„Ich lebe völlig offen mit HIV“

„Ich lebe völlig offen mit HIV“
(Isabella Finzi)

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Winer Rodriguez ist HIV-positiv. Dank seiner erfolgreichen Therapie sind bei ihm keine Viren mehr nachweisbar. Er gilt als nicht mehr infektiös.

Als im Jahr 2008 die Schweizer Kommission für Aids-Fragen (EKAF) öffentlich erklärte, dass HIV-positive Menschen unter erfolgreicher Behandlung für ihre Sexualpartner praktisch nicht mehr ansteckend sind, war das eine Sensation.
Für diese Aussage ernteten die Schweizer damals viel Kritik und Anfeindungen. Doch heute herrscht in der Fachwelt Konsens: HIV-positive Menschen unter erfolgreicher Behandlung brauchen beim Sex keine Kondome mehr und können unter anderem auch Kinder zeugen.

„Obwohl man das seit mittlerweile sieben Jahren weiß, fällt es vielen Menschen schwer, das nachzuvollziehen“, erklärt Henri Goedertz von der HIV-Beratung des Luxemburger Roten Kreuzes.

Nur noch eine Tablette pro Tag

„Das liegt sicherlich vor allem daran, dass viele Menschen immer noch von den Bildern aus den 80er und 90er Jahren geprägt sind. Doch diese Bilder haben sich radikal geändert, und stimmen schon lange nicht mehr.“
Winer Rodriguez ist seit 2007 HIV-positiv. Er ging von Anfang an völlig offen mit seiner Infektion um.

„Als ich vor acht Jahren HIV-positiv getestet wurde, wusste ich schon, dass HIV sehr gut behandelbar ist“, erklärt der 31-Jährige aus Esch/Alzette. „Deswegen war mir von Anfang an klar, dass ich auch offen mit meiner Infektion umgehe.“
Und die Reaktionen in seinem Umfeld gaben ihm Recht. Familie, Freunde, Arbeitskollegen und sein Team aus dem Sportverein – Ablehnung hat Rodrigez von niemandem erlebt.

„Die meisten Menschen sind heute gut aufgeklärt“, so Rodriguez. „Und wenn manchmal Menschen bestimmte Dinge hinsichtlich HIV nicht wissen, dann kann man ja einfach offen darüber reden.“

Seit mittlerweile fast drei Jahren ist Winer Rodriguez in einer festen Beziehung mit seinem Partner, der HIV-negativ ist. „Mein Freund wusste vom ersten Tag an, dass ich HIV-positiv bin und das war nie ein Problem.“

Rodrigues ist sein fast acht Jahren in erfolgreicher Behandlung. Seitdem ist das Virus bei ihm nicht mehr nachweisbar und er somit für seine Sexualpartner auch nicht mehr infektiös.

„Mein Freund wusste das auch. Deswegen hatte er da nie Berührungsängste und wir haben von Anfang an beim Sex das Kondom weggelassen“, so Rodriguez. „Und mein Freund ist heute selbstverständlich noch immer negativ.“

„Dass erfolgreich behandelte HIV-positive Menschen beim Sex kein Kondom mehr brauchen, nennt man „Schutz durch Therapie“, erklärt Henri Goedertz von der HIV-Berodung. „Die Schutzwirkung bei dieser ‚Safer Sex‘-Methode ist genauso hoch wie beim Gebrauch von Kondomen.“

Keine Nebenwirkungen durch Therapie

Seit mittlerweile über vier Jahren macht unter anderem die Deutsche Aids-Hilfe, „Aides“ aus Frankreich, aber auch die „HIV-Berodung“ aus Luxemburg Aufklärungskampagnen zum Thema „Schutz durch Therapie“.

„Zu wissen, dass man unter erfolgreicher Therapie für seine Sexualpartner nicht mehr infektiös ist, ist ein enormer Gewinn für Paare, wo einer HIV-positiv, der andere negativ ist“, erklärt Henri Goedertz.

Außer, dass er einmal pro Tag eine Tablette nehmen muss, hat Winer Rodriguez keine Einschränkungen. „Ich habe eine Arbeit, ich treibe viel Sport und ich habe eine Beziehung. Außer, dass ich halt einmal pro Tag eine Tablette nehme, hat sich für mich nichts verändert“, so Rodriguez.

Auch Nebenwirkungen durch seine Therapie verspürte er nie. „Die Zeiten, als HIV-Medikamente noch wirklich Nebenwirkungen hatten, sind längst vorbei.“

„Die modernen Medikamente sind wirklich sehr gut verträglich“, bestätigt auch Henri Goedertz von der „HIV-Berodung“.

Dass viele HIV-positive Menschen dennoch nicht offen über ihre Infektion reden können, versteht Rodriguez nicht. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass, wenn Menschen sich öffnen, die Reaktionen des Umfeldes eigentlich immer sehr entspannt sind.“