Montag10. November 2025

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SlowakeiFreispruch im Mordfall des Journalisten Kuciak – Staatsanwaltschaft hatte lebenslänglich für Hauptangeklagten gefordert

Slowakei / Freispruch im Mordfall des Journalisten Kuciak – Staatsanwaltschaft hatte lebenslänglich für Hauptangeklagten gefordert
Die Ermordung des Enthüllungsjournalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova in der Slowakei hatten 2018 über die Landesgrenzen hinweg für Aufsehen gesorgt Foto: AP/dpa/Ronald Zak

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Am Freitagnachmittag verkündete das Spezialstrafgericht im slowakischen Pezinok die Urteile im Prozess um den Mord am Investigativjournalisten Jan Kuciak und seiner Lebensgefährtin Martina Kušnírová. Zur Überraschung aller Beteiligten wurde der Hauptangeklagte Marian Kočner erneut freigesprochen, seine Vetraute Alena Zsuzsová hingegen zu 25 Jahren Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte in beiden Fällen lebenslänglich gefordert.

Der erneute Prozess war notwendig geworden, nachdem das Oberste Gericht in Bratislava die erstinstanzlichen Freisprüche für Kočner und Zsuzsová aufgehoben und das Verfahren an das Spezialstrafgericht in Pezinko zurückverwiesen hatte.

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen wurde der Angeklagte Marian Kočner um 14.30 Uhr in den Gerichtssaal geführt. Seine mutmaßliche Komplizin Alena Zsuzsová hatte sich entschieden, nicht an der Urteilsverkündung teilzunehmen. Pünktlich um 15.00 Uhr eröffnet die Vorsitzende Richterin Ružena Sabová die Urteilsverkündung. Nebst der Hauptanklage, dem Mord am Investigativjournalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová, ging es in dem Verfahren um die Mordversuche an den Staatsanwälten Maroš Žilinka und Daniel Lipšic, dem früheren slowakischen Justizminister.

Zsuzsová und der Mitangeklagte Dusan Kracina wurden des versuchten Mordes an Žilinka schuldig gesprochen. Das Gericht sah es ferner als erwiesen an, dass Alena Zsuzsová den Mord an Kuciak mit vorbereitet hatte. Der Strafsenat verurteilte Zsuzsová für alle Straftaten zu einer Gesamtstrafe von 25 Jahren Haft, die sie in einem Hochsicherheitsgefängnis verbüßen muss. Zur Überraschung aller Anwesenden und zur großen Enttäuschung der Angehörigen Jan Kuciaks und Martina Kušnírovás wurde der Hauptangeklagte, der Unternehmer Marian Kočner, von den Mordvorwürfen erneut freigesprochen. Der Mitangeklagte Kracina wurde zu einer Haftstrafe von acht Jahren verurteilt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Nebenklage und die Staatsanwaltschaft erneut vor dem Obersten Gericht Einspruch erheben werden.

Demonstrationen möglich

Der Doppelmord an Jan Kuciak und Martina Kušnírová hatte in der Slowakei ein politisches Erdbeben ausgelöst. Der sozialdemokratische Premier Robert Fico – ein enger Vertrauter Kočners – musste seinen Rücktritt einreichen. Die Folgeregierungen der Bewegung OLaNO hangelten sich von Krise zu Krise, bis kürzlich das Kabinett Eduard Hegers zurücktreten musste. Staatspräsidentin Zuzana Čaputová berief eine technische Regierung unter Führung von Ludovít Ódor, der bisherigen Nummer zwei der slowakischen Nationalbank. Sie wird bis zu den vorgezogenen Neuwahlen, die auf den 30. September festgelegt sind, im Amt bleiben.

Das Bekanntwerden der in der slowakischen Geschichte einmaligen Morde an Kuciak und Kušnírová hatte 2018 zu Massenprotesten geführt, in deren Folge auch die unabhängige Kandidatin Čaputová zur Staatspräsidentin gewählt wurde. Ähnliche Demonstrationen sind in der politisch ohnehin aufgeheizten Atmosphäre der Slowakei möglich, zumal auch unter der amtierenden Bürgerbewegung Misswirtschaft und Korruption nicht beseitigt werden. Umfragen zufolge legt die sozialdemokratische Partei SMER in der Wählersympathie gerade zu. Dies könnte vor allem bei den Bemühungen der Slowakei, die Ukraine im Krieg gegen Russland zu unterstützen, störenden Einfluss nehmen. Denn die SMER steht traditionell an Moskaus Seite.