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Außenminister in PragEU setzt Visa-Abkommen mit Russland aus – aber kein Einreiseverbot

Außenminister in Prag / EU setzt Visa-Abkommen mit Russland aus – aber kein Einreiseverbot
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock mit ihren Kollegen aus Spanien und Luxemburg, José Manuel Albares Bueno und Jean Asselborn  Foto: AFP/Michal Cizek

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Es sollte ein lockeres Wiedersehen nach der Sommerpause werden. Doch beim informellen Treffen der 27 EU-Außenminister in Prag sind die Positionen zu Russland und möglichen neuen Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs hart aufeinander geprallt.

Für Streit sorgte vor allem ein möglicher Visa-Bann für russische Touristen. Dabei kam es zu einer ungewohnten Lagerbildung zwischen mehreren östlichen EU-Staaten auf der einen und Deutschland und Frankreich auf der anderen Seite.

Deutschlands Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und die französische Chefdiplomatin Catherine Colonna sprachen sich gegen ein pauschales Einreiseverbot aus. Sie halte nichts von einer „Sippenhaft“, sagte Baerbock. Die EU dürfe regimekritische Russen nicht im Stich lassen. Der Eindruck, dass reiche Russen zur Shoppingtour an die Côte d’Azur reisen, sei falsch, betonte Colonna. Die meisten Oligarchen seien bereits mit Sanktionen belegt und dürften nicht nach Frankreich oder in die EU reisen.

Demgegenüber wollen Polen, Finnland und die baltischen Staaten eine harte Abschottung. In einem gemeinsamen Statement forderten sie die EU-Kommission auf, die Einreise russischer Staatsbürger radikal zu begrenzen.

Einigung auf Kompromiss

Das ist jedoch leichter gesagt, als getan. Im Schengen-Raum gilt Freizügigkeit; wer in ein Land einreist, kann auch alle anderen besuchen. Deshalb helfen nationale Einreisestopps wenig, wie sie einige Länder verhängt haben.

Am Ende einigten sich die Außenminister in Prag auf einen Kompromiss. Die EU werde das derzeit noch gültige Abkommen mit Russland über Visa-Erleichterungen vollständig aussetzen, sagte der EU-Außenvertreter Josep Borrell. Damit werde ein „Visa-Shopping“ verhindert und die Einreise in die EU „erheblich reduziert“.

Für diese vergleichsweise weiche Linie hatte sich zuvor auch Baerbock eingesetzt. Die deutsche Grünen-Politikerin rang gemeinsam mit Borrell und dem tschechischen EU-Vorsitz um eine für alle annehmbare Formulierung. In den Gesprächen mit den Hardlinern sei es emotional geworden, sagte ein EU-Diplomat, der dem Treffen beiwohnte. Auch Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hatte sich vor dem Treffen deutlich gegen ein Einreiseverbot ausgesprochen. „Wenn wir jeden Russen abweisen, wäre das ein Zeichen, dass wir nichts mehr mit dem russischen Volk zu tun haben wollen – aber wir müssen mit den Russen im Gespräch bleiben“, sagte Asselborn. Mit einem Einreiseverbot können man „Putin nicht in die Knie zwingen“.

Mit einem Einreiseverbot können wir Putin nicht in die Knie zwingen

Jean Asselborn, Luxemburgs Außenminister

Das liegt nicht nur am heiklen Thema „Tourismus im Krieg“. Es liegt auch daran, dass der EU die Ideen für neue Sanktionen gegen Russland ausgehen. Nach sechs „harten“ Sanktionspaketen, die auf die russische Wirtschaft abzielen, hatte sich die EU zuletzt nur noch auf eher symbolische Maßnahmen einigen können.

Gleichzeitig wächst die Kritik an den EU-Beschlüssen. Den Osteuropäern gehen sie längst nicht weit genug. Derweil wächst in Westeuropa die Sorge, dass die Sanktionen auch die eigene Wirtschaft treffen könnten. Die rasant steigenden Gas- und Strompreise werden zum Problem für viele EU-Länder, die Krisensitzungen häufen sich.

Derweil geht der russische Angriffskrieg in der Ukraine unvermindert weiter; die Sanktionen haben keinen erkennbaren Einfluss auf die Invasion. In Prag gab es deshalb auch Diskussionen über die weitere Strategie. Deutschland und Frankreich plädierten dabei für eine Neuausrichtung der EU-Politik.

An den Sanktionen wollen Berlin und Paris festhalten. Man müsse den Sinn der Strafmaßnahmen jedoch besser erklären und dafür auch Mittel der „strategischen Kommunikation“ nutzen, hieß es. Was passieren soll, wenn die Sanktionen nicht wie gewünscht wirken, ist in Prag offen geblieben.

Phil
1. September 2022 - 11.05

De Visum fir an Russland kascht 35€, bis op Kaliningrad sin deck 1.400km. De Sprit an Polen kascht 1,45€ an a Russland 0,85€.
Dat wär dach mol eng Spiicht!

Jill
1. September 2022 - 9.56

@wd - Das Gleiche gilt für Berlin‘s Parkhäuser, da stehen auch russische und ukrainische Luxuskarren nebeneinander. Wir bezahlen hohe Energiepreise aufgrund der selbstgemachten Verknappung des Angebots. Die Konsequenz und Putin‘s Reaktion auf die Sanktionen. Wem nützt es? Wem schadet es? Laut dem Eurobarometer (veröffentlicht auf Tageblatt) steht eine Mehrheit der EU-Bürger (auch Luxemburger) hinter den Sanktionen. Nunja wer A sagt muss auch B ertragen.

w.d.
1. September 2022 - 7.58

Mit solchen Maßnahmen stellt die EU wieder einmal ihre komplette Unfähigkeit und Sinnlosigkeit unter Beweis. Reiste man in diesem Sommer zum Beispiel in das EU Land Kroatien und in die Anwärter Bosnien sowie Montenegro, konnte man den "Tourismus im Krieg" hautnah erleben, denn sowohl ukrainische als auch russische Staatsbürger feierten und urlaubten fröhlich dahin. Mit ihre eigenen Autos, wogegen der EU Bürger sich freute, günstiger in diesen Ländern zu tanken, auf der Suche nach einer Ladesäule für das von der EU so geliebte und angepriesene E Auto. Nun kann sich jeder seine Meinung dazu bilden, für mich sind diese ganzen Sanktionen, die uns selbst sehr stark treffen, ein kompletter Nonsens!