Mittwoch5. November 2025

Demaart De Maart

MotorsportDie Formel E vor den ersten Europarennen: Der Porsche-Motor verblüfft alle  

Motorsport / Die Formel E vor den ersten Europarennen: Der Porsche-Motor verblüfft alle  
Die Porsche-Motoren dominieren: hier der Gesamtführende Pascal Wehrlein im Werks-Porsche vor J.-E. Vergne und M. Günther  Foto: Formula E/LAT Images

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Die ersten sechs Rennen der Saison 2023 sind gefahren. Die Situation sieht zurzeit ganz anders aus als man es vor dem Saisonstart hätte erwarten können.

Nach den offiziellen Wintertests in Valencia hatte man große Angst, dass die neuen, technisch sehr ausgetüftelten Generation-3-Autos nicht standfest, ja sogar gefährlich sein könnten. Was die Standfestigkeit betrifft, hat sich dies glücklicherweise als falsche Befürchtung herausgestellt. In der Tat gab es bei den ersten Rennen nicht mehr Ausfälle als in den Jahren zuvor. In Sachen Gebrechlichkeit verschiedener Teile an den neuen Generation-3-Rennern gab es dennoch einige Zwischenfälle: Besonders die Cupra-ABT-Autos waren mehr oder weniger permanent mit kleinen Problemen behaftet. Mahindra und das besagte Abt-Team, die beide den gleichen Antriebsstrang benutzen, zogen sogar in Südafrika ihre vier Autos aus Sicherheitsgründen vom Rennen zurück, da sie die Ursache ihrer Probleme an der Hinterachse nicht genau definieren konnten. Mitch Evans (Jaguar) und Pascal Wehrlein (Porsche) erlitten zwar heftige, durch technisches Versagen bedingte Unfälle. Diese verliefen aber glücklicherweise ohne körperliche Schäden.

Drei neue Strecken

Von den ersten sechs Rennen fanden drei auf bekannten Kursen statt: ein Einzelevent in Mexiko und ein Doppelevent in Saudi-Arabien. Die drei darauffolgenden Veranstaltungen liefen auf neuen Strecken in Indien, Südafrika und Brasilien ab. Wenn sich die Formel E eher positiv über die Veranstaltungen in Kapstadt äußerte, so gab es beim Debüt-Event in Hyderabad (Indien) doch etwas Chaos, insbesondere wegen Verspätungen, weil die Strecke nicht bereit war, und durch Track-Limits Zwischenfälle vor allem im Qualifying. In São Paulo war man nicht glücklich, weil das Streckenlayout lange Windschatten- und Energiesparfahrten mit sich brachte.

Rein sportlich betrachtet gab es bislang, wie bei der Formel E üblich, viele verschiedene Sieger: Jake Dennis (Andretti-Porsche) in Mexiko-City, Pascal Wehrlein (Porsche) gleich zweimal in Riad, Jean-Eric Vergne (DS-Penske) in Hyderabad, Antonio Felix Da Costa (Porsche) in Kapstadt und schlussendlich Mitch Evans (Jaguar) in São Paulo.

Die einen besser, die andern schlechter als erwartet

Wenn es bei den offiziellen Wintertests in Valencia noch ganz nach einer Dominanz der DS-Motoren, d.h. DS-Penske und Maserati, ausgesehen hatte, so kam es bei den Rennen doch ganz anders. Bei DS-Penske lief es in den ersten drei Rennen nur sehr spärlich. Ab Rennen vier ging es dann besser, zumindest für J.-E. Vergne, der in Indien einen Sieg und in Südafrika einen zweiten Platz erzielen konnte. Der amtierende Champion Stoffel Vandoorne tut sich weiterhin etwas schwerer, in seinem neuen Team zurechtzukommen. Doch die Pole-Position in Brasilien stimmt optimistisch für die Zukunft. Die Bilanz bei Maserati ist noch viel katastrophaler. Der letztjährige Titelkandidat Edoardo Mortara ist bislang vor allem durch eine Unzahl an Unfällen aufgefallen und hat bis jetzt nur zwei Pünktchen auf seinem Konto. Der Punktestand seines jungen deutschen Teamkollegen Maxi Günther ist immer noch null. Genauso schrecklich wie bei Maserati lief es bis vor dem Brasilien-Rennen für Jaguar. Mitch Evans war zwar permanent schnell, erzielte in Indien die Pole-Position, doch in den ersten fünf Rennen lief immer irgendetwas schief. In São Paulo gelang ihm dann endlich ein taktisch cleverer Sieg. Teamkollege Sam Bird kommt dieses Jahr besser mit dem Generation-3-Auto zurecht, doch auch er liegt nur auf Position sechs der Gesamtwertung. Die größte Katastrophe für die in indischem Besitz befindliche englische Nobelmarke ereignete sich beim Heimrennen in Hyderabad: Hier schoss Sam Bird seinen Teamkollegen Mitch Evans, der in aussichtsreicher Position lag, ab und bescherte somit dem Team ein Nullresultat!

Das Envision-Team, das dieses Jahr mit Jaguar-Motoren ausgerüstet ist, verzeichnet einen schönen Aufwärtstrend. Neuzugang Sébastien Buemi erlebt bei Envision „eine zweite Jugend“ und Nick Cassidy bestätigt seine gute Form vom Vorjahr mit drei aufeinanderfolgenden Podiumsergebnissen.

Porsche ist die große Überraschung

Der große Sieger des ersten Saisondrittels ist zweifelsohne der Porsche-Motor. Dieser hat in sechs Rennen nicht weniger als vier Siege erzielt: zwei durch Pascal Wehrlein (Werks-Porsche), einen durch Antonio Felix Da Costa (ebenfalls Werks-Porsche) und einen weiteren durch Jake Dennis (Andretti-Porsche). Mit einer solchen Konstanz und Dominanz hatte vor Saisonstart niemand gerechnet, zumal in den letzten beiden Jahren die Marke aus Zuffenhausen nicht wirklich in der Formel E geglänzt hatte. Wie es scheint, sind aber jetzt die mageren Jahre in der Elektroserie für den deutschen Sportwagen-Hersteller vorbei.

Ganz gut verlief der Formel-E-Einstieg für das McLaren-Team. René Rast zeigt sich gewohnt beständig und Newcomer Jake Hughes ist die Formel-E-Entdeckung schlechthin. Schon beim zweiten Rennen stand er auf Pole!

Ebenfalls positiv ging das chinesische Nio333-Team aus den bisherigen Rennen hervor. Besonders Dan Ticktum zeigte einige Lichtblicke für das langjährige Hinterbänkler-Team der Formel E. Die Schlussposition haben jetzt die Formel-E-Wiederkehrer von Abt übernommen. Ihr Saisondebüt war schwieriger als erwartet, nicht zuletzt auch durch den verletzungsbedingten Ausfall des erfahrenen Robin Frijns.

Teaminterne Unterschiede

Schaut man auf die Ergebnisse der bisherigen Rennen, muss man feststellen, dass insbesondere bei drei Mannschaften die jeweiligen Teamkollegen mehr oder weniger unterschiedlich performten. Besonders stark fällt dies beim Andretti-Team aus: Hier trumpft Jake Dennis ganz stark auf, weniger mit super Quali-Resultaten, sondern vielmehr mit verblüffenden Aufholjagden in den Rennen. Trotz unverschuldeter Nullergebnisse in den letzten beiden Rennen liegt er immer noch auf Platz zwei in der Gesamtwertung. Sein Teamkollege und Routinier André Lotterer scheint noch etliche Probleme zu haben, sich in seiner neuen Teamumgebung zurechtzufinden. Es bleibt abzuwarten, ob die Situation sich schnell wenden kann, damit der sympathische Duisburger endlich seinen ersten Formel-E-Erfolg feiern kann. Bei den Langstreckenrennen zählt er ja längst zu den ganz Großen.

Beim Porsche-Werksteam hatte Neuzugang Antonio Felix Da Costa auch einige Anlaufschwierigkeiten. Diese sind aber seit dem Rennen in Südafrika endgültig vorüber. Hier zauberte er zwei der wohl besten Überholmanöver der ganzen Formel-E-Historie hin und erzielte seinen ersten, wohlverdienten Sieg bei der Porsche-Werksmannschaft.

Beim DS-Penske-Team geht es dem amtierenden Champion Stoffel Vandoorne in etwa gleich wie Da Costa bei Porsche. Beim französisch-amerikanischen Team kommt momentan Jean-Eric Vergne besser zurecht als der belgische Champion. In Brasilien hat man aber gesehen, dass es nur eine Frage der Zeit sein wird, bis Vandoorne wieder regelmäßig ganz vorne mitmischen wird.

Ab dem 22. April nimmt die Formel E ihre Europa-Tournee in Angriff, mit einem Doppel-Event in Berlin und danach mit dem Monaco-E-Prix. Das Tageblatt wird bei beiden Events vor Ort sein und mit einigen Interviews hinter die Kulissen blicken.

Übrigens, ab nächster Saison wird es, neben der Formel E, eine neue elektrische Nachwuchs-Serie geben. Diese soll junge Piloten auf die Formel E vorbereiten.

Gesamtwertung

1. Pascal Wehrlein (D/Porsche) 86 Punkte, 2. Jake Dennis (GB/Andretti, Porsche) 62, 3. Nick Cassidy  (NZL/Envision, Jaguar) 61, 4. Jean-Eric Vergne (F/DS-Penske) 60, 5. Antonio Felix da Costa (POR/Porsche) 58, 6. Sam Bird (GB/Jaguar) 44, 7. Sébastien Buemi (CH/Envision, Jaguar) 42, 8. René Rast (D/McLaren, Nissan) 40, 9. Mitch Evans (NZL/Jaguar) 39, 10. Jake Hughes (GB/McLaren, Nissan) 32