Der 84-jährige Karl-Heinz Thommes aus Niederprüm in der Eifel ist seit 1991 Gründungsmitglied von Special Olympics Deutschland sowie von Special Olympics Rheinland-Pfalz (2004) und heute deren Ehrenpräsident. Eng verbunden mit der Lebenshilfe Prüm hat Thommes sein gesamtes Leben den Rechten von Menschen mit Behinderung und dem Sport mit und für Menschen mit Behinderung gewidmet. Der ausgebildete Lehrer hatte bereits drei Kinder, als 1966 sein Sohn Stephan zur Welt kam. „Der Arzt sagte zu mir: ‚Mit ihrem Sohn stimmt etwas nicht. Aber machen Sie sich keinen Kummer, er wird nicht alt.’ Ich war erst mal geschockt und beschäftigte mich dann eingehend mit dem Thema Down-Syndrom.“
Thommes war Lehrer auf dem Land und hatte in seiner Ausbildung nicht viel Wissen über der verschiedenen Formen von Behinderungen vermittelt bekommen. Auf Rat eines Professors hat er anschließend noch Sonderpädagogik studiert. Dies war der Start einer neuen Etappe. Nach erfolgreichem Zusatzstudium hat Thommes in Prüm eine Behindertenschule mit angegliedertem Sonderkindergarten gegründet. Der sportbegeisterte Lehrer hat dann Anfang der 70er-Jahre ein Angebot für pädagogisches Reiten geschaffen. „Die Erfolge hat man schnell erkannt, mit einem Anwachsen des Selbstwertgefühls der Beteiligten.“
Bei der Lebenshilfe in Marburg war bekannt, dass der Prümer sportbegeistert war. So wurde er über eine neue Bewegung in den USA in Kenntnis gesetzt und gefragt, ob er kein Interesse an einer Teilnahme an den europäischen Spielen von Special Olympics in Nivelles hätte. „Die Bundesspiele waren unangebracht für unsere Schüler. Gleiches Alter, gleiches Geschlecht, gleiche Leistung: die Zusammenstellung hat mich so fasziniert. Die Idee von Special Olympics, dass jeder ein Sieger sein konnte, hat mich so gepackt und nie mehr losgelassen“, sagt er heute.
Ein langer Weg bis zum Ziel
Ab da sollte diese Bewegung das Leben von Thommes mitgestalten. In Marburg stellte er diese Idee des Sporttreibens vor, aber zu diesem Zeitpunkt schien in Deutschland niemand Lust darauf zu haben, auf diesen „amerikanischen“ Zug aufzuspringen. Als eine Einladung kam, an den Weltspielen in Baton Rouge in Louisiana teilzunehmen, war Thommes Feuer und Flamme. Ganz im Gegensatz zu einem Professor der Sporthochschule in Köln, welcher fragte, was „die Behinderten denn da tun sollten“. „Wir werden dort dasselbe tun wie andere Sportler: nämlich Sport treiben“, erklärte Thommes damals. „Um das Ganze eruieren zu können, musste mich ein Sportprofessor begleiten. Professor Kapustin aus Würzburg übernahm diese Rolle.“
Es dauerte noch einige Zeit, bis die Bewegung in Deutschland Fuß fasste, da es auch noch Rangeleien um die Namensgebung gab. Thommes setzte die Idee aber in Rheinland-Pfalz um und konnte Mitstreiter finden. Kurz vor dem Mauerfall bekam er die Nachricht, dass in Köpenick, einem Stadtbezirk von Ost-Berlin, Special Olympics Deutschland gegründet werden sollte. Er war entsetzt. „Das kann doch nicht sein, dachte ich und setzte mich sofort ins Flugzeug nach Berlin. Professor Frank Haydn von Special Olympics sagte mir, dass er jetzt sieben Jahre vergebens gewartet hatte, dass sich was in Deutschland tut, jetzt würde er in der DDR agieren.“
Thommes erklärte ihm, dass er dies nicht tun könnte und er sollte wenigstens die Wiedervereinigung abwarten. „Haydn wollte nichts von Wiedervereinigung wissen. Aber ich konnte ihn überzeugen, abzuwarten. Mein Argument war, dass der Dirigent des Heeresmusikkorps der NVA bestätigte, schon die Uniformen der Bundeswehr im Schrank gehabt zu haben.“ Thommes hatte mit seinem schnellen Eingreifen alles gestoppt und 1991 dann Special Olympics Deutschland mitgegründet. „Das war ein großer Moment“, erinnert er sich.
Noch war ein langer Weg zu bewältigen, denn in den Bundesländern gab es keine Antenne. 1998 fanden dann die ersten Landesspiele 1998 in Stuttgart statt. Mit dem Wechsel des Sitzes der Vereinigung von Würzburg nach Berlin fing erst alles richtig an. Nach den schwierigen Anfängen mit viel Überzeugungsarbeit geht jetzt mit den Weltspielen ein persönlicher Traum in Erfüllung. „Ich habe immer gehofft, dass ich das noch erleben dürfte. Endlich können unsere Kinder, unsere Behinderten, die Anerkennung erfahren, wie sie in den USA existiert. Wir haben lange dafür gekämpft. Der Bund, Berlin und der Deutsche Sportbund stehen dahinter. In Deutschland haben wir das nötige Geld und die Infrastruktur. Es brauchte also nur den Willen, es umzusetzen.“ Thommes freut sich nicht nur auf die Spiele, sondern auch darüber, dass seine Freunde vom Anfang auch noch seine Freunde von heute sind. Um sein Lebenswerk zu würdigen, wurde ein Preis mit seinem Namen ins Leben gerufen.
De Maart
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