Irgendwie passte am Sonntagnachmittag, zu Beginn des dritten und letzten Wettkampftages der nationalen Meisterschaften, bei François Grailet alles perfekt zusammen. Im Vergleich zum Samstag hatte es bereits ein wenig abgekühlt. Die angekündigten Gewitter waren jedoch noch nicht über das neue Leichtathletikstadion gezogen, aber dennoch bereits deutlich zu spüren. Die optimalen Wetterbedingungen für eine schnelle Zeit, denn auch der Wind spielte in die Karten und war noch nicht zu stark. All dies wusste der Hürdensprinter zu nutzen – und wie!
Seinen beiden Konkurrenten auf den Bahnen fünf und sechs zog der CSL-Athlet bereits auf den ersten Metern deutlich davon. Grailet meisterte alle Hürden souvrän, blieb an keiner hängen. Dass endlich wieder eine gute Zeit möglich sei, war dem 29-Jährigen während des Rennens schnell klar und als er beim Zieleinlauf auf die Uhr blickte, konnte sich Grailet einen kleinen Jubelschrei nicht verkneifen. Zuerst stand sie bei 13,80 Sekunden, kurz darauf wurde sie sogar noch auf 13,79 korrigiert. Seinen eigenen Landesrekord über 110 Meter Hürden, den der Sprinter vor fast genau zwei Jahren im belgischen Heusden-Zolder aufgestellt hatte, unterbot er im INS um gleich neun Hundertstel und auch die Grenze von 13,80 ist nun endlich geknackt.
Schwieriges Jahr 2022
Keine selbstverständliche Leistung für François Grailet. Obwohl er zum Beispiel Gold bei den Spielen der kleinen Staaten in Malta gewann, lief die Saison vor allem, was die Zeiten betrifft, bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht wie erhofft. „Bisher war die Saison mittelmäßig. Die Tatsache, dass ich bei den nationalen Meisterschaften, vor meinem Publikum, so eine Zeit laufe, ist einfach nur wundervoll. Ich konnte mir nicht mehr erhoffen, außer vielleicht den Weltrekord … Wohl eher in einem anderen Leben“, erklärte er mit einem großen Lachen. Dabei betonte der CSL-Athlet, dass die neue blaue Piste im INS genau für solch schnelle Zeiten gemacht ist: „Sie ist wirklich richtig gut, es macht Spaß, hier zu laufen. Das habe ich schon beim Aufwärmen bemerkt.“
Nachdem er im Jahr 2021 zum ersten Mal einem breiteren luxemburgischen Publikum bekannt wurde, als er sich zuerst den Landesrekord über 110 Meter Hürden und später auch den in der Halle über 60 Meter Hürden sicherte, wurde es im letzten Sommer etwas ruhiger um den Sprinter. Die Qualifikation für die European Championships im August 2022 in München verpasste er. Vor allem die Umstellung auf seinen Vollzeitjob im Krankenhaus machte dem jungen Arzt zu schaffen. „Ein Vollzeitjob ist nicht so einfach mit dem Sport zu kombinieren. Daher bedanke ich mich auch bei meinem ‚Chef de service’ im Krankenhaus, der es mir ermöglicht, meine Arbeitsstunden anzupassen. Das macht in dieser Saison auch den Unterschied. Ich konnte mich besser erholen, ins Trainingslager in die Türkei reisen, was sich alles jetzt bemerkbar macht.“
Die WM in Budapest, deren Qualifikationsperiode noch bis Ende des Monats dauert, ist für den CSL-Athleten kaum mehr zu schaffen. Vor den Meisterschaften fehlten ihm im Ranking bereits zu viele Punkte. Ziel ist damit die Europameisterschaft im kommenden Jahr in Rom und auch der Olympia-Traum lebt beim 29-Jährigen jetzt wieder. „Warum nicht? Ich muss genau mit diesem Schwung weitermachen und schauen, so viele Punkte wie möglich bei nationalen Meisterschaften oder der EM zu machen, wenn ich mich denn qualifizieren sollte. Das ermöglicht, zu träumen.“ Der Landesmeistertitel und der neue Rekord sind da schon einmal ein gelungener Anfang, denn eine Qualifikation dürfte aufgrund der hohen Norm von 13,27 Sekunden nur über das Ranking und fleißiges Punktesammeln führen.
In drei Tagen geht es für den 29-Jährigen auch schon mit einem internationalen Meeting in Lüttich weiter, gefolgt von einem weiteren in Belgien, wo er weitere Zähler einfahren möchte. Eines steht jedoch jetzt schon fest: François Grailet hat sich eindrucksvoll zurückgemeldet.
Zwei Landesrekorde
Neben dem nationalen Rekord von François Grailet über 110 Meter Hürden gab es bei den nationalen Meisterschaften bereits am Freitagabend eine erste nationale Bestleistung zu verzeichnen. Fola-Athletin Jenny Gloden, die man sonst eher auf den 5.000 oder 10.000 Metern sieht und die auch die amtierende Cross-Meisterin ist, holte sich den Landesrekord über 3.000 Meter Hindernis, der nun bei 10:54,55 Minuten liegt. Damit war sie 4,03 Sekunden schneller als Véronique Hansen, die die alte Bestmarke im Jahr 2008 aufgestellt hatte.
De Maart
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