Dienstag11. November 2025

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SerbienBlutbad wegen schlechter Note: 14-jähriger Schüler tötet an Belgrader Schule neun Menschen

Serbien / Blutbad wegen schlechter Note: 14-jähriger Schüler tötet an Belgrader Schule neun Menschen
Der Amokschütze wird von Polizisten abgeführt Foto: Oliver Bunic/AFP

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Ein 14-Jähriger hat in Serbiens Hauptstadt Belgrad an seiner Schule acht Mitschüler und den Portier erschossen. Weitere sieben Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Es war eine schlechte Note, die den als Streber geltenden Jungen zu dem Amoklauf mit der Pistole seines Vaters veranlasst hatte.

Weinende Angehörige, fassungslose Lehrer und traumatisierte Kinder: Der Amoklauf eines 14-jährigen Schülers in der Vladislav-Ribnikar-Schule in Serbiens Hauptstadt Belgrad hat am Mittwochmorgen mindestens neun Menschenleben gefordert. Weitere sechs Kinder und eine Lehrerin wurden zum Teil schwer verletzt in die Belgrader Krankenhäuser eingeliefert.

Unablässig heulten durch die Belgrader Straßenschluchten am Vormittag die Sirenen der Rettungswagen. Der „schwärzeste Tag in Serbien“ titelte entgeistert das Webportal nova.rs. Dabei hatte der wolkenverhangene Tag an der für ihren Französisch-Schwerpunkt bekannten und als renommiert geltenden Schule wie jeder andere Schultag begonnen. Gehetzt oder fröhlich plappernd hatten sich die Schulkinder nach den viertägigen Kurzferien am verlängerten 1.-Mai-Wochenende zu der im Stadtteil Vracar gelegenen Grund- und Hauptschule aufgemacht. Doch bereits kurz nach Unterrichtsbeginn um acht Uhr sollten mehrere Salven peitschender Schüsse im Erdgeschoss den Schulfrieden stören und in der ganzen Schule für entsetzte Schreie und panischen Schrecken sorgen.

Vergeblich versuchte der populäre Schulportier Dragan V., in der Eingangshalle den mit gezogener Pistole in die Schule gekommenen Todesschützen zu überwältigen: Der gutmütige Pensionär, der sich an der Schule ein Zubrot zu seiner kargen Rente verdiente, wurde von dem um sich ballernden Jugendlichen als Erster erschossen. Aus der neben der Eingangshalle liegenden Sporthalle habe sie gesehen, wie der Portier fiel, berichtete ein aufgelöstes Mädchen den vor der Schule wartenden Reportern.

Amoklauf offenbar seit einem Monat geplant

Danach hatte der Siebtklässler Kosta K. in der Klasse 7/2 zum Entsetzen seiner Mitschüler mit der Pistole seines Vaters in den Hals seiner schwer verwundeten Geschichtslehrerin gefeuert. Dann schoss er mit ausdrucksloser Miene scheinbar wahllos auf seine erst entrüstet protestierenden und sich dann hastig unter ihre Schulbänke werfenden oder durch das Fenster ins Freie springenden Altersgenossen. Er habe in dem Klassenzimmer auf dem Boden neben einer erschossenen Freundin gelegen, berichtet ein erschütterter Junge: „Ich stellte mich tot – und konnte mein Leben so retten.“

Der Belgrader Polizeichef Veselin Milic berichtete, dass der Schüler seinen Amoklauf offenbar schon einen Monat lang geplant hatte: Bei dem Jungen sei eine Liste von Mitschülern gefunden worden, die er zu liquidieren beabsichtigte.

Als „zurückgezogenen“, aber sehr guten Schüler, der im Unterricht nie Probleme gemacht habe, beschrieben dem Blutbad entronnene Klassenkameraden den schließlich von acht Polizisten im Schulhof überwältigten Amokläufer. Der mutmaßliche Grund für das nach Angaben der Belgrader Polizei bereits seit einem Monat sorgfältig geplante Ausrasten des stillen Jahrgangsbesten und Klassenstrebers: Die Wut über eine „Eins“ – die schlechteste Note in Serbien.

Vermutlich hatte der aufgebrachte Musterschüler ein noch fürchterlicheres Blutbad geplant: In einem Rucksack in dem Unglücksklassenzimmer wurden laut heimischen Medienberichten eine weitere Waffe und vier, mit einer brennbaren Flüssigkeit gefüllte Flaschen gefunden, die offenbar als Molotow-Cocktails dienen sollten.

Welle der Familiengewalt und immer mehr Frauenmorde

Alle Belgrader Schulen sagten am Mittwoch den Nachmittagsunterricht ab, während Serbiens Regierung eine dreitägige Staatstrauer ankündigte. In der Hauptstadt riefen die Medien für die in die Notfallklinik eingelieferten Verwundeten zu Blutspenden auf: In Lebensgefahr schwebte am Mittwochnachmittag nach einer Notoperation noch ein schwer verletztes Mädchen.

Die Tragödie an der Belgrader Schule sei eine „letzte Warnung“, dass Serbiens Gesellschaft den „kritischen Punkt“ bei der zunehmenden Gewalt auch unter Kindern längst überschritten habe, so der Ombudsmann Zoran Pasalic. Tatsächlich wird der Balkanstaat schon seit Monaten von einer Welle der Familiengewalt und einer steigenden Zahl von Frauenmorden erschüttert.

Ein noch immer nicht gelöstes Problem ist in Serbien wie in den Nachbarstaaten die hohe Zahl von nicht registrierten Schusswaffen seit den Jugoslawienkriegen der 90er-Jahre. Laut Angaben des am Mittwoch zeitweise inhaftierten Vaters von Kosta K. sei die Tatwaffe allerdings legal gemeldet gewesen und von ihm im geschlossenen Safe der Familie eigentlich auch sicher verwahrt worden: Doch habe sich sein Sohn ohne sein Wissen offenbar die Kenntnis von der Geheimzahl des Safes verschafft.