Freitag7. November 2025

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BudgetdisziplinEU-Kommission legt Reformvorschlag für Stabilitätspakt vor

Budgetdisziplin / EU-Kommission legt Reformvorschlag für Stabilitätspakt vor
Die beiden EU-Kommissare Valdis Dombrovskis (l.) und Paolo Gentiloni stellten den Reformvorschlag gestern in Brüssel vor Foto: AFP/Valeria Mongelli

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Die EU-Kommission schlägt eine Reform des Stabilitätspakts für den Euro vor. Krisen-Staaten sollen mehr Zeit für den Schuldenabbau bekommen, müssen aber früher mit Sanktionen rechnen. Der Vorschlag bleibt weit hinter den Erwartungen zurück.

Vor dem Hintergrund wachsender Schulden, steigender Zinsen und einer drohenden Rezession setzt die EU-Kommission auf mehr Budgetdisziplin in der Eurozone. Dies geht aus einem Vorschlag zur Reform des Stabilitätspakts hervor, den die Brüsseler Behörde am Mittwoch mit monatelanger Verzögerung vorgelegt hat. Ursprünglich sollte die Reform der umstrittenen europäischen Schuldenregeln, die seit Beginn der Corona-Pandemie 2020 ausgesetzt sind, schon in diesem Frühjahr beginnen. Doch Deutschland stand auf der Bremse, da damals Frankreich den EU-Vorsitz hatte und die Regeln am liebsten ganz abschaffen wollte.

Nun liegt der Vorschlag auf dem Tisch – doch von der erhofften großen Reform ist nicht viel übrig geblieben. An den im Maastricht-Vertrag verankerten Grundregeln – die Neuverschuldung wird auf drei Prozent der Wirtschaftsleistung begrenzt, der Schuldenstand auf 60 Prozent – wird nicht gerüttelt.

Neu ist, dass eine Regel zum Schuldenabbau wegfällt. Sie sah vor, dass klamme Länder wie Italien oder Griechenland den Schuldenstand binnen 20 Jahren auf 60 Prozent senken müssen. Dies wäre allerdings nur mit harten Kürzungen und utopischen Budgetüberschüssen möglich. Die Regel wurde daher nie eingehalten. An ihre Stelle sollen nun individuelle „Pfade“ zum Abbau der Schulden rücken, die Brüssel mit den Problem-Ländern vereinbart. Sie sollen künftig vier Jahre Zeit erhalten, um einen nachhaltigen Schuldenabbau einzuleiten. Diese Frist kann auf sieben Jahre verlängert werden, wenn die Regierung sich den Brüsseler Vorgaben fügt.

Die Kommission schlägt zudem vor, Verstöße konsequenter zu ahnden. Schon kleine Abweichungen vom Entschuldungs-Pfad sollen bestraft werden. Allerdings soll es keine übermäßig harten Strafen mehr geben, sondern „smarte Sanktionen“, wie ein EU-Beamter sagte. Man werde sich an den Millionen-Strafen bei Vertragsverletzungen orientieren, hieß es. Kaum Änderungen gibt es bei wirtschaftlichen Ungleichgewichten, wie etwa einem Leistungsbilanz-Überschuss. Man plane „keine Revolution“, sagte der EU-Beamte. Allerdings wolle man künftig mehr die Gesamtlage betrachten und weniger einzelne Länder.

Schuldentragfähigkeit sichern

Eine „Goldene Regel“, die Schulden an Investitionen bindet, enthält der Vorschlag nicht. Dies hatten Ökonomen vorgeschlagen, um auch hochverschuldeten EU-Ländern zu ermöglichen, etwa in den Klimaschutz zu investieren. Auch einige EU-Länder befürworten diese Regel. Die EU-Kommission entschied sich jedoch dagegen.

Der Vorschlag sei eine „Blaupause für eine einfachere und effizientere ökonomische Governance“, sagte EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis. Die Kommission wolle sowohl das Wachstum fördern als auch die Schuldentragfähigkeit sichern, erklärte sein Kollege Paolo Gentiloni. Diese Ziele ergänzten einander, betonte der Italiener.

Im Europaparlament stießen die Vorschläge auf ein geteiltes Echo. Die Kommission erkenne zwar an, dass ein massiver Investitionsbedarf besteht, sagte der S&D-Abgeordnete Joachim Schuster. „Sie gibt allerdings keine Antwort auf die Frage, wie diese dringend notwendigen Investitionen finanziert werden sollen.“ Der EVP-Politiker Markus Ferber warf der Kommission „Scheitern“ vor. Brüssel habe die Regeln nie konsequent durchgesetzt.

Die Vorschläge müssen vom Parlament und den 27 EU-Staaten angenommen werden. Eine Einigung wird bis zum Frühjahr 2023 angestrebt.