Mittwoch29. Oktober 2025

Demaart De Maart

TikTokEU-Abgeordnete warnen vor Gefahren durch chinesische App

TikTok / EU-Abgeordnete warnen vor Gefahren durch chinesische App
In den USA darf die chinesische App auf den Diensthandys im Bereich Politik und Militär nicht mehr genutzt werden Foto: Kiichiro Sato/AP/dpa

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

TikTok, die chinesische App für unterhaltsame Filmchen, sieht harmlos aus, macht vor allem jungen Leuten Spaß. Doch sie macht auch leicht süchtig. EU-Abgeordnete fordern nun, TikTok schärfer in den Blick zu nehmen. Denn darüber könne China ganze Gesellschaften beeinflussen.

Elon Musk hatte das Nachrichtenportal Twitter noch nicht gekauft, da stellte die EU-Kommission vorsichtshalber schon einmal den Fuß in die Tür. Es gebe in der EU Leitplanken für digitale Plattformen, warnte Binnenmarktkommissar Thierry Breton den amerikanischen Milliardär. Und als Musk daran ging, als neuer Eigentümer große Teile der Belegschaft zu feuern und die Kontrolle zu lockern, um den Dienst mit dem Vogel-Emblem zu „befreien“, bekam er von Breton eine erneuerte Warnung mit der Botschaft, in der EU fliege der Vogel „nach unseren Regeln“.

Eine solche Bereitschaft zu Beobachtung und Intervention wünschen sich die Digital-Experten des Europa-Parlamentes nun auch in Richtung TikTok. Stattdessen aber stellt der liberale Europa-Abgeordnete Moritz Körner mit Blick auf die Aktivitäten der EU in Sachen der chinesischen Unterhaltungs-App ein „europäisches Politikversagen“ fest. Er verweist auf Vorstöße demokratischer und republikanischer Abgeordneter in Washington, die ein Verbot für TikTok fordern. Vor wenigen Tagen wurde eine interne Anweisung des US-Repräsentantenhauses bekannt, wonach alle Abgeordnete und deren Mitarbeiter aufgefordert worden sind, die TikTok-App von allen Diensthandys zu löschen. Zuvor war bereits ein TikTok-Bann für Regierungshandys verfügt worden. Auch das amerikanische Militär und einige Einzelstaaten haben die Beschäftigten angewiesen, die App von ihren Handys zu löschen.

Dahinter steckt nicht nur die Sorge, die chinesische Regierung könne über die App auf die Software der Handys zugreifen und die Geräte zur Spionage nutzen. Vor allem geht es um den von China entwickelten Algorithmus, der den Nutzern Inhalte vorschlägt. Dies gilt vordergründig den erkannten Vorlieben beim Betrachten von Videos, die umso persönlicher auf die Wünsche und Neigungen eingehen, je mehr Filmchen sich der Kunde anschaut. Doch wiederholt gab es Hinweise darauf, dass in China unerwünschte Inhalte unterdrückt würden und damit die Möglichkeit genutzt werden könne, die Wahrnehmung der TikTok-Anhänger zu manipulieren.

Untätigkeit der EU „aus geopolitischer Sicht naiv“

Seit die Muttergesellschaft Byte Dance im November 2017 eine Mitsing-App für eine Milliardensumme kaufte und für das neue TikTok-Unterhaltungsformat nutzte, schießen die Nutzerzahlen durch die Decke. Gerade verzeichneten die Statistiker weltweit eine Milliarde Nutzer, da liegt deren Zahl bereits deutlich über 1,6 Milliarden. Der EU-Politiker Körner schätzt, dass im Verlauf dieses Jahres rund 250 Millionen Europäer die App installiert haben werden. Zum Vergleich: Twitter hat weniger als 50 Millionen Nutzer in der EU. Während jedoch die Twitter-Aktivitäten sorgsam beobachtet werden, verlässt sich die Kommission bislang auf Eigenverpflichtungen von TikTok, Werbung besser zu kennzeichnen und eine Möglichkeit zu schaffen, Werbung an Minderjährige zu melden.

„TikTok müsste unter besonderer Beobachtung der europäischen Behörden stehen“, fordert Körner. Die lange Untätigkeit der EU sei „auch aus geopolitischer Sicht naiv“. Seit Jahren versucht er mit Anfragen und Initiativen, die EU-Stellen zu einem verstärkten Vorgehen gegen TikTok zu bringen. Auf sein Drängen hin sollten die Kommission und der Europäische Datenschutzausschuss im Parlament Auskunft geben. Doch sie hätten keine Ergebnisse geliefert. Sie teilten mit, dass eine spezielle TikTok-Task-Force sogar wieder aufgelöst worden sei. In einem Schreiben wies EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor wenigen Wochen zwar auf verschiedene Aktivitäten hin. Doch die würden in einzelnen Staaten verfolgt, die EU selbst sei nicht zuständig.

Herausforderung für Aufsichtsbehörden

„Jedes kleine und mittelständische Unternehmen, das sich an die Datenschutzgrundverordnung hält, muss sich veräppelt vorkommen, wenn diese Regeln nicht gegen große Player wie TikTok durchgesetzt werden“, kritisiert Körner. „Es geht um Jugendschutz, unerlaubte Datennutzung und Datenweitergabe“, hält der EVP-Digital-Experte Axel Voss fest. Und er verbindet das sofort mit den potenziellen Folgen: „Die politische Beeinflussung wäre verheerend.“ Die mangelnde Selbstbeschränkung der Plattformen sei eine „permanente Herausforderung unserer Aufsichtsbehörden, die diese Aufgabe sehr ernst nehmen sollten“, verlangt Voss.

Die Grünen-Digitalfachfrau Alexandra Geese fasst das Grundproblem in einem Satz zusammen: „TikTok sammelt Millionen hochsensibler Daten und erstellt daraus ein detailliertes Profil von Menschen, ihren Bedürfnissen und Ängsten.“ Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa habe diese Profile als Klons bezeichnet, mit deren Hilfe Gesellschaften manipuliert werden könnten. Das sei ein Risiko für die Demokratie in Europa und für Europas Sicherheit.

„TikTok ist besonders problematisch, weil alle Informationen direkt an die chinesische Regierung, ein totalitäres Regime, gehen“, warnt die Grünen-Europa-Abgeordnete. Das neue Digitale-Dienste-Gesetz der EU müsse konsequent angewendet werden, um die Plattformen mit ihrem Datengeschäft an die Leine zu nehmen. Die EU könne durchaus „die Schrauben noch stärker anziehen“, so Geese. Das sei generell wichtig, denn auch die von Meta und Google gesammelten Daten könnten durch russische oder chinesische Akteure genutzt werden.

Der Weg zur TikTok-Sucht

Reichweite: Wenn immer mehr Freunde und Bekannte im Umfeld über TikTok sprechen und dort selbst aktiv werden, wächst die Neigung, es auch selbst zu tun. Ein Drittel der über 1,6 Milliarden Nutzer ist zwischen 13 und 19 Jahre alt.
Algorithmus: Die App registriert sehr genau, welche Videos besonders intensiv angeschaut werden und schlägt weitere vor, die der Nutzer als genauso interessant empfinden könnte. Damit wird sein Belohnungssystem im Gehirn angesprochen.
Verweildauer: Als Folge verbringt der Nutzer immer mehr Zeit mit TikTok, weil es immer präziser seine Wünsche erfüllt. Es lenkt von anderen Verpflichtungen und Aufgaben ab und zieht immer mehr in seinen Bann, bis von einer regelrechten Sucht gesprochen werden kann. Schon jetzt ist TikTok die App mit den längsten Nutzungszeiten aller sozialen Medien, weit vor WhatsApp oder Twitter.

Ex Perte
3. Januar 2023 - 10.11

Da war doch ein Artikel über das Wohlbefinden der Kinder und das Erleben der freien Natur.Aber das war auch schon wieder gestern.