Etwa 40.000 Menschen waren dem Aufruf der Schulgewerkschaften gefolgt, an der großen antifaschistischen Demonstration in Florenz teilzunehmen. Auch die Solidarität mit der von einem rechten Politiker gemaßregelten Schulleiterin Annalisa Savino wurde so unterstrichen. Savino hatte sich in einem öffentlichen Schreiben gegen jegliches Wiederaufleben des Faschismus gewandt und war dafür von Bildungsminister Giuseppe Valditara (Lega) gerügt und mit disziplinarischen Maßnahmen bedroht worden.
Anlass des Protestes der Schuldirektorin war ein neonazistischer Übergriff von Mitgliedern der postfaschistischen „Azione studentesca“ auf Schüler des klassischen Gymnasiums „Michelangelo“. Die Schüler hatten gegen Flugblätter der Jugendorganisation der Regierungspartei Fratelli d’Italia protestiert und waren von den Mitgliedern der „Azione“ verprügelt worden. Ein Video der Auseinandersetzungen zeigte, wie ein Schüler zu Boden geschlagen und getreten wurde, bis eine Lehrerin den Auseinandersetzungen ein Ende setzte.
Linke findet wieder zusammen
Savino, Direktorin des benachbarten wissenschaftlichen Liceo Leonardo da Vinci, erklärte in ihrem Protest, auch der Faschismus hätte nicht in der Manifestation Tausender, sondern in kleinen Straßenprügeleien begonnen. Dafür erhielt sie vom Schulminister Valditara eine Rüge, erntete von Regierungschefin Giorgia Meloni – einst selbst Vorsitzende der „Azione studentesca“ – nur Schweigen.
Es gehe nicht um die Demonstration einer politischen Meinung, sondern um die Verteidigung der Verfassung und der Demokratie, erklärten die Organisatoren der Demonstration. Es war der erste öffentliche Auftritt der neu gewählten Vorsitzenden des Partito democratico, Elly Schlein. Schlein nutzte diesen, um den eingefrorenen Dialog mit dem Chef des Movimento 5 Stelle, Giuseppe Conte, zu erneuern. Zugegen war auch der Chef des größten italienischen Gewerkschaftsbundes CGIL, Maurizio Landini.
Der herzliche Meinungsaustausch der beiden Parteivorsitzenden – Schlein und Conte umarmten sich und führten ein langes Gespräch – scheint die Eiszeit zwischen Pd und M5S zu beenden. Gemeinsam wolle man für eine demokratische Schule, für Verbesserungen im Gesundheitswesen und generell für einen Respekt der demokratischen Verfassung auftreten, hieß es aus dem Umfeld Contes. Dissonanzen gebe es in der Haltung zur Ukraine, während der Pd Waffenlieferungen befürworte, spricht sich die Sternebewegung strikt dagegen aus.
Meloni schweigt zur rechten Gewalt
Doch die neue Annäherung beider wichtiger politischer Bewegungen gibt der linken Opposition im Land Hoffnung darauf, wirkungsvoll gegen die Politik der rechtsgerichteten Regierung Giorgia Melonis vorgehen zu können. Umso mehr, als Minister Giuseppe Valditara den eigentlichen Vorfall und Anlass zu dieser Großdemonstration als „lächerliches Handgemenge zwischen Schülern“ herunterspielen wollte. Der Oberbürgermeister von Florenz, Dario Nardella, hingegen verwehrte sich jeglicher Verharmlosung und erinnerte an den „Squadrismo“, die Straßenschlachten in den frühen Jahren des italienischen Faschismus. Die ungarisch-italienische Schriftstellerin und Shoah-Überlebende Edit Bruck verurteilte die Verharmlosung Valditaras und forderte den Minister zum Rücktritt auf.
Doch nicht nur der Bildungsminister, sondern auch die Regierungschefin Giorgia Meloni steht nach der Demonstration in Florenz im Fokus der Kritik. Ihr bisheriges Schweigen zur rechten Gewalt gibt den oppositionellen Meinungen recht, die erklären, die vielfach postulierte Abkehr von den faschistischen Traditionen ihrer Partei sei nur Rhetorik, die einer realen Grundlage entbehre.
De Maart
Bald sind wieder Wahlen in Italia.