Donnerstag13. November 2025

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BulgarienFünfte Parlamentswahl in zwei Jahren hat die Kräfteverhältnisse in Sofia kaum verändert

Bulgarien / Fünfte Parlamentswahl in zwei Jahren hat die Kräfteverhältnisse in Sofia kaum verändert
Bulgarien hat schon wieder gewählt – und wieder steht das Land vor einer schwierigen Regierungsbildung, falls es dazu kommt Foto: AFP/Nikolay Doychinov

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Nach der Wahl bleibt es in Bulgarien fast genauso wie vor der Wahl: Die Kräfteverhältnisse in Sofia haben sich auch nach der fünften Parlamentswahl in zwei Jahren kaum verändert. Die konservative Gerb-Partei wird als Wahlsieger erneut eine Regierungsbildung versuchen – mit ungewissen Erfolgschancen.

Selbst die Beteiligten von Bulgariens Dauerwahlpatt gingen in der Wahlnacht auf Tauchstation. In ungekannter Eintracht verkündeten die Wahlsieger der konservativen Gerb-Partei (26,6 Prozent) von Ex-Premier Bojko Borissow und das zunächst führende, aber dann doch unterlegene Reformbündnis PP-DB (24,8 Prozent) von Ex-Premier Kiril Petkow, keine Stellungnahmen oder Erklärungen abgeben zu wollen.

Mit Kostadin Kostadinow war nur der prorussische Chef der ultranationalistischen „Wiedergeburt“, die sich nach Zugewinnen von vier Prozent mit 14,2 Prozent nun zur drittstärksten Parlamentskraft gemausert hat, zu einer Aussage bereit. Da die beiden führenden Kräfte „das Land in den Krieg führen“ wollten, werde sich seine Partei an keiner Koalition beteiligen: Die einzige Regierung, die die „Wiedergeburt“ unterstützen werde, sei die eigene.

Viel Wahlaufwand, wenig Ertrag: Auch die fünfte Parlamentswahl in zwei Jahren hat nur geringfügige Veränderungen der Machtverhältnisse in Sofia gebracht. Die Gerb hat erneut gewonnen und leicht zugelegt. Trotz einer gemeinsamen Liste schnitten PP und DB selbst etwas schlechter ab als beim letzten Urnengang im Oktober: Ein einflussreicher Sponsor soll laut bulgarischen Presseberichten zufolge bereits personelle Konsequenzen fordern.

Die Oligarchenpartei DPS der türkischen Minderheit fuhr mit 13,4 Prozent fast dasselbe Ergebnis wie vor sechs Monaten ein. Eher zu Umgruppierungen als zu Zugewinnen kam es auch im Lager der prorussischen Parteien. Dem stattlichen Zuwachs der „Wiedergeburt“ stehen erneute Verluste der sozialistischen BSP (8,9 Prozent) und das Scheitern des rechtsnationalen „Bulgarischer Aufstieg“ (3,1 Prozent) sowie der Linken (2,2 Prozent) an der Vier-Prozent-Hürde gegenüber. Die überraschende Rückkehr ins Parlament gelang hingegen der populistischen Protestpartei ITN (4,1 Prozent) des Entertainers Slawi Trifonow.

Technokratenkabinett oder Minderheitsregierung

Als stärkste Partei hat Gerb das Recht, erneut eine Regierungsbildung zu versuchen. Viel wurde im Vorfeld über eine von der EU gewünschte Kooperation der beiden prowestlichen Großparteien Gerb und PP-DB in Form eines gemeinsamen Technokratenkabinetts oder der Tolerierung eines von einem der beiden Parteien gebildeten Minderheitskabinetts spekuliert.

Doch die Differenzen zwischen der oligarchennahen „Systempartei“ Gerb und dem auf einen wirksameren Kampf gegen die Korruption dringenden Reformern von PP-DB sind groß. Die Gerb könnte auch eine Minderheitsregierung gemeinsam mit der DPS und ITN wagen – möglicherweise toleriert von einigen Abgeordneten der sozialistischen BSP oder der „Wiedergeburt“ – auch wenn dies ihr Chef Kostadinow ausschließt.

Scheitert der Koalitionspoker, ist wieder einmal der russophile Präsident Rumen Radew mit der Einsetzung einer erneuten Interimsregierung und der Ausschreibung von Neuwahlen am Zug: Im Herbst könnte den Bulgaren die nächste Wiederholung der vertrauten Dauerwahlübung drohen.