Knapp 1.500 Kilometer liegen zwischen dem niederländischen Maastricht und dem schwedischen Stockholm. Der eine Ort gab den Kriterien für ein finanziell stabiles Europa seinen Namen, in dem anderen treffen sich an diesem Freitag die EU-Finanzminister, um über die Reform genau dieser Regeln zu reden. Doch die Positionen sind in Stockholm mehr als nur anderthalb Flugstunden von einem verlässlichen Stabilitätspakt entfernt. Deutschland ist gut beraten, die Details genau ins Auge zu fassen.
Schon vor dem Treffen hat Finanzminister Christian Lindner seiner Unzufriedenheit mit dem Vorschlag der Kommission zu neuen Stabilitätsregeln freien Lauf gelassen. Dabei war darin eine Lindner-Idee eingearbeitet: Wer mehr als drei Prozent der gesamten Wirtschaftskraft an neuen Schulden macht, soll jedes Jahr 0,5 Prozentpunkte abschmelzen müssen, bis die magische Drei als Maastricht-Kriterium wieder erreicht ist. Dass Lindner die Kritik schon vor Beginn der Beratungen auskübelt, zeugt vom Frust der Finanzverantwortlichen. Über die Herausforderungen. Über den Konflikt der Konzepte. Und übereinander.
Noch stecken zu viele Politiker in den Ausgabe-Euphorien, die von den sagenhaften Möglichkeiten des letzten Jahrzehntes getriggert worden waren: Kräftig wachsende Wirtschaften spülten unerwartete Milliardensummen in die Steuerkassen. Zugleich verleiteten niedrigste Zinsen dazu, sich kräftigst am Kapitalmarkt zu bedienen. Das billige und massenhafte Geld verführte dazu, es rauszupumpen, ohne die Strukturen zu modernisieren. Das rächt sich nun.
Denn auch der Stabilitätspakt der EU funktioniert nicht. In guten Zeiten hat er die Verschuldung nicht stoppen können, in schlechten Zeiten wurde er ausgesetzt. Nun soll er zum Jahreswechsel in neuer Form Wirkung entfalten. Das ist einerseits so nötig wie selten zuvor, wie das deutsche Beispiel zeigt: Wenn der Schuldendienst im Bundeshaushalt von vier auf 40 Milliarden hochschnellt, werden die Spielräume abgeschnürt, ausgerechnet in Zeiten, in denen es gegen Energie- und Klimakrise um mehr Mittel gehen müsste. Andererseits ist die Reform des Stabilitätspaktes so umstritten wie selten zuvor. Den einen gehen die Vorschläge der Kommission zu weit, den anderen nicht weit genug.
Nicht übersehen werden dürfen dabei Sonderbedingungen wie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Es achtet bei allen Schuldenbelangen auf einheitliche, nachhaltige und transparente Vorgaben mit legislativ klarer Verantwortlichkeit. Wenn die Kommission nun damit liebäugelt, alle verbindlichen Abbauschritte durch individuell mit ihr ausgehandelte Spar-Deals zu ersetzen, könnten diese auch an der deutschen Verfassung scheitern.
De Maart
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