Symphonie von Dimitri Schostakowitsch, die, soweit ich informiert bin, noch nie vom Luxembourg Philharmonic gespielt wurde, stellten ein sehr anspruchsvolles Programm dar. Was aber auch zeigte, wie gut sich unsere Musiker innerhalb kürzester Zeit ein derart schwieriges und forderndes Werk wie gerade diese 4. Symphonie nicht nur aneignen, sondern bis ins kleinste Detail makellos ausfüllen können.
Bereits in Gustav Mahlers Liederzyklus zeigte sich das Orchester in allerbester Verfassung. Der Klang war offen und farbenprächtig, das Spiel stimmungsvoll, dynamisch und präzise. Georg Nigl, der die „Lieder eines fahrenden Gesellen“ bereits 2011 mit dem Luxembourg Philharmonic unter Adam Fischer gesungen hatte, zeigte sich dann auch als versierter Interpret. Zum einen wurde er dem Text durch Klarheit und Empathie gerecht, zum anderen besitzt seine höhensichere und kernige Stimme genau die Flexibilität, Subtilität und Durchschlagskraft, die diese Lieder verlangen.
Am Pult des Orchesters stand Jukka-Pekka Saraste, der zukünftige Chefdirigent des Helsinki Philharmonic Orchestra. Der finnische Dirigent, der, wie er mir im Interview sagte, sehr gerne mit unserem Orchester arbeitet, konnte es dann auch zu dieser Weltklasseleistung animieren. Die Musiker ihrerseits schienen ebenfalls gerne von Saraste dirigiert zu werden, wie anders wäre sonst diese Hingabe, diese Brillanz und diese atemberaubende Intensität zu erklären? Saraste, der das schwierige Werk sehr gut kennt und schätzt, dirigierte dann auch mit ungemein klaren, unaffektierten Bewegungen. Seine Einsätze waren präzise und überall, wo Solostimmen oder einzelne Instrumentengruppen glänzen konnten, ließ er den jeweiligen Musikern genug Raum, um ihr Spiel natürlich entwickeln zu können. Die Geschlossenheit und die Intensität dieser Momente passte natürlich hervorragend zu dem Collage-Charakter des Werkes, den Jukka-Pekka Saraste in seiner Interpretation auch sehr deutlich herausarbeitete. Was aber das Schöne an diesem Konzert war: dass alle Mitwirkenden mit gleichem Atem und Puls musizierten, sodass das Organische dieses teuflisch komplexen Werkes das Publikum immer wieder in seinen Bann zog, ohne dass die Modernität dieser Symphonie je vernachlässigt wurde. Am Schluss gab es dann verdiente Standing Ovations für das Luxembourg Philharmonic und für Jukka-Pekka Saraste.
Ein Pianist alleine in seiner Welt

Auch beim Konzert mit Jewgeni Kissin und der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken Kaiserslautern unter Pietari Inkinen gab es zweimal Standing Ovations, denen ich mich aber diesmal nicht anschließen konnte. Der Geburtstag von Sergej Rachmaninow verpflichtet und fordert somit jeden hochkarätigen Pianisten auf, sich noch einmal intensiv mit seiner Musik zu beschäftigen. Das hatte Kissin dann auch getan und präsentierte dem Publikum eine erstaunlich abgespeckte und zurückgenommene Interpretation des 3. Klavierkonzerts.
Das Konzept war interessant, denn es zeigte einen viel feineren und intimistischen Rachmaninow, der von starken Kontrasten lebte. Kissins Spiel war an sich herausragend, allerdings schien er nur für sich zu spielen und fand bzw. suchte keinen richtigen Kontakt zum Orchester und zum Dirigenten. Fast stoisch spielte er seinen Part, quasi ohne Rücksicht auf Verluste. Inkinen, so bemüht er auch war, seinen Star ordentlich zu begleiten, kam mit seinem Orchester auf keinen grünen Zweig. Vielleicht täuschte auch der Eindruck, aber ich hatte nie das Gefühl, als wollten die Musiker der DRP wirklich ihr Bestes geben. Erstaunlich wackelig waren viele Einsätze, das Orchester klang dünn und ohne Körper, die Blechbläser, vor allem die Horngruppe, z.T. regelrecht unschön. Nein, Dynamik und Spielfreude wollten da nicht aufkommen. Umso erstaunlicher, dass das Publikum diese doch sehr mittelmäßige Interpretation so begeistert hinnahm. Aber manchmal bewirken ja große Namen wirklich Wunder.
Kissins Genie blitzte dann aber endlich ganz am Ende noch einmal auf, und zwar in den beiden Walzer-Zugaben von Frédéric Chopin und Johannes Brahms. Nach der Pause dann folgten die drei ersten Tondichtungen aus Bedrich Smetanas Zyklus Ma Vlast, die dem Dirigenten und seinem Orchester dann etwas besser gelangen. Trotzdem hatte ich den Eindruck, dass das Orchester mit der Akustik der Philharmonie nicht gut zurechtkam. Vysherad erklang noch recht zögerlich, die DRP ließ es hier noch an Farben und Innenspannung fehlen, kam aber spieltechnisch etwas besser in Gang. Schön dann Vltava, und auf die Moldau hatten sich wohl viele so richtig gefreut, denn nach einer zu subtilen, feinen und nuancenreichen Interpretation, wo ich eher an ein Bächlein als an einen Fluss denken musste, gab es fröhlichen Zwischenapplaus. Zum Schluss dann Sarka, eine sehr dramatische Tondichtung, bei der in der Interpretation von Inkinen und seinem Orchester leider auch der letzte Schliff fehlte. Zu kontrolliert, zu flach war auch hier wieder die Wiedergabe und hinderte die Musik am Atmen. Ein nur ordentliches Konzert also, das einem aber wohl kaum lange in Erinnerung bleiben wird.
De Maart
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